Foto: Wilhelma Stuttgart
Wilhelma-Direktor Dr. Thomas Kölpin wurde zum Vorsitzenden der Elefanten-Experten der Zoos in Europa gewählt.
Wie sieht der optimale Zoo aus? Wie können sich die Tiergärten weiterentwickeln, um den Artenschutz noch besser zu fördern? Bei diesen Zukunftsfragen ist die Stimme der Wilhelma weltweit immer stärker gefragt.
Eine wachsende Rolle spielt dabei die Elefanten-Expertise des Zoologisch-Botanischen Gartens in Stuttgart. Direktor Dr. Thomas Kölpin ist bereits seit 2016 Mitglied im Führungsgremium der Europäischen Vereinigung der Zoos und Aquarien (EAZA). In diesem Frühjahr wurde er nun zum Vorsitzenden eines internationalen Ausschusses von Spezialisten gewählt, der die Haltung der Dickhäuter in Europa maßgeblich gestaltet. Die so genannten Taxon Advisory Groups der EAZA erstellen für eine bestimmte Tiergruppe Haltungsrichtlinien, beratschlagen, welche Tierarten aus dieser Gruppe in Zoos gehalten werden sollen, und haben die Aufsicht über die Programme zur Erhaltungszucht in den kooperierenden Zoos. Die Mitglieder stehen im Kontakt mit Zootierärzten, Forschern und Artenschutz-Einrichtungen. Die Zucht der Asiatischen Elefanten koordiniert der Zoo Rotterdam, die der afrikanischen Elefanten der Wuppertaler Zoo.
Bei einer Tagung in Budapest haben sich in der vergangenen Woche die Ausschussvorsitzenden mit Experten aus aller Welt ausgetauscht. „Die Wertschätzung, die Zoologen der Arbeit der Wilhelma entgegenbringen, ist eine große Rückenstärkung“, sagte Kölpin zum Abschluss der Konferenz. „Mit einer solchen Führungsrolle ist allerdings auch viel Verantwortung verbunden.“ Da die Wilhelma mit der Elefantenwelt ein beispielgebendes Leuchtturmprojekt in Planung habe, schauten Fachleute wie Zoobesucher gleichermaßen auf Stuttgart. „Wir können vor Ort Maßstäbe setzen, die Elefantenzucht kann aber nur als Kooperation vieler großer Zoos dauerhaft gelingen“, betont der Ausschussvorsitzende. „Die Zoos müssen die Herausforderungen gemeinsam bewältigen und Visionen entwickeln.“ Zu den wichtigen Weichenstellungen in seinem neuen Amt zählt Kölpin zwei Themen: „Zu diskutieren ist zum einen, ob wir den Weg der amerikanischen Kollegen einschlagen und künftig in der Haltung von Elefanten nur noch den geschützten Kontakt praktizieren.“ Dabei betritt kein Pfleger mehr das Gehege gleichzeitig mit den Tieren. So bildet sich das soziale Gefüge in der Elefantenherde natürlicher aus. Für notwendige Kontakte, wie medizinische Untersuchungen, müssen die Dickhäuter dann mit Anreizen an den Rand des Geheges gelockt werden. „Zum anderen ist zu erwägen, ob jeder Zoo, der Elefanten züchtet, in Zukunft verpflichtet wird, auch eine Jungbullengruppe zu halten“, so Kölpin. Denn in der Natur bilden sich Herden mit etlichen Kühen und Jungtieren, zu denen nur zeitweilig einzelne Bullen hinzustoßen. Beim Nachwuchs stellen sich jedoch etwa gleich viele männliche und weibliche Kälber ein. Für die getrennte Haltung der Geschlechter sind Lösungen erforderlich. Die Wilhelma selbst wird diese Ziele umsetzen: Die neue Elefantenwelt ermöglicht die Pflege im geschützten Kontakt sowie die Haltung als Herde und sieht eigene Anlagen für Bullen vor.