Interview Steffen Schoch
HMG-Geschäftsführer Steffen Schoch und Pressesprecherin Michaela Steinhauser (Mitte) im Gespräch mit MoRITZ-Redakteurin Simone Heiland.
»In Heilbronn ist es immer etwas wärmer und sonniger als anderswo«, sagt Steff en Schoch, Geschäftsführer der Heilbronn Marketing GmbH, im Gespräch mit MORITZ-Redakteurin Simone Heiland. Und nicht nur das. Heilbronn ist dabei, sich vollkommen neu zu erfi nden. Ohne liebgewonnene Traditionen wie das Käthchen als Symbolfi gur oder den seit Jahrhunderten bestehenden Pferdemarkt aufzugeben.
Am 17. April öffnet die Bundesgartenschau für ein halbes Jahr die Tore. Mitten in der Stadt. Ein neuer Stadtteil, modern und zukunftsweisend und mit Blick auf Nachhaltigkeit ist im Zuge dessen entstanden. Ein Novum in der Geschichte der Bundesgartenschauen, die es seit den 50er Jahren gibt. Mit dem Science Center »experimenta« wird gleich nebenan ein architektonischer Glanzpunkt gesetzt, der die Weltöffentlichkeit anlocken und begeistern wird. Neue Hotels schießen aus dem Boden, der Tourismus hat großes Potenzial. Das Interesse an Heilbronn ist auch außerhalb zu spüren. So wie nie zuvor. Der Einzelhandel ist bestens vorbereitet. Heilbronn ist noch nicht Nabel der Welt, hat aber Chancen wie nie auf dem Weg dahin. Steffen Schoch, gebürtiger Heilbronner, weitgereist und erfahren in der Vermarktung von Städten und Gemeinden, hat vor knapp vier Jahren das Ruder als Marketingchef der Stadt übernommen. Er erzählt, wo die Reise in den kommenden Jahren hingeht.
Herr Schoch, Ihr Fazit für das Jahr 2018 klingt durchweg positiv. Ein Anspruch für 2019 und darüber hinaus ist es, die Marke Heilbronn mit Leben zu füllen, die Stadt im Aufbruch über die Grenzen hinaus zu platzieren. Wie machen Sie das?
Wir haben mit den 173 Tagen Bundesgartenschau und auch der »experimenta« eine einmalige Chance, Heilbronn bundesweit bekannt zu machen. Wenn man hier in 1.000 Jahren mal Ausgrabungen macht und Reste der »experimenta« findet (lacht), dann wird Heilbronn auch in 1.000 Jahren noch in aller Munde sein. Und die Bundesgartenschau wird die Stadt viele Jahre tragen. Denn es entsteht ja kein Landschaftspark im klassischen Sinn, sondern es ist mit dem neuen Stadtteil ein neues Stück Heilbronn entstanden, das nachfolgenden Generationen zugute kommt. Im Moment wird 100 Jahre Bauhaus gefeiert. Das war eine bedeutende Epoche. Wenn ich heute Heilbronn und den Neckarbogen mit dem Bauhaus in Verbindung bringen darf, denn hier wird ja genau der Gedanke des Bauhauses fortgeschrieben, dann macht das Heilbronn – in Gänsefüßchen – (lacht) auch ein Stück weit unsterblich. Und unsere Aufgabe ist es, die Besucher neugierig zu machen auf das, was Heilbronn sonst noch zu bieten hat. Stichworte: Wein, Neckar, die wunderbare Lage der Stadt, die wirtschaftliche Prosperität, die Hochschullandschaft. Etwa 60, 70 Prozent der Buga-Besucher sind echte Fans, die reisen der Buga von einem Ort zum anderen hinterher. Es muss uns gelingen,diesen Gästen den Geist, der in unserer Stadt herrscht, nahezubringen. Manche sprechen ja schon davon, dass wir in 20 Jahren vielleicht mal in naturwissenschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Themen einen Nobelpreisträger auszeichnen, der als Kind in der »experimenta« geforscht und hier ideale Bildungsmöglicheiten vorgefunden hat.
Sie waren jüngst auf der Tourismusmesse CMT in Stuttgart. Wie war dort die Resonanz auf Heilbronn?
Groß. Auf der CMT war die Bundesgartenschau Kulturpartner. Heilbronn war dort wie nie zuvor in aller Munde. Wenn man bedenkt, wie wir die Stadt in den vergangenen Jahren mühsam anpreisen mussten, und wie groß das Interesse in diesem Jahr war, das war schon enorm. Es ist ein gutes Zeichen in die Zukunft, dass Menschen Interesse haben, sich mit Heilbronn auseinanderzusetzen und das auch weiterzuerzählen. Ein anderes Indiz dafür sind unsere Stadtführungen. Wir hatten in den letzten Jahrzehnten durchschnittlich 10.000 Gäste. Wir haben das Angebot sukzessive ausgebaut, mit dem Hopon- Hop-of-Bus, Buga-Führungen und vielem mehr. Wir hatten 2018 mit 35.000 Personen das Dreifache an Gästen, die sich auf verschiedenste Weise die Stadt angeschaut und neue Ecken entdeckt haben. Wenn man mal mit dem Bus mitfährt und sich die Gespräche anhört, dann merkt man, wie stolz die Heilbronner auf ihre Stadt sind. Und das sehe ich genau als unsere Aufgabe an: Die Menschen neugierig auf ihre Stadt zu machen. Denn nur wo viel los ist, wächst auch das Interesse.
Haben Sie mal ermittelt, was die Hauptzielgruppe bei Stadtführungen ist, was das Durchschnittsalter ist und wie sich das im Laufe der Zeit verändert hat?
Wir führen darüber keine Statistiken. Aber wir haben auch da unser Angebot erweitert. Es gibt Führungen zu Fuß, mit dem Fahrrad, per Schiff, auf Segways, Kanutouren, Bustouren. Automatisch erreichen Sie da verschiedene Altersgruppen mit unterschiedlichsten Interessen. Ich glaube, wir haben ein ganz gutes Händchen bewiesen, die Besucher in der Breite gut anzusprechen.
Nutzen die Studenten diese Angebote auch?
Natürlich. Wir haben demnächst 10.000 Studenten mehr in der Stadt. Die laden am Wochenende ihre Eltern und Freunde ein und wollen zeigen, wo und wie sie leben. Sie sind international und erschließen sich die Stadt ganz neu. Unverbraucht und unvoreingenommen. Das sind alles sehr positive Entwicklungen.
Kann die Einkaufsstadt Heilbronn den Ansprüchen der Menschen, die neu nach Heilbronn kommen, genügen? Stichworte: Leerstände, Branchenmix.
Zunächst muss man sagen: Handel ist Wandel und Veränderung gab es schon immer. Und in jedem Jahrzehnt hat man etwas kritisiert. Mal waren es zu wenig Parkplätze, dann war es der Leerstand, aber immer ist wieder etwas Neues gekommen. Der Handel ist ein Stehaufmännchen, das sich immer wieder neu erfindet.
Aber finden Sie nicht auch, dass das schon seit vielen Jahren stockt? Heilbronn war mal eine tolle Einkaufsstadt mit einem attraktiven Branchenmix und einem großen Einzugsgebiet sogar aus dem Ludwigsburger und Stuttgarter Raum. Heute sieht man vornehmlich Handyläden, Discounter und Leerstand. Ich glaube, das lässt sich nicht wegdiskutieren.
Handel ist freie Marktwirtschaft. Was sich verkaufen lässt, wird angeboten. Was sich nicht verkaufen lässt, verschwindet vom Markt.
Was macht dann eine Stadt noch aus?
Die Handelsflächen reduzieren sich, es gibt heute Flagship- Stores und Online-Bestellung. Ich bin kein Fan davon, aber das sind eben neue Wege. Wenn man die intelligent nutzt, dann wird eine Innenstadt auch weiterhin belebt werden können. Ich beobachte die Entwicklungen in den Städten natürlich auch. Ich will Handyläden und Nagelstudios nicht verdammen, aber man muss doch immer fragen, warum sich sowas entwickelt. Ein Einzelhändler schließt ja nicht, weil er zu viel verdient. Jeder geschlossene Laden ist einer zuviel. Und jeder, der ins Internet geht und dort bestellt, trägt zu dieser Entwicklung bei. Deshalb ist es eine Herausforderung, den Mix und auch das Gleichgewicht zu finden zwischen stationärem Handel und Online- Handel. Wir haben unter anderem den Leerstand im Masterplan Innenstadt analysiert. Der Leerstand in Heilbronn wird sicherlich durch das Wollhauszentrum dominiert. Das wird durch die ungeklärte Situation der Eigentumsverhältnisse noch verstärkt. Der Stadt sind die Hände gebunden, schließlich kann sie nicht über fremdes Eigentum bestimmen. Aber: Heilbronn hat im Vergleich zu anderen Städten einen unterdurchschnittlich hohen Leerstand. Ich möchte hier auch ein Stück weit an die Hauseigentümer appellieren.
Der Ruf des Jahrhunderts!
Der Ruf des Jahrhunderts. Das ist eine Generation, die in den 20er, 30er, 40er Jahren geboren ist und ein Geschäft aufgebaut und davon die Familie ernährt hat. Da hat die ganze Familie im Laden gestanden, dann haben die Nachkommen das Geschäft übernommen und die Gründer haben sich zurückgezogen. Erfreulicherweise leben die Gründer noch, nutzen ihre Immobilie aber oft nur noch als Geldanlage. Meist hängt noch eine Erbengemeinschaft dran, die auch davon profitieren will. Und es ist ja nachlesbar, dass wir in Heilbronn teilweise Mietpreise bis zu 100 Euro pro Quadratmeter in der Innenstadt haben. Und das ist einfach unanständig. Das kann heute kein Geschäft mehr erwirtschaften. Da möchte ich an die Vernunft der Eigentümer appellieren, denn ein Hausbesitzer macht sich seine Immobilie durch solch eine Preispolitik selbst kaputt. Meine Bitte ist es, dass man die Verantwortung nicht immer nur bei der Stadt sucht, die nur einen geringen Einfluss nehmen kann, sondern dass sich die Hausbesitzer mit Blick in die Zukunft ihrer Verantwortung bewusst werden und sich einbringen.
Steffen Schoch
Warum gelingt es in Heilbronn nicht, leere Geschäfte oder zumindest die Schaufenster temporär besser, sprich: attraktiver zu nutzen?
Ich würde mich über den Mut zu neuen Ideen und die Unterstützung von Startups freuen, zum Beispiel einen Unverpackt- Laden wie in Stuttgart oder Ludwigsburg. Oder einen Trend-Shop, ein neues Modelabel, einen Bio-Lebensmittelladen. Das könnte ich mir alles gut vorstellen für Heilbronn. Ich glaube, die Zeit war noch nie so gut, um neue Produkte neue Themen auszuprobieren. Fast zehn Prozent der Heilbronner Bevölkerung werden in naher Zukunft Neubürger sein, wir haben ein internationales Publikum. Über 140 Nationen leben in Heilbronn und ich denke, die Stadt könnte auch als Testmarkt interessant sein, hier ganz neue Zielgruppen anzusprechen. Noch ein Wort zu den Sortimenten. Der Mix ist das Entscheidende für eine erfolgreiche Einkaufsstadt. Filialisten gehören heute in eine Innenstadt und übernehmen teils auch Magnetfunktion. Heilbronn kann aber auch mit inhabergeführten Geschäften punkten, die gerade auch im hochwertigen Segment einiges zu bieten haben. Als Orientierung dient hier gerade auch für externe Gäste der Shopping- und Gastroguide, an dem viele individuelle Geschäfte mitgewirkt haben. Der wird sagenhaft gut angenommen. Die erste Auflage mit 20.000 Exemplaren war binnen weniger Wochen vergriffen. Die zweite Auflage kommt zur Bundesgartenschau heraus. Ziel ist es, den Guide dann in vielen Hotels und Hotelzimmern auszulegen.
Steffen Schoch
Dann ist es aus Ihrer Sicht im Vergleich mit anderen Städten also gar nicht so schlecht um die Einkaufsstadt Heilbronn bestellt?
Heilbronn ist nach wie vor eine tolle Einkaufsstadt mit ganz eigenem Profil und eigenen Stärken. Natürlich nicht vergleichbar mit München oder Berlin, das ist ja klar. Aber das wollen wir auch gar nicht. Die Heilbronner Innenstadt entwickelt sich als multifunktionaler Lebens- und Wirtschaftsraum weiter. Kultur, Events, Einzelhandel, Gastronomie und Freizeitangebote sorgen dafür, die Innenstadt als Treffpunkt im gesellschaftlichen Leben der Stadt zu verankern. Wir arbeiten mit allen Beteiligten eng zusammen bei Fragen etwa: Wie erschließen wir den Neckar? Wir arbeiten ständig daran, das Image der Stadt zu verbessern. Wer bei uns einkauft, soll seinen Einkauf auch feiern können, bei einem Gläschen Sekt in einem schönen Restaurant. Das sind alles Dinge, die wir ständig erweitern. Und wir haben beste Voraussetzungen, um da nachhaltig erfolgreich zu sein. Und was ich auch noch sagen möchte: So eine enge Vernetzung zwischen Stadtinitiative, Heilbronn Marketing und Stadtverwaltung hat‘s noch nie gegeben. Wir diskutieren heute über ganz andere, anspruchsvollere Themen als das noch vor Jahren der Fall war. Natürlich werden uns die Themen nie ausgehen, hoffentlich werden sie uns nie ausgehen. Wir müssen uns reiben, denn nur Reibung erzeugt Wärme. Und die Energie brauchen wir um zu gemeinsamen Lösungen zu kommen von denen alle profitieren. Zu jeder Veranstaltung, die wir machen, versuchen wir, den Handel mitzunehmen. Aber der Handel muss auch mitziehen und kann zum Beispiel nicht bei Veranstaltungen, die bis 20 Uhr gehen, in bestimmten Ladenstraßen um 16 Uhr den Laden zumachen. Das sind Ausnahmen, aber es gehört zur Wahrheit auch dazu. Man muss die Bälle, die man zugespielt bekommt, aufnehmen. Aber wir können immer nur den Rahmen schaffen, wir können den Kunden bis zur Ladentür bringen, über die Schwelle muss ihm dann der Handel helfen. Alles was wir als Heilbronn Marketing unternehmen, verstehen wir als Beitrag zum City-Management. Drum sage ich immer: Wir hatten noch nie so viele City-Manager wie heute.
Heilbronn ist im Bauboom, im Stadt- und Landkreis schießen neue Hotels aus dem Boden, nicht zuletzt um den erwarteten Besucheransturm zur Buga von 2,2 Millionen Menschen bewältigen zu können. Alleine in Heilbronn entstehen 2019 über 800 neue Betten. Wie lassen sich die Betten nach der BuGa füllen?
Ich freue mich riesig über das neue Angebot, das jetzt in Heilbronn entsteht. Ich verstehe aber auch Hoteliers, die sich über die künftige Auslastung ihrer Häuser Gedanken machen. Die »experimenta« ist – ich glaub‘, ich kann das sagen - das größte Science-Center nicht nur Deutschlands sondern Europas, wenn nicht sogar weltweit mit dieser einmalig spektakulären Architektur. Die »experimenta« wird weit über 2019 hinaus Besucher aus Deutschland und der ganzen Welt anziehen, gerade auch Architekten. Was sich in Heilbronn städtebaulich gerade tut, mit innovativen, nachhaltigen Büro- und Wohnkonzepten, ist einzigartig. Die »experimenta« ist die Speerspitze von allem. Und ich bin sicher, dass sie das Bild der Stadt künftig ganz stark prägen wird. Das wird sich in den Köpfen internationaler Gäste festsetzen als stadtprägendes Motiv, so wie in Paris der Eifelturm oder in Berlin das Brandenburger Tor. Wir haben die passenden Pakete geschnürt: Kombi-Angebote für »experimenta«-Besucher mit Übernachtung samt kulinarischem Highlight und Extra-Angeboten für Familien. Und ich kann mir gut vorstellen, dass sich die »experimenta« auch mal auf der Partner-CMT von Baden-Württemberg in China präsentiert. 90 Prozent der chinesischen Besucher in Baden- Württemberg sind zwischen Heidelberg und dem Stuttgarter Raum unterwegs. Und zwischendrin liegt Heilbronn. Und auch bei uns studieren schon heute Asiaten. Wir werden also auf jeden Fall auch nach der Buga die Betten voll kriegen. Was vielleicht noch fehlt, sind Angebote im Drei- Sterne-Segment etwa ein MotelOne oder ein Steigenberger Intercity Hotel. Heilbronn hat mit derzeit 1.928 Hotelbetten bei fast 130.000 Einwohnern einen sehr geringen Anteil. Und Heilbronn verträgt mehr.
Welche Rolle soll die Harmonie mit dem Kongresshotel künftig spielen?
Heilbronn wird mehr und mehr zum Kongressstandort. Die Harmonie schafft mit dem neuen Kongresshotel die notwendigen Rahmenbedingungen: Tagungen mit Übernachtungen von bis zu 800 Teilnehmern von Heilbronner Firmen, die bislang an andere Standorte ausweichen mussten, werden nach Heilbronn kommen. Wir können neben Tagungen und Kongressen Gremiensitzungen und auch private Großveranstaltungen und vieles mehr durchführen. Uns liegen schon jetzt zahlreiche Kongressanfragen für 2020 vor, mindestens ein Dutzend.
Können Sie da schon etwas nennen?
Zum Beispiel Motivationstrainer, die hier Seminare machen mit 1.600 Teilnehmern. Sowas war seither überhaupt nicht möglich. Wir werden mit einem großen Handelsunternehmen – nicht das, an das wir jetzt alle denken (lacht), sondern einem Verband von Lebensmitteleinzelhändlern, die hier eine Tagung mit Mitgliedern aus dem gesamten europäischen Raum abhalten, zusammenarbeiten. Im Bereich Bauwesen ist eine Anfrage da. Das sind alles Leute, die nach Heilbronn kommen und vorher noch nie hier waren. Und da brauchen wir Hoteliers, die nicht nur Dienst nach Vorschrift machen, sondern in den Hotelzimmern auch für einen Überraschungseffekt sorgen. Eine kleine Aufmerksamkeit, ein Gutschein, Frühstück für Kinder, eine Stadtführung oder ein Besuch im Weingut. Wir gehen davon aus, dass wir mit den gestiegenen Kapazitäten viele Anfragen aus den Regionen wieder in die Stadt holen werden. Insgesamt setzen wir große Erwartungen in neue Märkte wie Frankreich oder die Schweiz. Wir haben im Moment in Heilbronn rund 350.000 Übernachtungen, das wird sich in diesem Jahr durch die Buga bei 500.000 einpendeln. Tendenz für die kommenden Jahre steigend. Das sind 150.000 Menschen mehr, die zum Einkaufen in die Stadt gehen und die Gastronomie nutzen. Dieses Plus an Menschen wird die Stadt verändern, und Heilbronn wird sich in den kommenden Jahren nochmal von einer ganz neuen Seite zeigen können.
Mit Heilbronn verbinden sich Traditionsveranstaltungen wie Pferdemarkt, Neckarfest, Volksfest, Weindorf, Hafenmarkt. Sie haben die 10.000 Studenten schon erwähnt. Gibt es neue Ideen für junge Leute?
Uns ist es wichtig, dass die guten, bewährten Veranstaltungsformate der Stadt erhalten bleiben. Wir wollten auf keinen Fall Traditionen zerschneiden und zum Beispiel Märkte, die es schon Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte gibt, von der Bildfläche verschwinden lassen. Das würden uns die Menschen nicht verzeihen. Gleichzeitig arbeiten wir ständig daran, alle unsere Veranstaltungen auch für das jüngere Publikum noch attraktiver zu machen. Zum Beispiel mit dem Studententag auf dem Weindorf, der Scheunenparty beim Pferdemarkt, dem Musikprogramm bei Jazz & Einkauf, dem Stadtstrand oder den schon erwähnten Stadtführungen per Kanu, Trikke oder Segway.
Welche Rolle soll das Käthchen künftig spielen?
Eine ganz große! Das Käthchen von Heilbronn ist historisch und modern zugleich. Durch die Interpretation der jungen Damen, die das Käthchenamt bekleiden, wird die Symbolfigur der Stadt ins Jetzt und Hier transportiert. Das Stadtmarketing nutzt die Symbolfigur für die Vermarktung Heilbronns, zum Beispiel bei Stadtführungen oder, ganz neu, beim Käthchen-Weihnachtsmarkt, wo das Käthchen eine aktive Rolle spielen wird.
Es wird immer schwieriger, internationale Künstler nach Heilbronn zu holen, weil die Kapazität der Harmonie nicht mehr ausreicht, manche sagen: nicht mehr zeitgemäß ist. Die großen Konzerte finden in Stuttgart und Mannheim statt. Hat Heilbronn hier eine Chance vertan?
Heilbronn liegt in unmittelbarer Nähe zu den Metropolen Stuttgart, Mannheim und ich würde Frankfurt noch dazu nehmen. Da kommt man problemlos von Heilbronn aus hin. Die Kulturangebote ergänzen sich wunderbar. Eine Stadt muss nicht alles haben.
Ist auf mittlere Sicht in Heilbronn eine Event-Arena geplant?
Falls es eine Nische für Heilbronn geben sollte, ist das theoretisch denkbar. Wir haben mit dem Frankenstadion aber eine tolle Open-Air-Location für große Events. 2013 waren wir mit den Toten Hosen mit 25.000 Besuchern restlos ausverkauft. Das war das größte Konzert, das wir in Heilbronn je hatten. Auch Pink und Peter Maffay waren nahezu ausverkauft. Und mit dem Wertwiesenpark haben wir eine weitere attraktive Open-Air-Location für bis zu 8.500 Besucher.
Wie wollen Sie über die Buga hinaus das Umland verstärkt nach Heilbronn ziehen, auf welchem Weg Touristen für Heilbronn begeistern?
Indem wir Synergien schaffen. Heilbronn platziert sich immer gemeinsam mit dem Umland. Indem wir unser Profil stärken und den Markenkern für Besucher weiter erlebbar machen. Mit der »experimenta« als Besuchermagnet. Und indem wir unsere Veranstaltungen im Umland stärker bewerben. Dass das funktioniert, hat sich beim letzten Weindorf gezeigt. Ich glaube, wir können heute zum ersten Mal die Frage wirklich beantworten: Was tut das Oberzentrum Heilbronn für die Region? Heilbronn ist wieder Zentrum der Region und wird diesem Anspruch auf allen Feldern gerecht.
Was macht für Sie persönlich den besonderen Reiz von Heilbronn aus?
Die einzigartige Lage mit Weinbergen und Neckar. Die klimatischen Bedingungen: Es ist immer etwas wärmer und sonniger als anderswo. Alles ist fußläufig erreichbar. Und die Dynamik der Stadt. Eingeläutet durch die Buga bin ich mir sicher, dass in den nächsten Jahren weitere Highlights folgen werden. Mein Wunsch wäre ein Weinerlebnismuseum in der Innenstadt.
Steffen Schoch über Heilbronn
Steffen Schoch (52)Der gebürtige Heilbronner ist seit 2015 Geschäftsführer der Heilbronn Marketing GmbH (HMG). Zuvor war er Wirtschaftsförderer im Nordschwarzwald und Personalberater. Bevor der ausgewiesene Marketingexperte von 1999 bis Ende 2011 Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Heilbronn- Franken (WHF ) wurde und in dieser Position u.a. Mitbegründer des »Deutschen Kongresses der Weltmarktführer«, war er für die deutschen Zement- und Betonhersteller in leitenden Positionen im Bereich Marketing und Lobbyarbeit tätig.