Von Anfang an waren die 37. Französischen Filmtage Tübingen | Stuttgart als Hybridfestival geplant und sollten sowohl online als auch im Kino stattfinden. Deshalb waren etwa zwei Drittel sämtlicher Festivalfilme auch trotz geschlossener Kinos bis zum Schluss des Festivals zu sehen. Außerdem war es dank der großartigen Kooperationsbereitschaft der Kinobetreiber*innen möglich, den Spielplan am Festival-Wochenende noch einmal aufzustocken und von Mittag bis Mitternacht Filme zu zeigen.
Möglich war auch noch das Cinéconcert am Samstagabend im Sparkassen Carré. Die von Thomas Maos gecoachte Jugendband „Frau Wilhelm“ begeisterte mit ihrer aufregend neuen, atmosphärisch dichten Musik zu F.W. Murnaus Gruselklassiker „Nosferatu“ ein ausverkauftes Haus.
Sämtliche Diskussionen konnten dank des Einsatzes von FestivalTV wie geplant stattfinden, indem sie als Videokonferenz einfach in den virtuellen Raum verlegt wurden.
Das waren trotz des reduzierten Programms die intensivsten, emotionalsten Filmtage an die wir uns erinnern können und wir sind sehr dankbar, froh und erleichtert, dass sie noch so gut gelaufen sind.
Internationaler Wettbewerb
Filmtage-Tübingen-Preis: 5.000 Euro
„Gagarine“ – Fanny Liatard und Jérémy Trouilh
Die Begründung der Jury (Catherine Courel-Locicero, Sylvain Garel, Thierry Méranger):
Der Filmtage-Tübingen-Preis geht an GAGARINE, den sehr schönen Film von Jérémy Trouilh und Fanny Liatard.
Dieser Debütfilm hat uns mit seiner Originalität, seiner philosophischen und sozialen Stärke, seiner filmischen Kreativität, seiner Poesie und schließlich mit dem Talent und der Lebendigkeit der Schauspieler überzeugt. Wir schätzen auch den Einsatz ungewöhnlichen Archivmaterials sowie den geschickten Einsatz einer Drohne. Beides hat eine besondere Perspektive auf die Wohnsiedlung erlaubt, eine Perspektive, die uns daran erinnert wie klein wir sind und wie schön das Universum ist.
Lobende Erwähnung :
„Lola vers la mer“ - Laurent Micheli
Kurzfilmwettbewerb: 1.000 Euro, gestiftet von der Familie Lamm:
„Souvenir, souvenir“ - Bastien Dubois
Die Begründung der Jury (Catherine Courel-Locicero, Sylvain Garel, Thierry Méranger):
Eine kleine Kostbarkeit, die ihren Charme sowohl der Subtilität des Stiftes als auch der digitalen Grafik verdankt: SOUVENIR, SOUVENIR von Bastien Dubois erinnert an die notwendige Suche nach einem familiären Gedächtnis, dem die Pflicht zur kollektiven Wiedergutmachung angesichts eines namenlosen Krieges, der Algerien in Blut getränkt hat, überlagert wird...
Lobende Erwähnung :
„Un coeur d‘or“– Simon Filliot
Stuttgarter Publikumspreis: 1.000 Euro, gestiftet von Arthaus Filmtheater Stuttgart
Französischer Wettbewerb
„Un triomphe“ - Emmanuel Courcol
Verleihförderpreis: 21.000 Euro, gestiftet von der MFG Filmförderung Baden-Württemberg, Unifrance und dem Deutsch-Französischen Jugendwerk (OFAJ). Das Geld erhält der deutsche Verleih, der den Gewinnerfilm des Tübinger Publikumspreises in die deutschen Kinos bringen wird.
Preis der Jugendjury Tübingen: 1.000 Euro, gestiftet von der Stadt Tübingen
Die Begründung der Jury:
Die Jugendjury hat sich dazu entschieden, „Un triomphe“ von Emmanuel Courcol mit dem Prix de la Jeunesse auszuzeichnen. Der Film überzeugte durch seinen Humor, seine Tiefgründigkeit und die herausragende Schauspielleistung. Gepaart mit ständiger Unvorhersehbarkeit sorgte die schlichte Schönheit durch wenig Extravaganz und Aufdringlichkeit aber umso stärkeren Dialogen dafür, dass man sich fühlte wie nach einem richtig guten Theaterstück und einen das Kino überwältigt entließ.
Preis der Jugendjury Stuttgart: 1.000 Euro, gestiftet von der Landeshauptstadt Stuttgart:
„Lola vers la mer“ – Laurent Micheli
Die Begründung der Jury
Der diesjährige Gewinnerfilm der Jugendjury ist “Lola vers la mer”. In diesem Film geht es um Lola die früher Lionel hieß. Lola leidet sehr unter dem Verlust ihrer Mutter und ihrem intoleranten Vater, der ihre Entscheidung von nun an als Frau zu leben, nicht akzeptiert. Doch trotz der Differenzen müssen sich die beiden miteinander verbünden, um den letzten Wunsch der Mutter zu erfüllen. Dieser ist es vor dem Strandhaus der Familie in Form verstreuter Asche den letzten Frieden zu finden.
Der Film besticht durch seinen einheitlichen Look und gesellschaftliche Brisanz. Der Vater verkörpert metaphorisch eine leider noch weit verbreitete Denkweise der Intoleranz. Wir finden es schön und wichtig, dass der Film dieses Thema von einer einfühlsamen und lebensechten Seite beleuchtet und dabei nicht belehrend wirkt. Die abgerundete Gesamtästhetik und trotzdem durchdringende Thematik haben uns schlussendlich überzeugt “Lola vers la mer” als Gewinnerfilm zu küren.
„Corona“ Schüler*innen- und Publikums-Kurzfilmpreis: 750 € gestiftet von dem Verbund-unternehmen LBS Südwest, der SV Sparkassen Versicherung, der LBBW Landesbank Baden-Württemberg, den Stadtwerken Tübingen GmbH und dem Ernst Klett Verlag.
„Psycho“ – Leonardo Antonio Martins-Hägele, Patricia Schröter, Elisa Morrissey
Eine lobende Erwähnung erhält:
„Eyes wide shut down“ – Iacopo Feldtkeller, Lisa Neumann, Benedikt Reeder
Die Preise für die Schülerkurzfilme erhalten:
„Die Feuerzangenbowle“ – Klasse 9d, Kepler-Gymnasium, Tübingen
„Les corona-choristes“ – Klasse J1, Evangelisches Mörikegymnasium, Stuttgart
Das Team der Französischen Filmtage Tübingen | Stuttgart ist begeistert: Ein ganzes Dutzend „Corona-Kurzfilme“ ist eingereicht worden und die Jury – die komplette Equipe aus dem Festivalbüro – hatte alle Mühe, unter den ganzen originellen, witzigen und ungeheuer gut gemachten Filmen einen auszuwählen.
Der „Corona-Kurzfilmwettbewerb“ war ein Filmkunstprojekt der besonderen Art: Die berühmtesten Szenen der Filmgeschichte wären vermutlich anders ausgegangen, hätten die Schauspieler*innen Masken getragen. Die Filmtage wollten von den Zuschauer*innen wissen, wie ihre Lieblings-Filmszene ausgesehen hätte. Aufgabe war, eine Szene aus einem Film, einer Serie, einer Werbung oder einem Videoclip nachzudrehen oder eine Parodie daraus zu machen. Mit vorhandenen Bordmitteln, sehr gerne aber nicht zwingend in französischer Sprache. Das Ganze mit corona-angepassten Requisiten: Mindestens eine Maske, Desinfektionsmittel, Corona-Testmaterialien, Schutzanzüge usw. und sämtlichen Hygiene- und Abstandsregeln.
Alle Filme werden auf der Website der Französischen Filmtage Tübingen I Stuttgart verlinkt.