Gunnar D´r Schorsch
Der Mössinger Komponist, Texter, Produzent, Gitarrist und Sänger Gunnar Golinski hat sich mit Leib und Seele der schwäbischen Mundart verschrieben. MORITZ hat mit »D’r Schorsch« über sein Leben, seine Rock- & Rock-Blues Songs, seine Band und sein Debüt-Album »Schwäbisch isch Kult« gesprochen.
Dein Nachname lautet Golinski. Bist Du ein Reingeschmeckter?
Kommt darauf an, wen man fragt. Ich bin in Reutlingen geboren, aber schon in der Grundschule wurde ich oft gefragt: »Gell, Du bisch koin Deutscher!« Hat mich schon als Kind immer total irritiert. Mein Vater kam aus Stettin.
Seit wann machst Du Musik?
Meine Rettung im katholischen Internat war die Musik. Ich hatte Lehrer, die mir rockige Musik erlaubten. Schon mit 14 Jahren gingen mir seichte englische und deutsche Texte auf die Nerven, die ich später aus Geld-Gründen oft singen musste. Das ist einer der Gründe, warum ich heute schwäbische Texte mit Inhalt und Seele mache.
Du warst schon immer Berufsmusiker?
Nein. Ich war Drucker, Kaufmann und Marketing-Mensch. Musiker in Vollzeit bin ich seit meiner ersten Midlifecrisis (lacht).
Auf Amazon ist Deine CD nur als Download, nicht als Tonträger verfügbar. Was ist da los?
Stimmt, eine echte Katastrophe. Dieses Monopol betrifft viele kleineren Künstler. Die Marktmacht von Amazon verhindert, dass man ohne großes Label dort CDs einstellen kann. Da hilft nur, viel live zu spielen und die Fans vor Ort zu bedienen.
Was ist für Dich Rock bzw. Rock-Blues?
Die Musik meiner Generation. Druckvolle melodische und handgemachte Musik, ohne Samples, ohne Schnick-Schnack. Live, mit Mut zum Risiko, aber kein Heavy Metal oder Hard-Rock.
Du wohnst am Fuße der Schwäbischen Alb. Was macht die Leute dort so speziell?
Durch die früher dort oft harten Lebensumstände hat sich dort eine eigene Kultur entwickelt. Stamm, Familie, Gemeinschaft – ein Netzwerk zur Überlebens-Strategie. Der Dialekt ist auf das Wesentliche beschränkt. Nach Außen wortkarg »bruddlerisch«, tief im Herzen hilfsbereit und loyal. S‘ dauert halt a Weile bis man warm wird mit einem »Älbler«. Sie sprechen dort einen eher harten und direkten Dialekt ohne Schnörkel und benutzen viele unbekannte Eigenwörter. Ich lerne da nie aus.
Gib uns bitte mal ein Beispiel.
»Hosch mir moal a Gliefle?« Also: hast Du mir mal eine Sicherheits-Nadel? A »Gliefle« kann, regional bedingt, 20 Kilometer weiter weg eine »Gluhfa« sein. Da versteht der Schwabe den Schwaben nicht. Das ist eben Dialekt in all seiner Vielfalt. »Des wäga lernschd Du ed aus!«
Kann man Schwäbisch (er)lernen?
Ich behaupte mal nein. Sicher sind Wortgruppen und Redewendungen erlernbar. Aber freies »Schwäbeln« mit Details, den Dialekt mit Emotionen nicht. Ist aber bei den Sachsen oder Bayern ebenso.
Wie und mit wem setzt Du Ideen um?
Das Projekt »D’r Schorsch & Band« als schwäbische Rockmusik entstand als Idee am Schreibtisch. Ich habe die Musik komponiert, die Texte verfasst und meine Vorproduktionen im Studio eingespielt. Ziele dabei sind auch Spaß und Lust, aber auch Inhalte, die die Schwaben nicht der Lächerlichkeit preisgeben. Schwäbisch ist mehr als nur »Spätzle und Soß«. Dann habe ich die Formation der Band gesucht und mit Florian Wizemann an den Drums, Thomas Bauer an den Keys, Oliver Weislogel an den Gitarren und Hans Joachim Weiss am Bass hochkarätige Musiker gefunden, die national und international erfahren sind und mit mir das schwäbische Lebensgefühl auf der Bühne teilen.
Da fehlt aber noch der Horst, oder?
Klar! (lacht). Unser Alb-Schaaf »D’r Horst« ist unser Maskotchen und mein PR-Manager, falls ich mal nicht kann.
Bist Du an Fußball interessiert? SSV oder VfB?
Eher nicht. Zum SSV habe ich keinen Zugang, muss ich gestehen. Beim VfB kann ich nicht sagen wo das Problem ist. Ich hab einfach Spaß daran, wie man sich über dieses Thema so ereifern kann.
Was ist typisch schwäbisch?
Auf den ersten Blick oft nicht zu erkennen sind das seine Herzlichkeit, Hilfsbereitschaft und Offenheit. Wenn man den Zugang mal hat, spürt man das. Aber das kann dauern.
Am 14. April startet Eure Club-Tournee. Habt Ihr schon eine Fangemeinde?
Offensichtlich. An einer Tankstelle hatte doch kürzlich jemand einen Song von mir als Klingelton gehabt. Leider »hann i den nemme vo’wischt!«, sonst hätte Er eine Freikarte bekommen. Aber, wow. »Des warscho a megga tolles G’fühl!«