Radfahrer auf der Neckarstraße in Heilbronn
Radfahrer haben in Fußgängerzonen nichts verloren, sollte man meinen. In Heilbronn sieht die Realität etwas anders aus. Hier ist die Gastromeile Untere und Obere Neckarstraße von der Stadt für Radfahrer freigegeben. Ein Radfahrverbot wird seitens der Stadtverwaltung als »Verlust von Lebensqualität« gewertet, seitens der Gastronomie und vieler Fußgänger wäre es hingegen zum Schutz von Leib und Leben zwingend erforderlich.
Es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich das Problem der Radfahrer in der Unteren Neckarstraße erledigt habe, sagt Köksal Kilic, Inhaber des Bar-Restaurants Stadtfischer mit Terrasse am Neckar. Wie bei allen Außenbewirtschaftungen kommt es auch bei ihm immer wieder zu Zusammenstößen zwischen seinem Service-Personal und Radfahrern. Bisher liefen sie alle glimpflich ab. Besonders entlang des Marra-Hauses in der Oberen Neckarstraße wird die Situation umso brenzliger, je mehr Betrieb herrscht. David Rothe, Geschäftsführer vom »Burgerheart«, würde es allein aus Sicherheitsgründen begrüßen, wenn auf den wenigen Metern unmittelbar vor den Restaurants ein Fahrverbot für Radfahrer bestünde. »Absteigen und die paar Meter schieben, das wäre eine Lösung, mit der sicher alle gut leben könnten«, sagt er. Das sehen durch die Bank alle Gastronomen so. Nur die Radfahrer nicht. »Wir passen auf«, rufen zwei vorbeiradelnde Mädchen und fahren fast ein kleines Kind um, das plötzlich in den Weg läuft. Eine Bedienung des MoschMosch quittiert es mit Achselzucken und sagt im Weiterlaufen: »Das ist hier jeden Tag ein extremer Stress.«
Laut Amt für Straßenwesen soll nach der Bundesgartenschau in der Badstraße die bereits eingerichtete Fahrradstraße in der Tat ausgeweitet werden: in Richtung Norden über die Kraneninsel entlang der Neckarpromenade des BUGA-Geländes bis zum Zukunftspark Wohlgelegen. Was aber keineswegs heißt, dass der Radverkehr in Unterer und Oberere Neckarstraße dann unterbunden wird. »Aufgrund des starken Ziel- und Quellverkehrs in der Innenstadt wird es weiterhin den Bedarf einer östlich des Neckars gelegenen Verbindung geben«, heißt es auf Anfrage. Und: Die Gastronomie profitiere ja auch von der »Lauf«-Kundschaft und habe viele radfahrende Gäste. Auch das Thema E-Bikes wird bei der Stadt Heilbronn als nicht kritisch eingestuft. Pedelecs haben eine Höchstgeschwindigkeit von 25 Stundenkilometern, gelten rechtlich als Fahrräder und dürfen somit laut Straßenverkehrsordnung auf Radwegen fahren. Eine Sperrung sei aus diesem Grund nicht möglich. Wäre aus Sicht der Verwaltung aber auch nicht zielführend, da das Geschwindigkeitsniveau nicht zwingend vom Fahrzeug-, sondern eher vom Nutzertyp abhängig sei.
Die vereinzelten Radfahr-»Rowdies« fänden sich auch unter den Radfahrern, die ohne elektrische Unterstützung unterwegs seien. Die Verwaltung appelliert an die gesetzlich vorgeschriebene gegenseitige Rücksichtnahme und wirbt hierfür auch bei regelmäßig durchgeführten Aktionen. »Das wäre toll, aber das funktioniert nicht«, sagt ein Gast, der auch mit dem Rad da ist, aber regelmäßig absteigt, wenn es eng wird. »Die Stadt müsste mehr kontrollieren«, sagt seine Frau.
Das geschieht auch. Ist jemand zu schnell, wird eine Verwarnung ausgesprochen und der Radfahrer wird über sein Fehlverhalten aufgeklärt. Außerdem würden die Radfahrer durch den Einbau von Pollern in ihrer Geschwindigkeit gedrosselt. Wunschdenken. Irgendwann, da sind sich alle einig, knallt‘s richtig. Simone Heiland
Was beide Seiten zu der Situation in der Neckarstraße sagen, gibt's hier zum Nachlesen:
https://www.moritz.de/journal/dies-und-das/radfahrer-vs-kellner/