Dabei hatte der Pop-Durchstarter zuletzt durchaus auch mit kritischen Gedanken zu kämpfen. »Ich habe in den letzten zwei Jahren auch schon darüber nachgedacht, einfach hinzuwerfen und die Karriere an den Nagel zu hängen. Mir schien der Preis, den ich dafür bezahlen musste, manchmal zu hoch. Eine Liebe, die in die Brüche gegangen ist, meine Familie, die ich kaum noch gesehen habe. Beziehungen, die mir wichtig waren, kaum noch pflegen zu können. Da fragt man sich manchmal, ob es das alles wert ist«, blickt Wincent Weiss nachdenklich resümierend zurück.
Wincent Weiss bewegt
Mit Songs wie »Feuerwerk« und »Frische Luft« sowie dem dazugehörigen Debut-Album »Irgendwas gegen die Stille« zündete die Karriere direkt vom Start weg wie eine echte Rakete. Das Album stieg im April 2017 aus dem Stand auf Platz 3 der deutschen Charts ein und wurde bislang über 200.000 mal verkauft und mit Platin ausgezeichnet. Die größte Auszeichnung für Wincent Weiss selbst war allerdings »die Liebe der Fans«. Über 150.000 Zuschauer bei fünf eigenen Solo-Tourneen und noch einmal mehrere hunderttausend bei zahllosen Open-Airs und Radiofestivals in den letzten drei Jahren. Über 470.000 Follower allein auf Instagram. Wincent Weiss bewegt. Ende 2018 im Rahmen einer US Highschool-Tour mit dem Goethe Institut, wo SchülerInnen mit den Texten seiner Songs ihren Deutschunterricht gestalteten. Oder als Botschafter der deutschen »Kindernothilfe e.V.«, die er in der Projektarbeit unterstützt. Letztes Jahr unter anderem in Peru. »Ich habe noch nie in meinem Leben so intensiv die Erfahrung gemacht, dass überall da, wo du dich öffnest, du selbst bist, dich nicht verstellst - überall da, wo du Liebe gibst, diese Liebe tausendfach zurückkommt. Das war und ist immer noch eine sehr krasse und schöne Erfahrung«.
Immer auf Reise
Das neue Album »Irgendwie Anders« beleuchtet neben den vielen Glücksmomenten vor allem aber auch die Leerstellen im Leben des Wincent Weiss. Denn »die Scheinwerfer, die den Erfolg strahlen lassen, werfen eben auch Schatten«. Gerade für einen Beziehungs- und Familienmenschen wie Wincent Weiss. Quasi ständig unterwegs. Ein Leben im Tour-Bus, in Hotels, ohne richtiges Zuhause. Wenn nach dem Adrenalin und der Euphorie auf der Bühne die Einsamkeit zu einem ins Bett kriecht. Wenn das Vermissen kommt. Wincent Weiss versteckt diese Leerstellen nicht, er thematisiert und teilt sie. Den Song »1993« beispielsweise widmet er seinem Vater, den er nicht kennt, der nie für ihn und die Familie da war. In »Pläne« und anderen Songs geht es um die gescheiterte Beziehung, von der man geglaubt hatte, dass sie eine Zukunft hat. Um die Stiche im Herzen, wenn man erkennt, dass man die geliebte Person verloren hat. An jemand anderen. Mit »Kaum Erwarten« wird dann allerdings der Blick wieder gen Zukunft gerichtet. Es geht um Lebensträume. Und auch die sind – typisch Wincent Weiss – nicht an materiellen Dingen ausgerichtet. Es sind die einfachen Träume eines Beziehungs- und Familienmenschen. Es ist der Wunsch nach Liebe und Geborgenheit. Selbst wenn diese Gefühle für ihn heute, mit mittlerweile 26 Jahren, »Irgendwie Anders« sind.
Wincent Weiss, Samstag, 30. November, 19 Uhr,
Schleyer-Halle, Stuttgart, www.musiccircus.de