Es ist mal wieder so weit: Sommer, Sonne, Fußball. Die EM steht in den Startlöchern und ganz Fußball-Deutschland fiebert mit. Wobei fiebern nach über einem Jahr der Pandemie vielleicht ein etwas unglücklich gewähltes Wort ist.
Denn die deutsche Nationalmannschaft möchte in diesem Sommer mal wieder richtig für Furore sorgen. Die Vorzeichen dafür stehen sogar gar nicht ganz so schlecht, wie man jetzt in schwäbischer Schwermut vielleicht meint. Zumindest dann, wenn man von so kleinen Faktoren absieht, wie einem wackelig im Amt gehaltener Trainer, der sein letztes Hurra sucht, übermüdeten Spielern, die jetzt ihr drölfzigstes Spiel in Folge ohne nennenswerte Pause machen sollen und vergangenen Test- und Pflichtspielergebnissen, die die deutsche Mannschaft mal so eben in der Weltrangliste hinter Fußballgroßmacht
Dänemark haben fallen lassen. Gut, zumindest die Qualifikation zur K.O.-Runde sollte eigentlich drin sein, es warten ja nur Weltmeister Frankreich und Europameister Portugal auf das deutsche Team anstelle von Angstgegner Nordmazedonien.
Natürlich sollte man an dieser Stelle
vielleicht auch einmal fragen, warum die ach so ehrbare UEFA sich gerade in der Zeit der größten Pandemie des vergangenen Jahrhunderts dazu entschieden hat,
den Spielern möglichst lange Reisewege durch möglichst viele Länder aufzuerlegen.
Zumindest kann man so sicher gehen, dass sich auch wirklich jeder in Europa mit
einem Fußballvirus infiziert.
Von diesem Organisationsirrsinn einmal abgesehen findet das eigentliche Spektakel bei jedem internationalen Fußballevent ohnehin immer an einem festen Ort statt: Berlin. Genauer gesagt im Reichstag.
Während Fußball-Deutschland mit Jogis Jungs mitfiebert, kann man hier die ganzen Aus- und Nebenwirkungen dieser kugelrunden Pandemie beobachten.
Diese neue Variante des Fußballfiebers scheint bei einigen seiner Berliner Infizierten, allen voran bei findigen Regierungspolitikern, so manches zu bewirken. Abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit kommen die nämlich auf die Idee, mal mir nichts dir nichts die ein, zwei unbequemen Gesetzesvorhaben, die man so während dem
Regieren auf die lange Bank geschoben hat, kurzer Hand durch den Bundestag zu winken. Das ist schon beinahe eine stolze Tradition geworden. Nach dem Sommermärchen 2006 konnten sich viele nur verwundert die Augen reiben. Der Bundestag hatte die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent erhöht. Auch zur WM 2010 gab es eine nette Überraschung nach dem Turnier, damals stieg der Krankenkassenbeitrag von 14,9 auf 15,5 Prozent.
Und das ging so munter weiter. Nach dem Halbfinale 2012 gegen Italien wurde ein neues Meldegesetz von stolzen 26
Abgeordneten beschlossen, mit dem die Weitergabe von Adressdaten leichter
gemacht wurde. Der Bundesrat kassierte das Gesetz nach der Finalniederlage gegen Spanien wieder ein. Nur beim Weltmeistertitel 2014 in Brasilien zeigte auch Berlin sich überraschend ruhig. Aber dieser Burgfrieden währte nicht lange. Während der EM 2016 durfte man sich über eine Erbschaftssteuerreform mit neuen Auflagen und großer Benachteiligung für Erben
freuen. Dass die Nationalmannschaft in Russland schon in der Gruppenphase die Segel streichen musste, war auch den
Gesetzgebern ein Dorn im Auge. Statt
mal kurz die ein oder andere unliebsame Entscheidung durchpeitschen zu können, hatte man auf einmal wieder die unliebsame Öffentlichkeit im Wege stehen.
Bleibt also die Frage, auf welches neue
Gesetz wir uns 2021 freuen dürfen?