Foto: Wilhelma Stuttgart
Die Kalifornischen Seelöwinnen Mercedes und Bella sind als erste Tiere in das derzeit leer stehende Eisbärengehege umgezogen.
Ein Ausflug in die Sommerfrische ist für Zootiere selten und der Umzug von Robben in ein Eisbärengehege klingt nach Abenteuerreise. Doch für die Seelöwen der Wilhelma in Stuttgart bedeutet dieser zeitweilige Umzug erlebnisreiche Abwechslung, die absolut ungefährlich ist. „Manchmal muss man kreativ sein“, sagt Direktor Dr. Thomas Kölpin, „wir haben aus der Pflicht eine Tugend gemacht.“
Denn das angestammte Bassin der Seelöwen vor dem Aquarium muss dringend saniert werden. Damit die Tiere in der Zeit nicht auf dem Trockenen sitzen oder den Augen der Besucher entzogen sind, nutzt die Wilhelma den Umstand, dass die Eisbärenanlage mit dem großen Tauchbecken nach dem Tod der Bewohnerin Corinna gerade leer steht.
Als Pioniere werden zuerst von der Robbenfamilie Mercedes und Bella das neue Terrain auskundschaften und einem Expertentest unterziehen, ob die Eisbärenanlage auch wirklich seelöwentauglich ist. Sie sind gestern, umgezogen. Vorerst bleibt der Bulle Unesco mit dem Rest der Sippe im vertrauten Becken, wo auch die beliebten Schaufütterungen täglich (außer donnerstags) um 11 und 15 Uhr weiterhin zu sehen sind.
Doch die ersten Eindrücke der Sommerfrischler sind erquickend. „Der Transport lief perfekt, die Tiere waren superentspannt und sind ganz ruhig angekommen“, berichtet die Pflegerin Lesley Kirchner. Bella ging am Urlaubsort zuerst vor die Tür. „Mercedes ist eigentlich die Chefin in der Gruppe, hier orientiert sie sich aber erstaunlicherweise an der deutlich älteren Bella und bleibt ganz dicht bei ihr“, so Kirchner. Die 26-jährige Bella soll prüfen, ob die Unterkunft auch seniorengerecht ist. „Sie ist unsere Oma“, sagt die Pflegerin. „Im Stammbecken ist jetzt noch Paarungszeit. Da tut es Bella ganz gut, dass sie davor erstmal ein bisschen Ruhe hat.“ Als Begleitung fiel die Wahl auf Mercedes, weil deren Tochter Samantha mit 14 Monaten inzwischen selbstständig Fisch frisst und sich auf den Umzug in einen anderen Zoo vorbereiten soll. Die Trennung von der Mutter steht also ohnehin bevor.
Wenn alles gut klappt, folgen Unesco und Co. den beiden Pionierinnen in den nächsten Wochen in das Eisbärengehege. Die Sanierung des Stammbeckens soll im Laufe des Herbsts erfolgen. In der Zeit sind die Schaufütterungen dann auf der Eisbärenanlage zu sehen. „Ein schöner Nebeneffekt“, sagt Direktor Kölpin, „ist, dass die Besucher durch die Unterwasserfenster im Ausweichquartier die Seelöwen auch einmal beim Tauchen beobachten können.“
Eine Entscheidung, ob hier später wieder Eisbären einziehen, wenn die Seelöwen nach der Beckensanierung zurück in den unteren Parkteil wechseln, ist noch nicht gefallen. „Das ist eine langfristige Weichenstellung, die wir uns genau überlegen“, erklärt Kölpin. „Die Anlage ist in die Jahre gekommen. Wir müssen klären, wie sie zu ertüchtigen wäre und welche Empfehlung uns das Europäische Erhaltungszuchtprogramm für Eisbären gibt. Da man bei diesen Sommertemperaturen ohnehin keine Eisbären transportiert, haben wir dafür Zeit.“