In diesem Sommer kann man sich in Aalen auf ein großes Theater-Highlight freuen. Im Schloss Wasseralfingen ist das Stück »Harold und Maude« zu sehen. Im MORITZ-Interview spricht Regisseur Julius Max Ferstl über die Aktualität von Harold und Maude und die Bedeutung von zwischenmenschlichen Beziehungen.
Warum haben Sie sich entschieden, das Stück »Harold und Maude« aufzuführen? Sommerproduktionen sind immer nicht ganz einfach auszuwählen, weil man mit ihnen natürlich immer viele Menschen erreichen möchte, das Stück aber gleichzeitig auch immer etwas sommerlich Leichtes haben sollte. Gleichzeitig möchte ich auch ein Stück inszenieren, das in die Tiefe geht. Dafür ist »Harold und Maude« das perfekte Stück, auch wenn der Film natürlich schon etwas in die Jahre gekommen ist. Es kommt erst einmal komödiantisch um die Ecke, bringt aber ganz viele tiefgehende Momente mit und beschreibt viele Themen, die nicht nur in den 1970er Jahren aktuell waren, sondern bis heute den Puls der Zeit treffen.
Was macht das Stück so zeitlos?
Es geht im Kern des Stückes um eine zwischenmenschliche Beziehung von zwei Menschen, die sich auf der Schwelle zwischen Freundschaft und Liebe befindet. Es ist also eine Beziehung, die einfach den Normen nicht entspricht und die außerhalb von einem Schubladendenken stattfindet. Gerade das ist auch heute total aktuell. Es gibt viele Menschen, die sich weigern, Dinge auf einer Skala zu betrachten und sie schnell in Schwarz oder Weiß einordnen. In unserem Sommertheater möchten wir aber vor allem die Grautöne betrachten: Es gibt eben nicht nur Liebe oder Freundschaft. Was auch sehr beeindruckend an »Harold und Maude« ist, dass sich die Konvention im Verlauf der Handlung oft selbst in den Schwanz beißt. Denn die Figuren außer Harold und Maude, die die Beziehung der beiden so absurd finden, sind selbst in ihren Strukturen und ihrem Schubladendenken gefangen. Was sich in der Probenarbeit herausgestellt hat, ist, dass viele der Figuren einfach wahnsinnig aneinander vorbeireden. Nur Harold und Maude finden einen Ton, bei dem sie klar und direkt miteinander kommunizieren können.
Die Beziehung der beiden Hauptfiguren steht also im Mittelpunkt. Wie wurden die beiden Rollen besetzt?
Die beiden Rollen richtig zu besetzen war natürlich eine große Herausforderung. Bei der Auswahl unserer Maude war es mir sehr wichtig, dass die Schauspielerin aus der Region kommt. Bei unserer Suche sind wir sehr rasch auf Verena Buss aufmerksam geworden. Sie ist eine extrem erfahrene Schauspielerin, die wirklich schon an allen großen Häusern in Deutschland, Österreich und der Schweiz gespielt und es ist für mich eine große Ehre mit ihr arbeiten zu dürfen. Für Harold haben wir uns nach vielen Vorsprechen für Kai Götting entschieden. Er bringt etwas ganz Pures mit und spielt die Rolle nicht groß theatralisch, sondern sehr direkt und etwas melancholisch. Die beiden kannten sich noch nicht, aber bei den Proben haben sie sehr schnell zueinandergefunden.
Schon der Film begeisterte mit seiner guten Musik und auch das Stück soll musikalisch sehr gut unterlegt werden. Worauf können sich die Zuschauer freuen?
Wir haben das Trio Huckberry engagiert, um den Abend musikalisch zu begleiten. Es wird viel Musik von Cat Stevens zu hören sein. Mir war dabei aber auch wichtig, dass wir uns nicht nur auf die Filmmusik versteifen. Daher habe ich auch noch nach anderen Songs aus der Zeit gesucht, die den Abend ein wenig abwechslungsreicher machen. Wir wollen nicht nur genau die Songs aus dem Film genauso nachspielen, sondern sie zu unserem zu machen und auch mal das Genre des ein oder anderen Liedes in den Country- oder Jazzstil zu verändern. Das macht musikalisch sehr viel Spaß.
Welche anderen Unterschiede zum Film wird es im Stück geben?
Was mich am Stück interessiert ist weniger die sexuelle Beziehung zwischen Harold und Maude, die im Film ja ein ganz wesentlicher Aspekt ist, sondern um das Aufbrechen der zwischenmenschlichen Beziehungen. Maude schafft es viele der Figuren auf eine ganz eigene Art anzusprechen und so für viel Wirbel zu sorgen. Im Film sind viele der Figuren sehr überspitzt, bis hin zur Karikatur. Ich möchte sie ernst nehmen. Denn natürlich lässt es eine Mutter nicht kalt, wenn sie regelmäßig von den Suizidversuchen ihres Sohns erfährt. Die Sorgen und Nöte der Figuren und gleichzeitig ihre Absurditäten aufzuzeigen, das soll im Zentrum des Stücks stehen.
Harold und Maude
Protagonist Harold ist fasziniert vom Tod. Als er aus Versehen das Chemielabor des Internats in die Luft gejagt hat, dachte seine Mutter, die wohlhabende Mrs. Chasen, er sei dabei umgekommen. Von der Reaktion seiner egozentrischen Mutter begeistert, beginnt Harold, seinen eigenen Tod in immer neuen Varianten zu inszenieren, um sie zu schocken. Außerdem verbringt er seine Freizeit am liebsten auf Friedhöfen, wo er Beerdigungen fremder Menschen beiwohnt. Auf einer von diesen trifft er die knapp 60 Jahre ältere Maude, die ihn fasziniert wie keine andere. Maude lebt in einem Haus voller bizarrer – manchmal auch lebendiger – Erinnerungsstücke, denen sie ein neues Heim gegeben hat und erfindet Dinge, die der Welt ihrer Meinung nach noch fehlen. Um Harolds ganzen inszenierten Selbstmorden ein Ende zu machen, arrangiert Mrs. Chasen über eine Dating-Agentur Treffen mit jungen Frauen für ihren Sohn und setzt den Therapeuten Mr. Matthews auf ihn an. Doch Harold rast lieber gemeinsam mit Maude in einem gestohlenen Auto durch die Stadt und lauscht Geschichten aus ihrem Leben, bei denen die Grenze zwischen Dichtung und Wahrheit verschwimmt. Zu Maudes Geburtstag plant Harold eine große Überraschung, doch sie hat andere Pläne.
Do. 4. Juli bis So. 4. August, Schloss Wasseralfingen, Aalen
alle Infos und Termine: www.theateraalen.de