Foto: Christiane Ingenthron
7fields
Fast 20 Jahre nach dem Welterfolg »Narcotic« macht Ex-Liquido Mitglied Wolfgang Schrödl wieder musikalisch auf sich aufmerksam. Mit MORITZ-Redakteurin Sophia Budschewski hat er über sein aktuelles Soloprojekt »7fields«, Neid aus den eigenen Reihen, das Gefühl von Heimat und »Schwaben-Bashing« gesprochen.
Deine erste Band Liquido hatte Ende der 90er Jahre mit dem Song »Narcotic« weltweit Erfolg - gab es da aus der Heimat auch Neid?
Der ganze Ort war stolz auf uns. Wir kommen aus der Pampa. Damals haben sich die meisten gefreut, dass man es im Musikbuisiness schaffen kann, auch wenn man nicht aus einer Metropole kommt. Neid gab es auch. Der kam damals von einem guten Freund, mit dem ich ebenfalls in einer Band war. Er hatte den gleichen Traum wie ich, deshalb war er schon neidisch, als ich damals weltweit Erfolg mit Musik hatte und er nicht. Ich fand seine Aussage damals sehr ehrlich und konnte es auch nachvollziehen. Wir sind trotzdem noch gute Freunde.
Seit 2004 bist Du Wahl-Berliner. Stimmt es, dass dort viele Schwaben wohnen?
Das stimmt schon. Die Schwaben fallen durch ihren Dialekt in Berlin einfach extrem auf. Ich bin Badenzer und wir haben es bekanntlich nicht so mit den Schwaben. Aber in Berlin bin ich hochsolidarisch den Schwaben gegenüber. Denn »Schwaben-Bashing« verstehe ich überhaupt nicht. Ich finde es gerade toll, dass Berlin so Multi-Kulti ist.
Ich habe mir den Videoclip von »Narcotic« noch mal angeschaut. Der ist echt kultig. Gefällt er dir noch?
Ich finde den Clip furchtbar - fand ich damals schon. Der ist so weichgespült und etrem poppig. Wir wollten damals ein Indie, Rock Video mit coolen Zeitlupen in schwarz weiß Optik. Mittlerweile gehört es sogar zum 90er Jahre Kulturgut. Damals wollte das Video keiner spielen. Die Fernsehstationen haben den Clip erst ausgestrahlt, als die Single in den Charts war. Dann kamen sie nicht mehr drum rum (lacht). Das ist das schöne an meinem Soloprojekt. Hier backe ich zwar kleine Brötchen, aber ich habe auch die komplette kreative Kontrolle über das Projekt. Ich darf alles entscheiden.
Hast Du auch etwas »Richtiges« gelernt?
Ich habe studiert. Nach der Schule habe ich in Heidelberg Anglistik und Germanistik studiert. Aber das war halbherzig, da mein Traumberuf Musiker war. Als ich mit Liquido in den Charts war, habe ich das Studium sofort geschmissen. In den letzten Jahren war ich dann im Musikbuisiness nicht mehr ausgelastet. Deshalb wollte ich wieder an die Uni. In Berlin habe ich mein Diplom in Gesellschaft, Wirtschaft und Kommunikation gemacht. Das Studium habe ich sehr genossen.
Seit 2004 lebst Du bereits in Berlin. Vermisste Du deine Heimat Sinsheim?
Schon ab und zu. Der Begriff heißt für mich: Da spreche ich meinen Dialekt, kenne die Leute und auch den Humor. Ich erwische mich oft dabei, wie ich sage: »Das ist bei uns in der Heimat aber anders.« Beim Wort Heimat denke ich an ein wohliges Gefühl. Ich mag meine Heimat, ich bin sehr gerne dort. Ich versuche oft meine Freunde und Verwandten zu besuchen.
Welche drei Dinge aus der Heimat vermisst Du?
Auf jeden Fall fehlt mir die Umgangsformen aus Baden-Württemberg. Die Berliner haben eine sehr schroffe Art. Ich vermisse auch meinen Dialekt. Ich spreche sehr gerne Badisch. Ebenso fehlt mir das Klima des Südwestens. Das ist deutlich besser als in Berlin. Natürlich vermisse ich auch Freunde und Familie.
Dein erstes Soloprojekt heißt »7fields«. Warum nicht einfach Wolfgang Schrödl?
Mein Name ist nicht sehr geeignet, deshalb brauchte ich einen Künstlernamen. Die Gemarkung, in der ich aufgewachsen bin in Neckarbischofsheim, die heißt »Sieben Morgen«. Ich wollte was persönliches, da ich einen starken Bezug zu meiner Heimat habe. Die Einheit »Morgen« gibt es im Englischen nicht. Daraus wurde dann eben »7 Fields« - sieben Felder.
Die Songs von Deinem Album klingen nach: »Bei Regenwetter auf der Couch mit einer Decke eingekuschelt Musik hören«. Sind alle Deine Songs melancholisch angelegt?
Genau die Stimmung wollte ich einfangen. Blöd, dass mein Album im Frühjahr erschienen ist (lacht). Ich wusste immer wenn ich solo was mache, dann wird es reduziert, melancholisch und in Singer Songwriter Tradition. Aber gleichzeitig mit elektronischen Sprenkeln.
Sind Deine Songs schon fertig, wenn Du im Studio bist oder entwickeln dieses sich erst bei der Aufnahme?
Die ersten Songs waren schon fertig komponiert. Ich freue mich natürlich trotzdem über Feedback und Ideen vom Produzenten. Weitere Songs meines Soloprojekts haben sich im Studio entwickelt. Das Album ist also eine Mischung aus fertigen und spontanen Songs.
Dein Song »But Your Love« läuft aktuell im Radio. Macht dich das stolz?
Das hat mich echt überrascht. Eigentlich wollte ich keine Radio Promo machen. Meine neue Musik ist eigentlich nicht Mainstream genug um im Radio gespielt zu werden. Trotzdem spielen viele Radiostationen in ganz Deutschland meinen Song. Das zeigt, dass die elektronische Seite Anklang findet. Das freut mich sehr.
Facebook, Twitter, Instagram - es gibt viele Plattformen um Musik publik zu machen. Wie gehst Du damit um?
Für mich als Musiker ist es ein Privileg. Ich möchte der Welt mitteilen was ich musikalisch kann. Dabei lasse ich mich von wenigen »likes« nicht unterkriegen. Zum Teil macht das Spaß, es kann aber auch anstrengend sein. Ich mag es nicht, wenn Musiker zu viel von sich preisgeben. Man sollte immer etwas mystisches haben.
Hast du früher den MORITZ gelesen?
Ja, MORITZ ist mir ein Begriff. Den habe ich früher gerne gelesen, wenn ich in Heilbronn unterwegs war. Vor allem wegen der Veranstaltungen. Gibt es eigentlich die Laube noch?
Ja, die gibt es noch. Warst du da früher feiern?
Auf jeden Fall, da waren meine Freunde und ich immer unterwegs.