»Ich möchte mich gesünder ernähren«: Mit diesem Vorsatz starten viele motiviert ins neue Jahr. Aber gibt es »die eine« gesunde Ernährun
gsweise überhaupt? Muss eine ausgewogene Ernährung immer Verzicht bedeuten? Und wie schafft man es, seine selbst gesteckten Ziele zu verwirklichen? MORITZ hat bei zwei Ernährungsberatern der Region nachgefragt.
Laut einer Befragung des Online-Statistik-Portals »Statista« gaben zu Beginn des Jahres 2020 39 Prozent der Befragten an, sich gesünder ernähren zu wollen, womit dieser Vorsatz auf Platz drei hinter »mehr Sport« und »weniger Zeit in sozialen Netzwerken« lag.
Dass die Nachfrage nach individueller Ernährungsberatung zum Jahreswechsel steigt, kann aus eigener Erfahrung Hanna Bender berichten, die ein Studio für Ernährungsberatung in Mosbach betreibt. »Über Weihnachten ist es in der Praxis meist eher ruhig, aber viele möchten zum Start ins neue Jahr ihr Wohlbefinden steigern, womit auch eine gesunde Ernährung und mehr Bewegung einher geht.« Dabei herrschten oft falsche Vorstellungen darüber, wie eine gesunde Lebensweise auszusehen habe. Bender beobachtet, dass gerade beim Thema Ernährung zahlreiche Mythen im Umlauf seien: »Viele Menschen meinen zu wissen, wie sie sich gesund zu ernähren haben, aber oft ist es einfach nicht richtig. Unter den vielen Informationen, die man sich im Internet anlesen kann, kursieren leider auch viele falsche«, sagt Bender. Oft sei es auch die Werbung, die etwa Limonaden oder andere Getränke als wenig Zuckerhaltig bewirbt, was jedoch nicht unbedingt stimme.
Grundsätzlich hält Bender es bei einer geplanten Ernährungsumstellung wie einer Diät für wichtig, sich keine Verbote zu setzen: »Diäten nach dem Motto: Ich darf dieses und jenes nicht essen, führen schnell zu einem Motivationsverlust und im Extremfall zu Frustessen.« Stattdessen sei es wichtig, s
ich auf die Lebensmittel zu konzentrieren, die einem guttun – auch ab und an ein Stück Schokolade sei nicht grundsätzlich verboten. Zielführend seien außerdem kleine Schritte: Man sollte nicht gleich mit dem Wunsch in die Diät starten, 20 Kilo in vier Wochen zu verlieren, besser seien kleine Etappenziele. Bender: »Das Ziel bei der Diät muss es immer sein, einen Mittelweg zu finden zwischen Gesundheit und Genuss. Dann können langfristige Erfolge erzielt werden.«
Auch Harry Richter berät in seiner ganzheitlichen Gesundheitspraxis in Sinsheim Menschen zum Thema Ernährung. Er arbeitet dabei nach dem Prinzip der individuellen Typbestimmung und erklärt: »Welche Nahrungsmittel einem guttun und welche nicht, hängt von zwei entscheidenden Faktoren ab: Die genetische Stoffwechselprägung, die sich aus der Blutgruppe und dem Stoffwechselverbrennungstyp zusammensetzt und der epigenetischen Stoffwechselprägung, die durch Ernährung, Lebensstil, Lebensphasen, Erkrankungen und Umwelt beeinflusst wird.« Ernährung sei extrem individuell, weshalb es schwer zu sagen sei, wie eine allgemeingültige gesunde Ernährung auszusehen habe. Auch Lebensmittel, die nach landläufiger Vorstellung als wohltuend gelten, müssen dies nicht unbedingt sein: »Manche glauben, sie essen gesund, wenn häufig Auberginen oder Hülsenfrüchte auf dem Teller landen. Es kann aber sein, die ganzheitliche Analyse zeigt, dass diese Lebensmittel gar nicht zu der Person und ihrer aktuellen Stoffwechselsituation passen.« Herauszufinden, wie eine individuell auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittene Ernährung auszusehen hat, sei daher der erste wichtige Schritt. Grundsätzlich sei es so, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages sein sollte: »Der Dickdarm ist am Morgen zwischen fünf und sieben Uhr am aktivsten, deswegen macht es Sinn am Morgen diese Energie zu nutzen«, sagt Richter. Der Sinsheimer bedauert, dass wir unseren Körpern oft so viele schädliche Stoffe zuführen: »Laut Weltgesundheitsorganisation sind etwa 80 Prozent der Zivilisationskrankheiten ernährungsmäßig bedingt.«
Gerade in der rapiden Zunahme von Diabetes Typ 2 sieht Richter eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Er ist überzeugt: »Würde sich auch nur die Hälfte der Bevölkerung ihrem Typ entsprechend ernähren, wäre die Gesellschaft deutlich leistungsfähiger und zufriedener.«