Foto: HMG/Ulla Kühne
Heilbronn Panorama
Alle drei Jahre stellt das Prognos-Institut die Frage: Wie zukunftsfähig sind die 401 deutschen Regionen und Landkreise? Die Antworten gibt es jetzt im Zukunftsatlas 2019, den das Handelsblatt veröffentlicht hat. Heilbronn liegt weit vorne - noch.
Insgesamt zeigt der Zukunftsatlas 2019, dass der Abstand zwischen zukunftsfähigen und nicht-zukunftsfähigen Regionen immer kleiner wird. Auch die Ost-Bundesländer und die ländlichen Regionen holen auf. Doch wie auch 2016 zeigt sich ein starkes Süd-Nord-Gefälle: 21 der 25 Top-Standorte liegen in Süddeutschland. Außerhalb Süddeutschlands schaffen es nur die vier Städte Wolfsburg, Düsseldorf, Hamburg und Münster in die Top 25 – also die Regionen mit der höchsten Zukunftsfestigkeit. In Ostdeutschland erreichen nur die Städte Dresden, Jena, Potsdam, Berlin und Leipzig die Gruppe der Regionen, in denen die Zukunftschancen überwiegen.
München erneut auf Platz 1, Stuttgart auf Platz 5, Heilbronn auf 32
Nach wie vor liegt auf Platz 1 München, auf Platz 2 der Landkreis München und auf Platz 3 Ingolstadt. Den letzten Platz belegt Stendhal.
In Baden-Württemberg schneiden Stuttgart (Platz 5 der Gesamtwertung) und Böblingen (Platz 7 der Gesamtwertung) am besten ab. Heilbronn liegt auf Platz 32 und der Landkreis Heilbronn sogar auf Platz 22 der Gesamtwertung im Zukunftsranking der 401 Städte und Kreise. Der Landkreis Ludwigsburg belegt sogar Platz 18, der Hohenlohekreis den 55. Platz, der Neckar-Odenwald-Kreis Platz 207.
So wird gewertet
Der Prognos Zukunftsatlas bewertet die Zukunftschancen und -risiken aller 401 Kreise und kreisfreien Städte Deutschlands. Bewertet wurden die Dynamik, Stärke, Demographie, der Arbeitsmarkt, die Innovation und der Wohlstand anhand von 29 makro- und sozi- oökonomischen Indikatoren. Sie unterteilen sich in Stärke- und Dynamikindikatoren. Die Stärkeindikatoren geben Auskunft über den Ist-Zustand (Standortstärke) eines Kreises/einer Stadt. Zum Beispiel: Ziehen junge Menschen mehrheitlich zu oder wandern diese mehrheitlich eher ab? Wie hoch ist die Arbeitslosigkeit? Wie viele Patente werden in der Region an- gemeldet? Die Dynamikindikatoren bilden ab wie sich der Kreis/die Stadt im Zeitverlauf entwickelt hat. Beispielsweise wie hat sich die Bevölkerungszahl in der Region entwickelt? Konnte der Kreis/die Stadt in den letzten Jahren Beschäftigung aufbauen?
Wohnungsmangel
Erstmals wurde zusätzlich zum Zukunfts-Ranking ermittelt, wo Wohnungsangebot und -nachfrage aus der Balance geraten sind, und in welchen Regionen Wohnraum fehlt: Der neue Immobilienatlas gibt an, wie hoch die relative Wohnungsbaulücke bezogen auf den Wohnungsbestand einer Region ist. Die Ergebnisse zeigen, dass die Wohnungsmärkte in einem erblichen Ungleichgewicht sind. Dabei ist der Anteil der Wohnungsbaulücke in 98 Regionen – also fast einem Viertel aller Kreise und kreisfreien Städte überdurchschnittlich ausgeprägt. Das gilt etwa für die Stadt Heilbronn, die in die Kategorie mit dem höchsten Fehlstand eingeordnet wurde (siehe drei schwarze Punkte auf der Zukunfts-Karte).
Prognos/Handelsblatt
Prognos Karte
Der Prognos-Zukunftsaltlas zeigt farblich markiert, wie hoch die Zukunftschancen sind. Rot steht für sehr viele Chancen, Blau für ein Überwiegen der Risiken. Die schwarzen Punkte an Städten und Kreisen zeigen an, wie unausgeglichen der Wohnungsmarkt ist - drei Punkte stehen für eine besonders starke Lücke. Hier wurde der südliche Teil des Prognos-Atlas, den das Handelsblatt veröffentlichte, vergrößert.
Was zu tun ist
Heilbronn liege gerade bei der Dynamik sehr weit vorne, freut sich Peter Schweiker, Geschäftsführer der IHK Heilbronn-Franken. Jedoch: "Auch die uns umgebenden Metropolregionen wachsen, habe eine starke Dynamik." Ausruhen wäre also verkehrt.
Als Bereiche, bei denen mehr getan werden müsse, nennt Schweiker:
- Die Bildung / Wissenschaft: Mit dem neuen Bildungscampus und der Kooperation mit der TUM "passiert viel". Aber: "Auch Heidelberg, Mannheim und Stuttgart locken." Und: Die Studenten sollten auch nach dem Abschluss bleiben. Die Forschung müsse dazu ausgebaut werden.
- Digitale Infrastruktur: "Stuttgart hat geade eine Kooperation mit der Telekom über 1 Milliarde Euro geschlossen." Glasfaser-Netze seien auch für Heilbronn und die Region essenziell. "Dem Bürger reicht das Netz im Moment vielleicht noch aus. Doch es geht um Standortentscheidungen von Unternehmen, die bald davon abhängig gemacht werden, ob sie Zugang zur Datenautobahn haben. Es geht um die Mobilität der Zukunft, um Dienstleistungen der Zukunft." Er kann sich eine Zusammenarbeit von Öffentlicher Hand und Unternehmen vorstellen, um das Glasfasernetz zu finanzieren und umzusetzen.
- Fachkräfte: Die Willkommenskultur könne noch etwas mehr gelebt werden. Klar, es sei "bemerkenswert", sagt Peter Schweiker, wenn die Bahn zwischen Abstatt und Heilbronn schon mal von mehr indischen Fachkräften als von heimischen Pendlern genutzt werde. Aber: "Die Wirtschaft ist sehr an ausländischen Fachkräften interessiert und daher auch an einer offenen Willkommenskultur." Das sei etwas, was jeder Bürger für sich umsetzen könne. Gut sei, dass die Finanzierung für das Welcome Center gerade bestätigt worden sei.
Auch Dr. Andreas Schumm, Geschäftsführer der Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken GmbH, freut sich über den Erfolg: „Dies ist zum einen die Bestätigung für die sehr gute Arbeit des Welcome Centers in den vergangenen fünf Jahren und zugleich eröffnet uns dies die Möglichkeit auch weiterhin für Unternehmen und internationale Fachkräfte in der Region Heilbronn-Franken beratend tätig zu sein.“
Verkehr/Mobilitätswende: Heilbronn und die Region sind hier als Standort großer Unternehmen, als Standort der Automobilindustrie sowie als Zentrum mit einem eng vernetzten ländlichen Umfeld gleich mehrfach betroffen. Der ganz große Traum sei es, so Schweiker, "mehr Waren mit weniger Verkehr" umzusetzen. Unter anderem daran forsche das Frauenhofer Institut. Grundsätzlich werde sich die Mobilität erheblich wandeln. "In Städten wie London, Stuttgart oder Berlin verzichten die Menschen schon auf das Auto." Vor allem junge Menschen nutzten gezielt die öffentlichen Verkehrsmittel. Vor diesem Hintergrund warnt er auch davor, nur auf den ICE-Anschluss zu pochen. Denn gerade bei den vielen kleinen Orten in der Umgebung würde der ICE nicht halten. "Da muss man abwägen: Will ich den Nahverkehr - und schaffe bessere Verbindungen zum nächten ICE-Bahnhof? Oder brauche ich eine eigene ICE-Struktur?" Der Mobilitäts-Wandel werde nicht nur durch technische Entwicklungen bestimmt. "Das geht massiv auch von den Menschen aus." Da greife dann ganz rasch das Prinzip von Nachfrage und Angebot.
Prognos/Handelsblatt
Prognos Zukunftsatlas
Ausgewählte Regionen aus dem Prognos-Zukunftsatlas und ihre Bewertung in den einzelnen Kategorien