Theaterlabor
Gehen es gemeinsam an (v. links): Prof. Oliver Lenzen, Rektor der HHN, Dr. Thomas Braun, Geschäftsführer der Kulturstiftung der Kreissparkasse, und die beiden Theatermacher Philipp Wolpert und Tobias Frühauf.
In einer Märchensammlung aus dem 18. Jahrhundert findet sich die bis heute gültige Weisheit »Wer nicht wagt, der nicht gewinnt«. Und das dachten sich wohl auch der Dramatiker und taz-Blogautor Tobias Frühauf und Regisseur Philipp Wolpert aus Unterheinriet.
Die beiden Newcomer in der Heilbronner Theater- und Kulturszene wollen Kulturbegeisterten – vor allem, aber keineswegs ausschließlich ihrer eigenen Generation – ein neues Forum bieten, wo sie sich ausprobieren und künstlerisch entfalten können. In Michael Brähne vom alternativen Heilbronner Club Mobilat in der Salzstraße haben sie einen Partner gefunden, der ihnen für ihr Theaterlabor die Bühne bietet. Bis zu 300 Gäste finden in dem angesagten Club Platz.
Für junge Leute Theater zu machen, das hätten schon viele vergeblich versucht, sagt Philipp Wolpert. Das Theater als klassische Kulturinstitution mit dem »immer gleichen Repertoire« halten sie für antiquiert und nicht mehr zeitgemäß. Sie wollen dorthin, wo ihr Publikum schon ist: in Clubs, in Szenelokale oder auch auf Schulhöfe und in Klassenzimmer. Um ihre Ideen umzusetzen, haben Wolpert und Frühauf ein Theaterlabel gegründet: »Tacheles und Tarantismus«. Im vergangenen Sommer haben sie eine Neufassung des Lessing-Klassikers »Emilia Galotti« geschrieben und bei den ersten Marbacher Theaterfestspiele auf die Bühne gebracht. Ihre Schauspieler und Künstler suchen sie sich selbst aus. Handverlesen. In direkter Ansprache und durch Umgehung von Agenturen und Managern. Das funktioniert.
Unter dem Motto »Stilbruch - theatrales Panoptikum« wollen die beiden Jung-Intendanten einen Ort der Begegnung und des gemeinsamen Dialogs schaffen; einen Ort des Experimentierens und des Forschens; einen Ort, der in der Stadt Brücken baut und einen Grundstein für die studentische Kultur legt. »Stilbruch« bedeute, Grenzen auszuloten und zu überschreiten, sagt Tobias Frühauf. Richtungsweisende Themen mit den Schwerpunkten Wissenschaft, Zukunft und Gesellschaft werden erforscht und theatral umgesetzt. Das Theaterlabor gestaltet die Stadtentwicklung nachhaltig mit und möchte die Heilbronner Bildungseinrichtungen mit ihren Studenten stark einbeziehen. Hierzu finden Kooperationen und Gastspiele mit international renommierten Künstlern und Institutionen statt. Auf dem Programm stehen gemeinsame Workshops und Inszenierungen, Theaterproduktionen, Lesungen, Performancestücke, Konzerte, Open-Stage-Formate, Partyreihen und Ausstellungen.
Die Kultur-Stiftung der Kreissparkasse Heilbronn ist Unterstützer und Hauptförderer des Theaters. »Wir fördern seit jeher Kunst und Kultur in unserer Region und wollen auch Formate unterstützen, die über das klassische Kulturangebot hinaus gehen und gerade jüngere Kulturbegeisterte ansprechen“, sagt deren Geschäftsführer Dr. Thomas Braun. Über die Höhe der Förderung schweigt er sich aus. Fünstellig. Das kann er sagen. Für den Zeitraum von einem Jahr. Und: »Ich denke, da haben wir ein absolut förderungswürdiges Projekt gefunden.« Auch die Dieter Schwarz Stiftung hat finanzielle Unterstützung zugesagt.
Kooperationspartner des neuen Theaters ist die Hochschule Heilbronn. »Was liegt näher für ein Theaterlabor, als mit einer wissenschaftlichen Einrichtung zu kooperieren? »Stilbruch« greift gesellschaftlich relevante Themen wie die Wissenschaftsethik auf. Genau für diese Thematiken wollen wir unsere Studierenden und Forschenden sensibilisieren und freuen uns auf gegenseitige Impulse«, sagt Rektor Professor Oliver Lenzen.
Die erste Spielzeit liest sich mutig. Neben Eigenproduktionen haben die Schauspieler Ronja von Rönne, Friedrich Liechtenstein, Friedrich von Borries und Hanna Mittelstädt (Produktion mit Robert Stadlober, Wolfgang Krause Zwieback und Corinna Harfouch) ihre Teilnahme zugesagt. Am 16. Mai ist Premiere. Gezeigt wird ein »Ein Sciene-Fiction-Drama« in Eigenregie. Für das gesamte Jahr sind 42 Vorstellungen geplant. Simone Heiland
Mehr Infos zum Theaterlabor »Stilbruch«, zum Programm und zu den Tickets unter: www.tachelesundtarantismus.com/STILBRUCH/