Kafkas unvollendet gebliebener Roman, der auch den Titel Der Verschollene trägt, beginnt mit einer Verheißung: „Als der sechzehnjährige Karl Roßmann, der von seinen armen Eltern nach Amerika geschickt worden war, weil ihn ein Dienstmädchen verführt und ein Kind von ihm bekommen hatte, in dem schon langsam gewordenen Schiff in den Hafen von New York einfuhr, erblickte er die schon längst beobachtete Statue der Freiheitsgöttin wie in einem plötzlich stärker gewordenen Sonnenlicht.“ In New York wird Karl von einem reichen Onkel aufgenommen und später unter fadenscheiniger Begründung verstoßen. Auf der Suche nach Arbeit begegnet er zwei Landstreichern, die ihn ausnutzen, findet unter der Obhut der Oberköchin des Hotel Occidental einen Job als Liftboy und landet als Diener bei der ehemaligen Sängerin Brunelda. Schließlich bekommt er eine Anstellung als Techniker beim Naturtheater von Oklahoma.
Amerika ist eine Auswanderergeschichte und zugleich ein Anti-Bildungsroman: Jemand sucht in der Neuen Welt sein Glück und wird ein Niemand. In aberwitzigen Abenteuern schildert Kafka den sozialen Abstieg seines Helden und seziert humorvoll und sarkastisch den amerikanischen Traum. Er erzählt von Fremdsein und Weltverlust und von der existenziellen Suche eines Heimatlosen in der modernen Welt.