DHBW Mosbach
Am 1. Januar 2018 wird in der Stadt Mosbach eine Zweitwohnsitzsteuer eingeführt. Die Studierendenvertretung (StuV) hat in einem öffentlichen Schreiben den Unmut der Studenten der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Mosbach über die Entscheidung der Stadt ausgedrückt. MORITZ Redakteurin Sophia Budschewski hat mit Rektorin Gabi Jeck-Schlottmann, Studenten der DHBW, der StuV und der Stadt Mosbach über das heikle Thema gesprochen.
Bereits Anfang des Jahres hat der Gemeinderat die Einführung einer Zweitwohnsitzsteuer für die Stadt Mosbach beschlossen. Im Oktober stand dieser Punkt nochmals auf der Tagesordnung und wurde, unter Protesten der DHBW-Studenten vor dem Rathaus, einstimmig beschlossen. Die Studenten wollten nicht nur ihren Unmut über das Gesetz an sich ausdrücken, sondern vor allem zeigen, dass sie in den Entscheidungsprozess nicht einbezogen waren.
Auch Torben Casser (Erstwohnsitz in Augsburg), Student für Bauingenieurwesen im dritten Semester an der DHBW Mosbach, ist mit dem Entscheidugsprozess unzufrieden: »Es scheint wohl so zu sein, dass alles ohne Einbeziehung der Studierendenvertretung oder sonstigen Vertretern der Hochschule ‚durchgeboxt‘ worden ist. Und das ruft verständlicherweise zusätzlichen Unmut herbei. Eine gewisse beidseitige Skepsis zwischen der Stadt Mosbach und den Studierenden war immer schon spürbar. Die Zweitwohnsitzsteuer schafft es nun, ein ständiges Misstrauen festzuschreiben.«
Auch die StuV spricht in ihrem öffentlichen Schreiben von einem fehlenden Austausch zwischen Stadt und Studierenden: »Zum wiederholten Male wurde das Thema Zweitwohnsitzsteuer in Mosbach in der Stadtverordnetenversammlung besprochen, ohne dass die StuV als große Interessenvertretung Betroffener, informiert
wurde. Die Zweitwohnsitzsteuer wird durch die StuV weiterhin abgelehnt.« Die Stadt Mosbach verteidigt sich: »Bei der Oktober-Sitzung waren einige Studenten anwesend, d.h. die Behandlung des Punktes war diesen bekannt. Beide Sitzungen waren öffentlich und im Vorfeld ortsüblich bekannt gegeben.«
Auch Gabi Jeck-Schlottmann, Rektorin der DHBW Mosbach, hätte sich ein Absprache mit der Stadt gab: »Wir sind vorher nicht informiert worden, weder die Leitung der DHBW Mosbach noch die Studierenden. Man hätte Dinge im Vorfeld besprechen können. Zum Beispiel ob und in welcher Höhe die Steuer angesetzt wird, welche Ausnahmeregelungen es geben könnte und was mit den Geldern gemacht wird.«
Für Mosbach sind nicht nur die Einnahmen aus der Zweitwohnsitzsteuer selbst interessant, sondern auch die neuen Erstwohnsitzanmeldungen. Die Stadt bekommt vom Land pro Einwohner Geld zugesprochen. Aber nur für den Erstwohnsitz. Da die DHBW Studenten aber diesen entweder noch in ihrer Heimat oder am Standort des Arbeitsgebers angemeldet haben, entstehen für die Stadt Kosten (z.B. für den Ausbau der Infrastruktur), aber keine direkten Einnahmen. Eine Studentin der DHBW, die Anonym bleiben möchte meint: »Die Stadt Mosbach verdient durch Einzelhandel, Mieten, Parkgebühren und Tickets schon sehr viel durch uns Studenten und wir liefern damit quasi die Haupteinnahmequelle. Jetzt noch eine Zweitwohnsitzsteuer in Höhe von zehn Prozent, das ist deutlich höher als in anderen Städten, das macht die Stadt nicht attraktiver. Die Studenten können sich zudem nicht direkt aussuchen, wo sie studieren möchten, da die Unternehmen dies durch die Standortwahl entscheiden.«
»Zehn Prozent auf die Jahreskaltmiete ist nicht wenig, das ist die 13. Monatsmiete«
Wie viel Mehrkosten kommen de facto auf die Studenten in Mosbach zu? In der Satzung über die Erhebung der Zweitwohnungssteuer Paragraf fünf (Steuermaßstab, Bemessungsgrundlage) heißt es: »Die Steuer wird nach dem jährlichen Mietaufwand berechnet (Anm. d. Red. Nettokaltmiete).« Im Paragraf sechs (Steuersatz) wird die Höhe definiert: »Die Steuer beträgt zehn vom Hundert der Bemessungsgrundlage.« Das heißt zehn Prozent der Nettokaltmiete kommen pro Jahr hinzu. Dominik Nitschmann, Student für angewandte Informatik im fünften Semester an der DHBW Mosbach, meint dazu: »Zehn Prozent auf die Jahreskaltmiete ist nicht wenig, das ist sozusagen die 13. Monatsmiete. Ich werde jedenfalls meinen Erstwohnsitz (Anm. d. Red. aktueller Erstwohnsitz in Langenburg) nach Mosbach verlegen.«
Für die Studenten der DHBW Mosbach gibt es nur zwei Optionen: Die Zweitwohnsitzsteuer zahlen oder den Vorschlag der Stadt Mosbach annehmen »denen, die die Zweitwohnungssteuer vermeiden wollen, empfehlen wir, sich mit Erstwohnsitz hier in Mosbach anzumelden.« Aber, wie attraktiv ist Mosbach für Studenten als Erstwohnsitz? Genau dieser Frage sind Studenten in der Vorlesung Informationsbeschaffung nachgegangen. In ihrem Marktforschungsprojekt »Studierendenstadt Mosbach« haben sie eine repräsentative Onlineumfrage unter den Studierenden der DHBW Mosbach durchgeführt. Das Ergebnis ist ernüchternd. Die Zufriedenheit mit Mosbach als Studierendenstadt wurde im Durchschnitt mit der Note 3,4 bewertet. Fast die Hälfte der Befragten würden einen anderen Studienort vorziehen. Mögliche Gründe: fehlende Studentenkultur, Studentenrabatte bei Verkehrsmitteln, Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten.
Mosbach ist (noch) kein attraktiver Standort für Studenten
Aus dem Beschluss der Zweitwohnsitzsteuer ist eine Arbeitsgruppe entstanden, welche aus der StuV, der Leitung der DHBW und Mitarbeitern der Stadtverwaltung besteht. Die Rektorin hofft, dass so auch ein Teil der Zweitwohnsitzsteuer in die Verbesserung des Standortes Mosbach fließt: »Wie kann die Situation der Studierenden verbessert werden? In wie weit wird die Steuer eingesetzt um Mosbach für Studierende und allgemein jüngere Menschen attraktiver zu gestalten? Wir behandeln Themen, wie z.B. den Ausbau der Infrastruktur, Verbesserung der Parkplatzsituation und auch, in Absprache mit den Gastronomen, das Aufleben des Nachtlebens. Ein bereits erfolgreiches Beispiel sind die Öffnungszeiten des Mosbacher Weihnachtsmarktes. Dieser hat dieses Jahr mit den Gastronomieständen statt nur bis acht Uhr bis um neun geöffnet.« Auch die StuV ist interessiert daran, Mosbach zu einem attraktiveren Standort für junge Leute zu machen: »Wir hoffen, dass wir durch eine engere Zusammenarbeit unsere Ideen und
Vorschläge einbringen können um langfristige Verbesserungen zu erreichen. Zum Beispiel erarbeiten wir zurzeit ein Konzeptpapier um die Stadt bei der Entwicklung einer Hauptwohnsitzkampagne zu unterstützen. Bei ausreichendem Erfolg wäre so eine Kampagne eine Alternative zur Zweitwohnsitzsteuer.« Die Stadt meint dazu: »Je nach Lösungsansätzen und Maßnahmen können hierfür auch Gelder, die aus den Einnahmen der Zweitwohnsitzsteuer resultieren, eingesetzt werden.«