Foto: Christoph Koestlin
Clueso
Clueso zählt heute zu den besten und bekanntesten deutschen Songwritern des Landes. Er stand mit Größen wie Herbert Grönemeyer und den Fantastischen Vier auf der Bühne, singt Lieder zusammen mit Udo Lindenberg und anderen bekannten Showgrößen. Vor gut einem halben Jahr erschien nach einer dreijährigen Pause sein aktuelles Album »Stadtrandlichter« und im Sommer kommt er zu einem Open-Air nach Rottenburg. MORITZ-Redakteur Alexander Steinle sprach mit ihm – zu einer für Künstler eher ungewöhnlichen Zeit – über Katerfrühstücke, Homies auf Tournee und Reisen nach Neuseeland.
Ist zwölf Uhr Mittag eine akzeptable Zeit für einen Künstler, um Interviews zu geben?
(lacht) Das ist schon mal eine gute Einstiegsfrage. Das kommt ganz darauf an, wie lange man abends gearbeitet hat. Ich werde so langsam munter. Die Sonne scheint, alles ist gut.
Sonst hat man ja eher das klischeehafte Bild von Musikern, dass sie vor der Mittagszeit ihr Bett nicht verlassen. Seit wann bist du wach?
Ich bin seit ziemlich genau einer halben Stunde wach.
Dann erfüllst du ja das Klischee?
(lacht) Absolut. Aber das liegt auch daran, dass ich einfach später ins Bett komme als viele andere. Dann schlafe ich auch länger.
Liegt das am Feiern oder am Arbeiten?
Das liegt nicht am Feiern. Es wäre schön, wenn es so wäre. Das liegt hauptsächlich am Arbeiten, abends habe ich mehr Ruhe.
»Das beste Katerfrühstück? Keine Ahnung«
Aber du feierst doch sicher auch mal gerne die Nächte durch?
Ja, ab und zu kriege ich das auch noch hin.
Was ist dein Tipp für das beste Katerfrühstück nach einer durchgefeierten Nacht?
Das Beste ist, wenn man vor dem Schlafengehen einen Liter Wasser trinkt. Und das beste Katerfrühstück? Hm, keine Ahnung, das, worauf man Appetit hat. Es gibt ja das Klischee, dass man danach Lust auf etwas Deftiges oder Fisch hat. So geht es mir auch. Dann frühstücke ich gerne Eier und Lachs oder ähnliches.
Im vergangenen Herbst ist dein aktuelles Album »Stadtrandlichter« erschienen. Zwischen dem Vorgänger »An und für sich« und dem aktuellen sind drei Jahre vergangen. Hast du die Zeit genutzt, um deinen Erfolg zu feiern?
(lacht) Ja, natürlich habe ich die Zeit genutzt, um endlich mal auszugehen. Aber hauptsächlich habe ich mich mit Musik beschäftigt und hatte viel Bock, etwas über Producing und das Mischen zu lernen. Wir haben die Strukturen geschaffen, um ein eigenes Label zu gründen. Das neue Album ist auch auf dem eigenen Label erschienen. Wir waren sehr produktiv in der Zeit. Und es war gut, dass keine Öffentlichkeit da war und wir keinen Druck hatten. Wir konnten es einfach laufen lassen. Außerdem habe ich in diesen drei Jahren ein Album mit meinem Großvater aufgenommen. Es ist fertig, wird aber nicht erscheinen. Das Album ist nur für ihn.
»Stadtrandlichter« ist das erste Album, das komplett in Eigenregie entstanden ist, promt ging es in den Charts direkt auf die Eins. Macht dich das besonders stolz?
Na klar. (lacht) Natürlich ist das geil. Allerdings sehe ich das realistisch. Es war ein günstiger Moment, als das Album erschien. Wenn man gegen die ganzen Goyas dieser Welt zeitgleich ein Album rausbringt, dann wird es schwer. Wenn jemand wie Grönemeyer zeitgleich ein Album herausbringt, dann weiß ich, wer gewinnt: er. Für die Chartplatzierung war es also ein guter Zeitpunkt gewesen. Ein anderer Faktor waren natürlich die treuen Fans, die damit gezeigt haben, dass sie den Vorgänger ganz geil fanden. Und das ist ein schönes Signal für das eigene Label.
Vom wem hast du dich während der Entstehung des Album leiten lassen? Gab es Menschen, die auf das Album Einfluss genommen haben?
Einige sogar. Natürlich die Band, aber auch mein Umfeld. Der kleine Kreis hat natürlich Einfluss, ich habe aber auch einen krassen Dickkopf. Jetzt, wenn das Album draußen ist, sieht man natürlich Sachen, die man anders gemacht hätte. Aber das ist ganz normal.
Auf dem Album singt unter anderem auch wieder Udo Lindenberg mit. Was lernst du als noch junger Künstler von solchen Musikgrößen?
Was man von Udo mitnehmen kann, ist seine Art, mit seiner Berühmtheit umzugehen. Er hat da voll Bock drauf und lebt das aus. Wie er damit umgeht, ist erstaunlich. Was ich auch von ihm abschaue, ist, dass er
gerne den direkten Draht wählt, wenn es drauf ankommt. Dann ruft er selber an und fragt die Leute. Das ist cool und man lernt, dass man auch mal die Abkürzung nehmen kann.
Wie hast du dich verändert, seit du bekannt geworden bist? Wie gehst du mit Ruhm um?
Jeder hat natürlich seine eigene Art, damit umzugehen. Udo hat zum Beispiel immer seine Entourage und sein Umfeld, wenn er unterwegs ist. Das kann ich sehr gut verstehen. Wenn ich auf Tour bin, dann habe ich auch Freunde dabei. Das braucht man einfach. Natürlich sind auch im Berufsalltag freundschaftliche Beziehungen da. Aber es ist etwas ganz anderes, wenn man seinen Homie dabei hat, mit dem man sich zu Hause fühlen und abschalten kann. Das ist wichtig, wenn man den ganzen Tag unter Strom steht und gefordert ist. Auch ich habe um mich herum eine kleine Firewall. Das ist mein Manager Andreas Welskop mit seinem Team, sie fangen sehr viel ab, damit nicht jeden Tag etwas auf mich einballert.
Um wieder auf das Album zurückzukommen: Für mich klingt es in seiner Gesamtheit nach Urlaub. Man kann sich zurücklehnen, die Augen schließen und man ist für ein paar Augenblicke weg. Welche Empfindungen löst es bei dir als Performer des Albums aus?
He, he, naja, ich kenne ja die ganzen Spuren der Songs. Es ist wirklich schwierig. Viel von dem Album ist im Sommer entstanden, nach Hause gebracht habe ich es im Winter. Ich kenne einfach jede High Hat, jede Snare, jeden Hall. Ich glaube, einen richtigen Abstand zu den Songs kriege ich nicht mehr hin. Aber bei einem Song wie »Stadtrandlichter« – das ist eines meiner Lieblingssongs geworden – da empfinde ich schon etwas besonderes. Ich mag ihn von der Haltung her, so ein bisschen Rio-Reise-Feeling, wenn man die Worte rausschleudert. In der Rolle fühle ich mich wohl, so sehe ich mich gerne. Das tut mir gut. (lacht)
Gehst du denn gerne auf Reisen?
Ja, schon, nur schaffe ich das nicht.
Wo hat es dir bislang am besten gefallen?
Ich fand bisher Neuseeland am schönsten. Das Zusammenspiel in der Natur ist der Wahnsinn. Als wir angekommen sind, war das ein bisschen wie auf einer Südseeinsel. Die Weiden erinnern mich so ein bisschen an Thüringen. (lacht) Gleich daneben sind die Berge und du denkst, du stehst vor den Alpen. Dann guckst du ein bisschen weiter und siehst das Meer. Das ist noch alles so unberührt, irgendwie kraftvoll.
Und warst du auch schon mal in Rottenburg?
In Rottenburg? Ne, ich glaube da war ich noch nicht.
Na, dann wird es mal Zeit.
(lacht) Ja, auf jeden Fall. Ich freue mich auf die Open-Airs und die Festivals im Sommer. Bei einem Festival sind nicht unbedingt nur Fans, die zwangsläufig wegen einem kommen, im Publikum. Diese Leute dann abzuholen, ist für mich eine Challenge, die echt Spaß macht. Außerdem ist es unter freiem Himmel und da feiern Leute anders. Darum sieht auch die Setlist auch anders aus als in der Halle. Darum haben die Band und ich jetzt schon Megabock drauf.
Clueso Sa. 8. August, 19.30 Uhr, Eugen-Bolz-Platz, Rottenburg
www.koko.de