Zum Jubiläumsjahr »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« präsentiert das Stadtarchiv Crailsheim im November Einblicke in die Geschichte jüdischen Lebens in der Horaffenstadt mit informativen Vorträgen rund um die Thematik am 8. und 9. November.
Den Anfang der Veranstaltungsreihe macht der Vortrag »Juden in Crailsheim im Spätmittelalter«. Auch wenn Crailsheim nicht wie Köln auf 1700 Jahre jüdisches Leben zurückblicken kann, so lebten doch von ca. 1345 bis 1942 Juden nahezu kontinuierlich 600 Jahre in der Stadt. Eine erste Ansiedlung lässt sich indirekt aus den Pogromen im Zuge der Pest 1349/50 erschließen.
Ab 1382 sind in Rothenburg wieder Juden mit der Herkunftsbezeichnung »von Crailsheim« belegt. In Crailsheimer Quellen tauchen sie ab 1440 wieder auf. 1462 bitten sie darum, auswärtige Juden zum Laubhüttenfest einladen zu dürfen, damit die Mindestzahl von zehn Männern für den Gottesdienst erreicht wird. Gleichzeitig weisen die Reichsstädte ihre Juden aus, was um 1480 der Crailsheimer Stadtpfarrer Sattler in seiner stark antijüdisch geprägten Judenordnung aufnimmt. 1508 folgt der Markgraf den Vorschlägen Sattlers in einer speziellen Crailsheimer Judenordnung und in der Folge versuchen seine Söhne tatsächlich die Austreibung der jüdischen Minderheit. Jedoch werden sie prompt von den Reichsrittern in der Umgebung angesiedelt und dürfen unter kaiserlichem Schutz weiterhin die Stadt besuchen, so dass 1596 der Markgraf selbst wieder Schutzjuden in der Stadt aufnimmt. Hans Gräser blickt am 8. November im Ratssaal des Crailsheimer Rathauses auf diesen Teil der Stadtgeschichte. Beginn des Vortrages ist um 19.30 Uhr.
Am 9. November um 19.30 Uhr finden im Ratssaal Crailsheim Vortrag und Gespräch »Jüdisches Leben in Deutschland heute« statt. Wie hat sich jüdisches Leben nach dem Kriegsende in Deutschland entwickelt? Welche jüdischen Gruppierungen gibt es heute in Deutschland und wie sind sie organisiert? Wie können Minderheiten bei uns ihre Gottesdienste und Feste feiern? Welchen kulturellen Beitrag leisten Juden nach wie vor in Deutschland? Welche Rolle spielen Frauen in den jüdischen Gemeinden? Wie kann man die heutige Politik in Israel von außen beurteilen? Was darf niemals mehr sein, und was könnte heute in der Beziehung zwischen Juden und Deutschen möglich werden? Diesen und weiteren Fragen geht Ilse Raetsch in ihrem Vortrag nach.
Ilse Raetsch studierte Ökotrophologie und ist seit 40 Jahren Redakteurin bei Fach- und Wissenschaftszeitschriften. An der Münchner Volkshochschule vermittelte sie Wissen über das Judentum. Sie ist Mitglied der Liberalen jüdischen Gemeinde München Beth Shalom.
Im Vorfeld des Vortrags lädt die städtische Initiative Erinnerung und Verantwortung ab 18.30 Uhr zur jährlichen Gedenkveranstaltung am Platz der ehemaligen Synagoge in der Adam-Weiß-Straße ein. Schülerinnen der Eugen-Grimminger-Schule gestalten die Gedenkstunde.
Veranstaltungsreihe zur jüdischen Geschichte Crailsheims, Mo. 8. und Di. 9. November, jeweils 19.30 Uhr, Ratssaal, Rathaus Crailsheim, www.stadtarchiv-crailsheim.de