Erst wird Heilbronn zum Risikogebiet erklärt, wenig später folgen der Landkreis sowie der Hohenlohekreis. Wer gehofft hat, dass das Thema Corona zum Herbst/Winter allmählich abflaut, erlebt aktuell eine böse Überraschung. Kontakt- und Feiereinschränkungen werden wieder verschärft, über härtere Maßnahmen wird nachgedacht. Und der Einzelhandel? Der versucht, aus der Not eine Tugend zu machen.
» Wir werden und können nichts zum Weihnachstgeschäft sagen«, äußert sich Wolfgang Palm vom Modehaus Palm auf die Frage nach der aktuellen Situation in den Heilbronner Geschäften. » Weil wir gar nicht wissen, ob wir dann geöffnet haben.« Die Unsicherheit in allen gesellschaftlichen Bereichen ist groß. Zum Druckschluss bei MORITZ haben sowohl der Landkreis Heilbronn als auch der Hohenlohekreis Sieben-Tage-Inzidenzwert auf 100.000 Einwohner gerechnet von 50 überschritten und gelten somit als Risikogebiet. Die Stadt Heilbronn hat sogar den höchsten Inzidenzwert in ganz Baden-Württemberg. Mit der Zahl der Infizierten wächst auch die Zahl der Einschränkungen – und der Unmut der Bevölkerung. Viele fühlen sich gegängelt und bevormundet, ein zweiter Lockdown wird befürchtet. Die Folgen wären fatal – die Veranstaltungsbranche kämpft seit Monaten schon, zahlreiche Existenzen stehen vor dem Aus – und auch der Einzelhandel ist sich unsicher, was das bevorstehende Weihnachtsgeschäft angeht. Zahlreiche Weihnachtsmärkte wurden bereits abgesagt, Ladeninhaber fürchten ausbleibende Kundschaft, die lieber zuhause bleiben und die Weihnachtseinkäufe über Amazon tätigen.
Karl-Josef Jochim zeigt sich etwas optimistischer und versucht aus der Not eine Tugend zu machen: » Die Pandemie fordert alles von uns, wir geben unser Bestes und stecken den Kopf nicht in den Sand.« Der Inhaber von Tee Gschwendner in Heilbronn hat sich schon früh Gedanken gemacht, wie er sowohl Mitarbeiter als auch Kunden sicher durch die Adventszeit bringen kann. » Wir sind gut bevorratet und raten allen, sich schon jetzt um Präsente zu kümmern. Wir haben im November etwas mehr Luft als im Dezember – manche Aktionen zum Beispiel laufen nur bis 15. November.« Auch sonst ändert sich einiges im Alltagsgeschäft von Tee Gschwendner: Einzelne Teeprobentütchen und abgepackte 50 Gramm-Tees werden dieses Jahr nicht angeboten, damit Kunden insgesamt schneller und mit möglichst wenig Kontakt bedient werden können. Zudem denkt Jochim über einen Einbahnstraßenverkehr im Geschäft nach, »klingt sehr unfreundlich, muss aber wohl in Jahr 20-c1 so sein.«
Der Alltag der Gesellschaft wird auch im Advent weiterhin von Corona bestimmt bleiben. Doch zunehmend wird Kritik an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen laut. Dauerhafte Mund-Nasen-Schutz-Pflicht in Schulen und Kindergärten führe in vielen Fällen zu Kopfschmerzen oder Übelkeit, berichten Eltern. Und während die Veranstaltungsbranche nach wie vor unter den landesweit uneinheitlichen Einschränkungen und Verboten leidet, wird der Mindestabstand im Alltag in den seltensten Fällen eingehalten, gerade in Fußgängerzonen oder auf privaten Feiern. Kein Wunder also, dass viele Menschen nun besorgt auf den Kalender schauen und sich fragen, was aus Weihnachten wird. Sind Familienzusammenkünfte an Heiligabend noch erlaubt oder potentielle Super-Spreader? Und was wird aus den ohnehin kämpfenden Geschäften in der Fußgängerzone?