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Paydirekt
E-Payment ist heutzutage nicht mehr wegzudenken. Mit Paydirekt drängt nun ein weiterer Zahlungsdienstleister auf den Online-Markt.
Die FinTech-Branche befindet sich weiter auf dem aufsteigenden Ast, auch wenn mitunter schon von einem Ende des derzeitigen Hypes um die vielen Start-ups gesprochen wird, die sich in den letzten Monaten gegründet haben, um die Finanzwelt zu revolutionieren.
Ganz weit oben in der Rangliste erfolgreicher Finanzunternehmen rangiert aber weiterhin und unangefochten das US-amerikanische Unternehmen PayPal. Nun soll die Luft für den Bezahlfreund aber zunehmend dünner werden. Denn mit Paydirekt drängt ein weiterer Online-Bezahldienstleister auf den Markt, der den Vorteil hat, die Unterstützung der deutschen Banken und Sparkassen zu genießen.
2015 startete das große Vorhaben der Deutschen Kreditwirtschaft, endlich auch einen deutschen Online-Bezahldienstleister auf dem hiesigen Markt zu etablieren. Es war die Geburtsstunde von Paydirekt; der Name sollte Programm sein. Denn so wie man im PayPal-Casino spielen, mit PayPal im Online-Shop nur mit Benutzernamen und Passwort zahlen, digitale Dienstleistungen mit dem Bezahlfreund in Anspruch nehmen oder gar beim Ausgehen in Clubs mit PayPal bezahlen konnte, so sollte dies fortan auch mit Paydirekt möglich sein.
Doch wo genau liegt der explizite Vorteil des deutschen Anbieters? Warum sollten PayPal-Kunden den Anbieter wechseln? Der Interessenvertretung der kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände in Deutschland zufolge liegt das marketingstrategische Argument, weswegen Verbraucher Paydirekt nutzen sollen, im Datenschutz begründet.
Zwar leitet auch PayPal sensible Daten wie die persönliche Kontonummer nicht an Verkäufer weiter, aber während keiner so genau weiß, wer bei Zahlungsdienstleistern wie SofortÜberweisung oder eben auch PayPal so mitliest, können sich Kunden von Paydirekt sicher sein, dass ihre Daten in sicheren Händen auf Servern an deutschen Standorten gespeichert werden.
„Paydirekt wurde von den deutschen Banken und Sparkassen unter Berücksichtigung höchster Sicherheits- und Qualitätsansprüche entwickelt. Paydirekt verbindet die einfache Zahlungsabwicklung über das eigene Girokonto mit den bewährten Sicherheitsstandards der Finanzinstitute. Dieser Service wird von Ihrer Bank oder Sparkasse angeboten und entspricht den hohen Anforderungen des deutschen Datenschutzes, die weltweit als sehr streng gelten.“- Zitat von paydirekt.de
Nun, zwei Jahre später, ist man allerdings noch immer von der anfangs ausgegebenen Zielsetzung entfernt, bis zum Ende dieses Jahres sieben Millionen deutsche Nutzer vorzuweisen. Immerhin konnten mit Beitritt der Sparkasse die Nutzerzahlen auf über 1,2 Millionen Kunden erhöht werden. Doch genau hier wird nun Kritik laut – kurioserweise aufgrund von Datenschutzbeschwerden einer Sparkassen-Kundin.
Sparkasse mit dubioser Aufklärung seiner Kunden
Auch bei den deutschen Sparkassen ist es also zukünftig möglich, bequem online über Paydirekt zu bezahlen. Alles, was dazu vonnöten ist, das ist ein Girokonto bei einer Sparkasse und ein registrierter Zugang zum Online-Banking des Finanzinstituts. Da die neue Bezahlfunktion von der Sparkasse und den eifrigen Mitarbeitern allerdings sehr offensiv beworben wird, ist teils von einer „Zwangsbeglückung“ der Sparkassenkunden die Rede.
Und so funktioniert Paydirekt
- Über die Bankensuche von Paydirekt können Verbraucher herausfinden, ob ihre Bank bzw. Sparkasse mit Paydirekt kooperiert.
- Über das Online-Banking-System der eigenen Hausbank müssen sich Kunden einloggen und sich für Paydirekt registrieren. Das Registrierungsverfahren wird von den Banken derzeit aber noch auf unterschiedlichem Wege realisiert.
- Nach der Registrierung kann umgehend im Internet mit Paydirekt bezahlt werden. Der Vorgang verläuft exakt so wie bei PayPal.
Online informierte die Sparkasse ihre Kunden mit den Worten: „Paydirekt bietet Ihnen beides: Einfaches Bezahlen und optimale Datensicherheit – ‚made in Germany‘!“ Dabei erfolgte gar der an und für sich komfortable Hinweis, dass die Registrierung für den neuen deutschen Bezahldienst Paydirekt sogar automatisch erfolge, ganz ohne Zutun des Kunden – zumindest fast.
Die äußerst einfache Registrierung für den neuen Bezahlservice können Sparkassen-Kunden nach dem Login in ihrem Online-Banking-Account ganz einfach per Knopfdruck absolvieren. Dafür sollen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen so geändert werden, dass die Sparkasse praktisch im Namen der Kunden schon einmal das Antragsformular ausfüllen darf. Kunden müssen nichts weiter tun als auf „Zustimmen“ zu klicken.
Damit könnten sich viele Kunden wohl noch einverstanden erklären. Bei der Sparkasse Oberhessen, so berichtet eine örtliche Zeitung, habe sich eine Kundin nun aber beschwert, weil ihre Daten von der Sparkasse an Paydirekt weitergeleitet worden sein sollen, die Kundin nach eigenen Informationen aber erst über die Nachrichten erfahren habe, dass sie dem bis zum 06. November widersprechen müsse, sofern sie damit nicht einverstanden sei.
Paydirekt soll PayPal Konkurrenz machen
Dass die Sparkasse mit diesem Verfahren prinzipiell trotzdem nicht gegen Datenschutzbestimmungen aus Deutschland verstößt, hängt damit zusammen, dass die Sparkasse zusammen mit anderen Finanzinstituten aus Deutschland 2015 die Paydirekt GmbH selbst gegründet hat, wodurch das Zahlungsunternehmen im weitesten Sinne auch zum Geschäftsbereich der Sparkasse zählt. Dass dies zumindest aus Kundensicht auch anders gesehen werden kann, dürfte nachvollziehbar sein.
Trotz der relativ offensiven Werbemaßnahmen läuft das Projekt aber bislang, wie erwähnt, nicht an. Vordergründiges Ziel war es, den US-amerikanischen Finanzdienstleister den Platz an der Sonne zumindest in Deutschland streitig zu machen. Nach eigenen Angaben soll PayPal hierzulande knapp 19 Mio. Kunden vorweisen können. Von solchen Zahlen kann Paydirekt derzeit allerdings nur träumen, auch wenn nach außen gute Miene zum bösen Spiel gemacht wird.
„Für einen vergleichsweise jungen Payment-Anbieter haben wir schon viel erreicht“, heißt es in einer Pressemitteilung von Paydirekt. Wie viel mehr sich aber noch erreichen lässt, ist angesichts der jetzigen Situation fraglich. Denn das Problem, mit dem sich Paydirekt auseinandersetzen muss, liegt auf der Hand: Zwar bietet es dieselben Funktionen wie der große Konkurrent von Übersee: schnelle und einfache Bezahlung über das Internet nur mit Nutzernamen und Passwort, aber es hakt an Kooperationspartnern.
Das Handelsforschungsinstitut EHI gab bekannt, dass von den 1.000 größten Online-Shops aktuell nur knapp fünf Prozent Zahlungen mit Paydirekt anbieten, in absoluten Zahlen sollen es laut Aussage von Paydirekt derzeit 1.323 Shops in ganz Deutschland sein. PayPal besitzt allein in Deutschland 50.000 Kooperationspartner aus dem E-Commerce-Sektor, auch wenn diese Zahlen nur von PayPal veröffentlicht wurden. Und selbst wenn diese Zahlen nicht gänzlich stimmen sollten: Um PayPal in Deutschland den Rang abzulaufen, reicht es für Paydirekt angesichts solcher Zahlen aktuell noch lange nicht – und wahrscheinlich auch nicht in naher Zukunft.
Denn erst kürzlich hat PayPal mit dem Dienst "PayPal Credit" eine weitere Funktion eingeführt, die es Kunden möglich macht, Zahlungen für gekaufte Artikel bis zu vier Monate ohne Gebührenbelastung aufzuschieben. Somit dürfte PayPal seine Position auf dem deutschen Markt eher stärken – und Paydirekt auch langfristig das Nachsehen haben, wenn nicht bald überzeugende Innovationen verlautbart werden, die potentielle Kundenkreise überzeugen.