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Photovoltaik
Solar-Parks finden sich vor allem in Bayern und Thüringen: Baden-Württembergische Hauseigentümer und Unternehmen würden gerne stärker auf Solarstrom setzen.
Welche Energie treibt uns in Zukunft an? Wann können wir alte Kraftwerke abschalten? Wie sieht der Verkehr künftig aus? Antworten gab Umweltökonomin und Wirtschaftswissenschaftlerin Prof. Claudia Kemfert.
Die Beraterin der Bundesregierung war auf Einladung der Wirtschaftsjunioren Heilbronn-Franken in der Sparkasse Schwäbisch Hall zu Gast.
Kluge Energiewende
In einer »klugen« Energiewende sieht Claudia Kemfert eine Chance für die deutsche Wirtschaft. Seit 2004 leitet die Wirtschaftswissenschaftlerin die Abteilung „Energie, Verkehr, Umwelt“ am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin und gehört seit 2016 dem Sachverständigenrat für Umweltfragen an. Mit klug meint Kemfert auch rasch. Denn wir seien spät dran.
China weit vorne
Nicht nur, was die Erwärmung angeht - das 1,5-Grad-Klimaziel ist nur noch mit einer schnellen Abkehr von fossilen Energien zu erreichen -, sondern auch mit Blick auf die Konkurrenz: U.a. China hat schon deutlich vorgelegt, etwa bei der E-Mobilität. Einige Städte dort darf man nur noch mit E-Mobilen befahren. »Wir sind längst nicht mehr die Klima-Vorreiter«, korrigierte die Energieexpertin ein überholtes Bild.
Deutschland schützt alte Kohlemeiler
Sie fügte hinzu: »Deutschland steht sogar auf der Bremse«. Geschuldet sei das u.a. der Laufzeitzusage für Kohlemeiler. Zur Deckung des Energiebedarfs, so die Wissenschaftlerin, brauche man die zum Teil mehr als 50-Jahre alten CO2-Schleudern nicht mehr. »Man kann sie sofort abschalten - und keiner würde es an der Steckdose merken.«
»Wussten Sie, dass Sie mit ihren Steuern und dem Kohlepfennig immer noch die alten Kraftwerke subventionieren«, fragte Frau Prof. Kemfert sodann in die recht verblüffte Runde der etwa 90 Zuhörer. Dabei liege doch gerade in der Energiewende und den neuen Technologien eine klare Chance für neue Arbeitskräfte und zukünftsfähige Exportprodukte.
Jugend fordert Wandel
Sie könne die Forderung der Jugend an die Politik sehr gut verstehen, erklärte Kemfert. Auch das Argument, Deutschland könne allein nicht viel bewegen, teile sie nicht. Gerade Deutschland als »Exportweltmeister« könne dafür sorgen, dass nachhaltig produzierte Güter weltweit genutzt würden.
Alternative Energienn werden in Deutschland gedeckelt
Das Stromkosten-Argument sei ebenso wenig eines, denn tatsächlich würden alternative Energien, etwa Solarkraft, künstlich verteuert bzw. die Erzeugung bewusst gedeckelt. »Alternative Energien sind absolut marktfähig«, so Kemfert.
Auch die »Geschichte von den Strom-trassen«, so die Energieexpertin, sei Teil der Erzählung. »Bayern wartet nicht auf Windkraft von der Küste. Die ist vor allem für die nördlichen Bundesländer von Interesse.«
Dass die Bayern vor allem auf die Kraft der Sonne setzen, hat sich etwa der Güglinger Solaranlagen-Spezialist HEP zu Nutze gemacht und dort einen Solarpark gebaut.
Als einen wichtigen Teil der Energiewende nannte Kemfert ebenfalls die Steigerung der Effizienz sowie die Nutzung von Einsparpotenzialen - etwa bei Gebäuden. In die Sanierung sollten mehr Fördermittel fließen, forderte sie.
Elektro-Mobilität und neue Konzepte für Verkehrswende
Vor allem aber der Bereich Verkehr - hier steigen die Emissionen auch wegen der Zunahme der SUVs - müsse rasch neu organisiert werden. »Keine Energiewende ohne Verkehrswende«, sagte Prof. Kemfert. Bei allen Möglichkeiten, die sich böten - von Wasserstoff bis Power to Gas -, sei die E-Mobilität für den Verkehr die beste Wahl.
In Deutschland sei es inzwischen gelungen, günstige und haltbare Akkus herzustellen. »Die leben länger als Sie«, lachte die Wissenschaftlerin auf ungläubige Nachfragen und räumte auch gleich das »fehlende-Ladeinfrastruktur-Argument« ab: »Man könnte jede Straßenlaterne zur Ladestation machen.«
Auto auf Abruf statt "Steh"-zeuge
Viele Maßnahmen müssten im Verkehrssektor ineinandergreifen: Der
ÖPNV etwa müsse besser und günstiger werden. Der Individual-Verkehr könne über Sharing-Modelle geregelt werden. Kemfert: »90 Prozent aller Fahrzeuge sind Stehzeuge, stehen 23 Stunden am Tag herum. Und 70 Prozent aller Fahrten reichen nur über bis zu 10 Kilometer.« Selbstfahrende E-Mobile etwa, die via APP gerufen werden, böten also eine Möglichkeit, Individualverkehr sinnvoll zu organisieren.
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