Redakteurin Sophia Budschewski & Dietmar Niedziella, eiter für Berufsbildung bei der IHK Heilbronn-Franken
Die Betriebe in der Region suchen händeringend nach motiviertem Nachwuchs. MORITZ-Redakteurin Sophia Budschewski hat Dietmar Niedziella, Leiter für Berufsbildung bei der IHK Heilbronn-Franken, über die aktuelle Situation und die Entwicklung des Ausbildungsmarktes befragt.
Wie beschreiben Sie die aktuelle Lage auf dem Ausbildungsmarkt bei uns in der Region?
In der Region Heilbronn-Franken haben wir einen hohen Anteil an industriellen Firmen. Das wird hoffentlich auch so bleiben. Deshalb ist es wichtig, dass wir in Zukunft genügend Fachkräfte zur Verfügung haben. Eine gute Ausbildung ist deshalb eine wichtige Voraussetzung. Dazu brauchen die Firmen allerdings Nachwuchs. Das macht uns aktuell ein bisschen Sorge, wenn man sich die Demografie in Deutschland anschaut. Die Zahl der potenziellen Azubis nimmt ab. Denn der Trend geht klar zum Studium. Das ist grundsätzlich nichts Schlechtes, aber wir stellen auch fest, dass einige das Studium anstreben, welche von ihren Fähigkeiten her nicht dafür geeignet sind.
»Es gibt einen Trend zur höher Qualifizierung«
Wie erklären Sie sich den aktuellen Trend, dass immer mehr Schüler ein Studium anstreben?
Das ist ein gesellschafticher Trend. Oft geben diese Entscheidung die Eltern vor. Wer früher Hauptschulabschluss gemacht hat, der macht heute Mittlere Reife, wer früher Mittlere Reife gemacht hat, macht heute gleich Fachhochschule usw. Das ist der Trend zur höher Qualifizierung. Wir haben heute deutschlandweit genau so viele Ausbildungsbeginner wie Studienbeginner. Das war vor zehn Jahren noch ganz anders.
Was ist die Folge vom derzeitigen Trend der höher Qualifizierung?
Es wird früher oder später an der Lohnschraube gedreht. Das heißt, der Dual Ausgebildete wird mehr verdienen als der Bachelor Absolvent. Das wird in Zukunft natürlich auch Einfluss auf die Berufswahl haben.
»Wichtig ist eine bessere Berufsorientierung«
Wie fördert IHK Heilbronn-Franken das Image von Ausbildungsberufen?
Der wichtigste Punkt ist eine bessere Berufsorientierung. Da passiert auch einiges in Baden-Württemberg. Es gibt seit letztem Jahr ein neues Schulfach: Wirtschafts-, Berufs- und Studienorientierung. Dieses steht ab Klasse sieben auf dem Lehrplan der Schulen. Das Fach soll wirtschaftliche Inhalte, also ökonomisches Denken- und Wissen, vermitteln. Außerdem wird erarbeitet, welche Interessen und Fähigkeiten der Schüler hat und was seine Schwächen sind. Dafür gibt es auch eignungsdiagnostische Tests. Zusätzlich werden Praktikumstage angeboten. Die Schüler gehen dabei direkt in die Betriebe und schauen sich vor Ort an, wie der Beruf funktioniert. Das ist ein guter Ansatz. Als Vertreter der Wirtschaft versuchen wir die Schulen mit unseren Angeboten zu unterstützen. Zum Beispiel richten wir die Bildungsmesse aus und fördern Bildungspartnerschaften zwischen Schulen und Betrieben. Wir haben auch Ausbildungsbotschafter. Das sind Azubis, welche an der Schule über ihre Ausbildung berichten. Quasi mit den Schülern »auf Augenhöhe« sprechen.
»Stichwort: Praxisschock«
Welche Methoden gibt es, um den Schülern eine Ausbildung »schmackhaft« zu machen?
Ich glaube, dass eine Ausbildung egal bei welcher Firma, per se interessant ist, weil es eine direkte Vorbereitung auf das Arbeitsleben ist. Das ist eben kein Studium, welches sicherlich eine umfassende Qualifizierung bedeutet. Allerdings erleben Auszubildende keinen Praxisschock. Sie arbeiten bereits während ihrer Ausbildung im Betrieb mit. Man lernt in der Ausbildung fachliche Dinge und praktische Abläufe, welche man später für den Beruf braucht. Das ist ein klarer Vorteil, welchen Azubis gegenüber Studierenden haben. Das realisieren viele Schüler aber leider nicht.
»Der Bedarf an technisch versierten Fachkräften in der region ist immens«
Gibt es auf dem aktuellen Arbeitsmarkt eine Ausbildung, welche dem zukünftigen Azubi einen Job garantieren kann, weil der Bedarf an Arbeitskräften so hoch ist?
Da möchte ich keine Branche herausheben, denn der Bedarf an Azubis ist in der Region überall groß. Was bei uns in der Region Heilbronn-Franken sehr gefragt ist, sind die technischen Bereiche. Sowohl Metall als auch Elektro, Holz, Chemie und die Automobilbranche - der Bedarf an technisch versierten Fachkräften in der Region ist immens. In vielen Branchen hat man nach der Ausbildung gute Chancen einen Job zu finden.
»Ich empfehle, eines oder besser mehrere Praktika bei Arbeitgebern zu absolvieren«
Wo informieren sich zukünftige Azubis über potenzielle Ausbildungsstellen?
Viele fragen ihren Verwandten oder im Bekanntenkreis und orientieren sich daran. Ich empfehle, eines oder besser mehrere Praktika bei Arbeitgebern zu absolvieren. Praktische Eindrücke in die Tätigkeiten sind die beste Grundlage für eine Berufsentscheidung. Beim Berufsinformationszentrum (BIZ) der Agentur für Arbeit erhält man viele Anregungen für Berufe und Praktikumsstellen.. Wir, die IHK Heilbronn-Franken, bietet ebenfalls kostenloses Infomationen in unserer Lehrstellenbörse im Internet an. Außerdem richten wir jährlich die Bildungsmesse aus.
»Ehrlichkeit wird von den Betrieben geschätzt«
Welche Tipps haben Sie für den Start der Ausbildung?
Offen sein. Ehrlichkeit wird von den Betrieben geschätzt. Nicht verstecken. Ein gesundes Selbstvertrauen, Leistungsbereitschaft und Neugierig an den Tag legen. Außerdem nachfragen und Interesse zeigen. In den ersten Tagen vielleicht nicht zu fordernd sein, sondern höflich und sich langsam an das neue Umfeld herantasten. Dann werden es drei spannende Jahre werden.