Foto: Allan Attridge
Tübingen Hawks
Spitzensport ist in Tübingen nichts Neues. Ob Volleyball oder Basketball – in der Uni-Stadt bekommen Sportfans reichlich erstklassige Spiele geboten. Doch das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Auch die Baseball-Bundesliga ist in Tübingen zu Hause. In diesem Jahr werden die Hawks 30 Jahre alt und starten am 4. April in die neue Saison. MORITZ hat sich den Verein, der eine der beliebtesten US-Sportarten an den Neckar bringt, mal angeschaut.
Riesige Stadien, Mega-Sportevents und Spielergehälter im zweistelligen Millionenbereich – in Südamerika, Asien und natürlich den USA ist Baseball Nationalsport und zieht viele Millionen Fans in seinen Bann. Doch nicht nur dort schlägt man mit der Keule nach dem harten weißen Lederball. Auch hierzulande blüht das Pflänzchen Baseball, wenn auch bescheidener und eher im Verborgenen, mit kleinen Plätzen, einer Handvoll Zuschauern und Freizeitspielern – aber mit jeder Menge Leidenschaft. In Tübingen dafür verantwortlich sind die »Hawks«. Seit mittlerweile 30 Jahren sind sie aktiv. Mal mehr, mal weniger erfolgreich, aber immer mit viel Einsatz und Liebe zum Spiel. Bis Anfang der 1990er trugen sie ihre Heimspiele auf unterschiedlichen Fußballplätzen in der Stadt aus, mehr geduldet als willkommen, bis sie 1991 schließlich ihren eigenen Ballpark, so nennt man ein Baseballstadion, auf dem ehemaligen Sportgelände der französichen Armee an der Reutlinger Straße anlegten.
Als Hausbesetzer zum eigenen Ballpark
»Das Gelände habe ich vor dem Abzug der Truppen bei den Franzosen erfragt«, erinnert sich der 1. Vorsitzende der Hawks, Bernd Kress, schmunzelnd. »Und bevor sich die Stadt versah, hatten wir das Gelände umgebaut und hausbesetzermäßig in Beschlag genommen.« Man einigte sich mit der Stadt und seither liegt dort offiziell ihre sportliche Heimat. 300 Mitglieder zählt der 1985 gegründete Verein und gehört damit schon zu den größeren im Land.
Es gibt viele Vereine, die sich gerne mit ihrer starken Nachwuchsarbeit rühmen möchten. Bei den Tübingern ist diese verbürgt. Jedes Jahr stellt der Verein einen oder mehrere Auswahl- bzw. Jugendnationalspieler. Dieser Segen ist jedoch Fluch zugleich. Von ihrer erfolgreichen Jugendarbeit ernten die Hawks nur selten die Früchte. »Viele unserer talentierten Jugendspieler wandern früher oder später nach Stuttgart, Regensburg oder Paderborn ab«, sagt der Vorsitzende. »Dort herrschen bessere Trainings- und Spielbedingungen.« Damit das nicht immer so bleibt, wird jetzt der Ballpark modernisiert.
Spieltag als Gartenparty
Die Heimat der Bundesligamannschaft hat in der Vergangenheit schon manch Highlight erlebt. »In den besten Zeiten hatten wir 600 Zuschauer«, erinnert sich Kress. Der große Baseball-Boom der 90er Jahre ist mittlerweile zwar abgeebbt. Dennoch hat für viele die Sportart nichts an ihrer Faszination verloren. Für Außenstehende mag die Sportart mit ihren Innings und Homeruns und Strikes und wie die Begriffe nicht alle heißen, auf den ersten Blick verwirrend erscheinen. Befasst man sich ein wenig mit der Sportart, findet man jedoch schnell heraus, dass Baseball ein vom Tempo, Dynamik und Taktik geprägter Sport ist. Primär steht das Duell Mann gegen Mann, Pitcher gegen Batter, Werfer gegen Schlagmann. Doch schnell wird daraus ein intensives Mannschaftsspiel. Erklären kann man viel, doch ein Spiel sollte man ein Mal erleben.
Anders als bei so vielen anderen Sportarten birgt der Baseball etwas Einmaliges. Auch wenn ein Spiel gut und gerne mehrere Stunden dauern kann, man sitzt nicht gebannt auf seinen Plätzen und fürchtet, die Augen vom Spielgeschehen abzuwenden, in der Angst etwas in verpassen. Viel mehr gleicht es einem entspannten Gartenfest mit einem sportlichen Rahmenprogramm. Pro Spieltag werden in der Bundesliga in der Regel zwei Spiele ausgetragen. Eine lange Zeit, aber auch eine Zeit, die man nutzen kann. »Es herrscht eine Picknick- und Partyatmosphäre, die man sonst in keinem Stadion hat«, schwärmt Kress. »Und auch wenn man das Spielgeschehen eine halbe Stunde nicht verfolgt, bleibt man doch dabei.«
Man muss auch kein Baseballspezialist sein, um als Zuschauer Spaß am Spiel zu haben. Für Neulinge haben die Hawks einen speziellen Service parat: Spezielle Guides helfen allen Regelunkundigen. Und wer weiß, vielleicht entdeckt man schon beim ersten Besuch eine neue Liebe. Auf einen Versuch kommt es auf jeden Fall an.
Heimspiele der Hawks
4. April Mannheim Tornados
18. April Stuttgart Reds
16. Mai Buchbinder Legionäre
6. Juni Haar Disciples
20. Juni Heidenheim Heideköpfe
18. Juli Bad Homburg Hornets
1. August Mainz Athletics