Foto: Ferdinando Iannone
Renitenztheater Maulwurf
20160928 Theater Proben
Lügenpresse, Zensur und Meinungsfreiheit sind heiße Eisen, die von einer medienaffinen Gesellschaft angefasst werden sollten. Das satirische Theaterstück »Der Maulwurf – Wühlkommen in den Verhältnissen«, das als Uraufführung am Stuttgarter Renitenztheater zu sehen ist, hinterfragt ab 8. Dezember kritisch die Rolle von Meinungsmachern in einer Online-Zeitungsredaktion.
Vielleicht war es eine glückliche Fügung, dass der Renitenztheater-Intendant Sebastian Weingarten beim »Stuttgarter Besen« den mehrfach prämierten Kabarettisten und Schriftssteller René Sydow kennenlernte. »Ich wollte ‘mal weg vom klassischen Nummernkabarett, hin zum satirischen Theater, und suchte für mein Hausensemble Autoren, die nicht nur für sich selbst schreiben können«, sagt Weingarten. René Sydow, der alleine oder im Autorenduo mit Daniel Hedfeld Film- und TV-Drehbücher, Kabarettprogramme, Romane und Dramaturgien – also eigentlich alles – schreibt, kam da wie gerufen. Das jüngste Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist das medien- und sozialkritische Kabarettstück »Der Maulwurf, Wühlkommen in den Verhältnissen« von Sydow und Hedfeld, das am 8. Dezember im Renitenztheater Premiere feiert.
Jagd auf Maulwurf »Fakt42«
»,Der Maulwurf‘, den ich zusammen mit Daniel geschrieben habe, ist ein Spagat zwischen Theaterabend und politischem Kabarett, sagt René Sydow. Im Mittelpunkt stehen vier Mitarbeiter einer Online-Redaktion, die durch Löschen von Kommentaren Wirklichkeit entstehen lassen und Jagd auf den Maulwurf ,Fakt42‘ machen, der im Internet unliebsame Kommentare unter Artikel postet. »Uns ging es auch darum, den Unterschied zwischen schnell gemachter Meinung und einer sich bildenden, fundierten Haltung herauszuarbeiten«, sagt Sydow. Das Renitenz-Ensemble mit Michelle Brubach, Jörg Pauly, Frank Stöckle und Holger Güttersberger kann dieses Stück perfekt spielen, »denn alle vier stehen da oben, weil sie wirklich etwas zu sagen haben«, lobt Sydow und bei Regisseur Hans Holzbecher sei das Stück sowieso in sicheren und guten Händen.
Lebendiges Stück mit aktuellem Bezug
Die Schwierigkeit bei den Proben und Zwischenproben ist die Schnelllebigkeit von Medien-Ereignissen oder Skandalen. So ist »Der Maulwurf« ein Stück, das lebt und dessen Inhalt ständig aktualisiert werden könnte. Themen wie die Whistleblower-Affären um Julian Assange und Edward Snowden oder die Erdogan-Ziegen-Story werden behandelt und bei Bedarf und zeitlichem Spielraum kurzfristig mit Breaking News ergänzt. Zusätzlich hat der eigensinnige Konzeptkünstler Professor Ottmar Hörl von der Akademie der bildenden Künste Nürnberg im Theater und in der Innenstadt 300 handgearbeitete, auffällige Maulwürfe samt Maulwurfshügeln postiert.
Ein Medienstück für die Medienstadt
In Zeiten von »Lügenpresse«-Diskussion, Medien-Ausschluss, tiefgreifenden Veränderungen in der Medienlandschaft und -nutzung, »Personalanpassungen« in Redaktionen und der Bildung von Meinungsoligopolen passt »Der Maulwurf – Wühlkommen in den Verhältnissen« in die Medien- und Agenturstadt Stuttgart wie die Faust aufs Auge. Das Stück kann dazu beitragen, die Verantwortung und die Rolle von Medien bei der Schaffung von Inhalten und Meinungen besser zu verstehen und kritisch zu hinterfragen.
Der Maulwurf – Wühlkommen in den Verhältnissen
Do. 8. Dezember bis So. 26.
Februar, Renitenztheater, Stuttgart,