Corona änderte vieles – auch die eigentlich fest im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse. Diese war 2020 aufgrund der Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen und Hilfen ausgesetzt worden – vorübergehend. Ein Vorschlag von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) erhitzt nun die Gemüter: Soll die Schuldengrenze gleich für mehrere Jahre ausgesetzt werden? Ein kontroverses Thema, das auch in Baden-Württemberg die Gemüter erhitzt.
»Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen«, steht in Artikel 109 des Grundgesetzes. Die Länder dürfen künftig keine von der Konjunktur unabhängigen Schulden mehr machen, die des Bundes werden auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt. Eine Bestimmung, die 2020 geändert werden musste; die finanzielle Belastung durch die Corona-Pandemie machte es erforderlich hohe Kredite zur Bewältigung der Krise zu ermöglichen. Eine Aussetzung in einer Notsituation und nur vorübergehend – eigentlich.
Kanzleramtschef Helge Braun überraschte im Januar 2021 mit der Forderung, aufgrund der fortlaufenden finanziellen Belastungen infolge der Coronakrise die Schuldenbremse auch in Zukunft weiter auszusetzen: »Die Schuldenbremse ist in den kommenden Jahren auch bei ansonsten strenger Ausgabendisziplin nicht einzuhalten«, so Braun. Aus der Union hagelte es für diesen Vorstoß scharfe Kritik; Zuspruch gab es hingegen von Grünen-Chef Robert Habeck: »Eine Rückkehr zur rigiden Schuldenbremse 2022 würde die notwendigen Investitionen in Klimaschutz, Digitalisierung, Mobilität und Bildung unmöglich machen«, so Habeck. Auch Bundesfinanzminister Olaf Scholz zeigte sich »durchaus offen« für Brauns Vorschlag.
Kritik äußerte auch der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand (PKM) der Unionsfraktion, Christian von Stetten (CDU). In einem Interview mit dem Inforadio rbb betonte er in Bezug auf die Schuldenbremse: »Im nächsten Jahr muss sie wieder in Kraft treten. Und zwar unter der Bedingung, dass die Lohnnebenkosten für die Mitarbeiter nicht über 40 Prozent steigen und wir gleichzeitig keine neuen Steuern verlangen und erheben.« Dies müsse das Ziel einer Bundesregierung sein, wenn sie seriös arbeiten wolle.
Landesfinanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) sieht diesbezüglich für den Südwesten keinerlei Handlungsbedarf. Während der Coronakrise berief sich die grün-schwarze Koalition auf den Ausnahmetatbestand, um die Kosten der Pandemie über neue Schulden finanzieren zu können. »Wir waren jederzeit handlungsfähig«, sagte Sitzmann. »Im Interesse künftiger Generationen ist die Schuldenbremse im Land weiterhin wichtig und richtig.«