Foto: Paul Ripke
Die Toten Hosen
Seit 1990 erreichte jedes Studioalbum der Düsseldorfer Ur-Punks »Die Toten Hosen« die Spitze der Charts. Kein Wunder also, dass ihnen dieses Kunstwerk auch mit ihrem 16. Studioalbum »Laune der Natur« gelang. Björn Springorum sprach mit Campino.
Du hast in den 90ern selbst als Journalist gearbeitet und viele Bands und Persönlichkeiten interviewt. Würdest Du Dich bis heute als neugierig bezeichnen?
Ich bin wie die meisten von uns immer dann neugierig, wenn mich etwas interessiert. Ansonsten eher weniger. Aber die Möglichkeit zu haben, Künstler wie Paul McCartney zu treffen, war schon großartig. Begegnungen – das ist das, worum es mir im Leben geht. Wenn ich an die besten Momente meines Lebens zurückdenke, dann denke ich immer auch an die Menschen, die in dieser Situation anwesend waren und den Moment zu einem ganz Besonderen gemacht haben. Was das angeht, bin ich unverändert neugierig.
»Ich bin wie die meisten von uns neugierig«
Unlängst wurden 40 Jahre Punk gefeiert. Was ist noch übrig davon?
Punk hat die Mode beeinflusst, die Grafik und hat Filmschnitte geprägt. Punk hat Comedy härter und politisch inkorrekter gemacht. Punk hat es uns allen erlaubt, man selbst zu sein – ein Individuum zu sein und hat auch das Selbstwertgefühl der Frau gesteigert. Was mich persönlich betrifft, ist es vor allem das Bewusstsein, sich nicht für jeden Preis zu verkaufen. Wir haben uns nie für Werbung hergegeben, wurden nie von einer Zeitung in Modeanzüge gesteckt. Unsere Wurzeln sind für unsere Einstellung verantwortlich, zu politischen Themen Stellung zu beziehen. Diese Haltung haben die Bands unserer Generation mit der Muttermilch eingesogen.
»Punk erlaubt es einem, man selbst zu sein«
Dennoch fehlt auf »Laune der Natur« ein klar politischer Song.
Ich glaube, es gibt im Land keinen, der nicht weiß, wie es um unsere Position bestellt ist. Also brauche ich die nicht wieder und wieder kundtun. Europa ist in einer gefährlichen Lage, keine Zweifel, aber in einer Diskussion darüber würden aus meinem Mund in dieser Hinsicht keine Überraschungen kommen.
Wie wird eigentlich entschieden, wann es ein neues Hosen-Album gibt? Muss da ein bestimmtes Gefühl vorherrschen, ein Jucken in den Fingern?
Ein Hauptgrund ist, dass wir wieder Konzerte geben, aber eben nicht immer nur die alten Sachen spielen wollen. Wir haben das große Glück, dass sich die Leute immer noch für unser neues Material interessieren. Im Gegenzug machen uns dann auch die alten Lieder wieder mehr Spaß, weil es so eher etwas Spielerisches hat: wir müssen sie nicht bringen, können es aber tun, wenn uns danach ist. Außerdem erleben wir immer wieder Dinge, die wir in Liedern verarbeiten möchten. Und so ist es, als ob wir alle paar Jahre wieder unsere Tagebücher hervorkramen würden und aufs Neue bestimmen, wer wir sind und wo wir stehen und vor allem: wo wir noch hinwollen.
»Auch Die alten Liedermachen uns wieder mehr Spaß«
In »Wie viele Jahre« geht es augenzwinkernd um das Altern. Was ist Euer Rezept für ein Altern in Würde?
Zunächst mal muss man erkennen, dass man das nicht immer selbst in der Hand hat. Abgesehen davon suche auch ich nach Vorbildern in der Welt – und finde sie zum Glück. Die Stones sind mit über 70 immer noch voller Lebensfreude, sind immer noch wach. Das sind Spitzbuben, die genau wissen, was sie tun und auf jeden Fall Würde haben. Wenn wir das einmal nur halb so gut hinkriegen, dann bin ich happy.
Die Toten Hosen »Laune der Natour«
Sa. 9. Dezember 2017, Schleyer-Halle, & Sa. 21. Juli 2018 (Open Air),
Cannstatter Wasen, Stuttgart,