Alexander Gerst
In 400 km Höhe schwebend über den Menschen, die er kennt und die ihm nahestehen, verwirklichte der Geophysiker und Vulkanologe seinen Kindheitstraum: »Als Kind war es einer meiner größten Träume, Astronaut zu werden. Ich habe ins Universum hinaufgeschaut und mir vorgestellt, was es dort draußen alles geben könnte.«
Seine Mission zur Internationalen Raumstation ISS und die damit verbundenen Forschungen werden eindringlich durch sein Streben, der Menschheit etwas zurückzugeben, begleitet: »Aus der Ferne gesehen ist unser Planet nur ein blauer Punkt, ein zerbrechliches Raumschiff für die Menschheit. Wir müssen das Universum verstehen, in dem wir leben, um unseren Heimatplaneten zu schützen«.
Weltraum und Projekte
Die ISS ist mit 14 Jahren die am längsten bewohnte Raumstation und beherbergte in dieser Zeit mehr Astronauten als jede andere ihrer Art. Mit den Projekten »Earth Guardian«, »Aktion 42« und das »Fliegende Klassenzimmer« schaffte es Alexander Gerst dennoch, einmalige Projekte zu initiieren und auf der ISS durchzuführen. Das Projekt »Earth Guardian« soll den Umweltschutzgedanken bei Schulkindern wecken und diese dazu animieren, sich mit Umweltproblemen aus ihrem Alltag auseinanderzusetzen. Die »Aktion 42« steht für 42 Gegenstände, die Schüler weiterführender Schulen im Rahmen eines Ideenwettbewerbs auswählten und Vorschläge für Experimente im Weltall machen konnten. Das von Alexander Gerst durchgeführte Siegerexperiment basierte auf Untersuchungen der Eigenschaften von Seifenblasen unter Mikrogravitation: »Die ISS ist das beste Mikrogravitationslabor, das wir haben. Sie befindet sich in einer lebensfeindlichen Umgebung und man muss großen Aufwand treiben, um überhaupt dorthin zu gelangen. Aber wir können dort wissenschaftliche Daten gewinnen wie nirgendwo sonst auf der Welt.«
Unter der Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) wurden die Experimente für das »Fliegende Klassenzimmer« entwickelt. Der deutsche ESA-Astronaut demonstriert in diesen, wie sich die Schwerelosigkeit bei alltäglichen Dingen auswirkt: »Wir betreten wissenschaftliches Neuland«, so Gerst. Die Experimente mit einem rotierenden Kreisel, einem Papierflieger und Seifenschaum sind simpel, aber nicht weniger spannend für den Astronauten: »Ich bin immer wieder erstaunt bei ganz kleinen Effekten, die man erst nach einer Weile realisiert und die ganz anders sind, als wir sie von der Erde gewohnt sind.«
Eine Heimatstadt im Gerst-Fieber
Mit großem Interesse wurde Alexander Gersts Flug ins Weltall in seiner Heimatstadt Künzelsau verfolgt. Neben dem Live-Call-Event am 4. September 2014 in der Künzelsauer Hauptstraße mit über 5000 Besuchern, richtete Christian Freiherr von Stetten in seiner Funktion als stellvertretender ehrenamtlicher Bürgermeister im Rahmen des letzten Live-Calls in Berlin am 4. November 2014 die besten Wünsche an den Astronauten aus: »Unserem Astronauten Alexander Gerst wünschen wir für den Endspurt auf der ISS von Herzen alles erdenklich Gute und vor allem einen guten Rückflug, dass er gesund wieder kommt.«
Bundesverdienstkreuz und Zukunftspläne
Für seine Verdienste während der Mission »Blue Dot« erhielt Alexander Gerst am 13. Januar 2015 von Bundespräsident Joachim Gauk im Schloss Bellevue das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Während der Ehrung hob der Bundespräsident die Wichtigkeit der Weltraumforschung hervor: »Nicht zuletzt wird die Raumfahrt immer wichtiger für die Beantwortung globaler Zukunftsfragen der Menschheit – etwa Klimawandel und Erwärmung.« Zuvor ernannte ihn seine Heimatstadt Künzelsau während der Gemeinderatssitzung am 25. November 2014 zum Ehrenbürger.
Der Geophysiker widmet sich zunächst der Aufbereitung seiner Forschungsergebnisse im Rahmen der »Blue Dot«-Mission in der Europäischen Raumfahrtagentur ESA in Köln und möchte zukünftige Astronauten unterstützen. Einen erneuten Flug ins All schließt der 38-jährige nicht aus: »Die bemannte Raumfahrt ermöglicht uns nicht nur eine einzigartige Sicht auf unseren Planeten, sondern auch darauf, wer wir sind. Wir sind eine Spezies von Forschern.«