Foto: Stadt Heilbronn
Harry Mergel
Heilbronns oberbürgermeister Harry mergel.
In Heilbronn steht alles auf Anfang. Die Stadt verändert sich rasant und mit ihr auch die Hochschullandschaft. Die Zahl der Studierenden wird dank der Ansiedlung der Technischen Universität München auf dem Bildungscampus am Europaplatz von derzeit rund 8.400 auf 10.000 im kommenden Jahr ansteigen. Wird Heilbronn nun zur Unistadt? MORITZ-Redakteurin Simone Heiland fragte bei Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel nach.
Herr Mergel, mit der ansiedlung des TUM-campus darf sich Heilbronn offiziell Universitätsstadt nennen. nur ein Begriff oder doch mehr?
Noch dürfen wir offiziell den Titel »Universitätsstadt« Heilbronn nicht führen. Da ist eine Reihe von Fragen vorab zu klären und ein bestimmtes Procedere einzuhalten. Der Gemeinderat wird das Thema zeitnah diskutieren. Ich gehe davon aus, dass wir danach ganz offiziell den Antrag ans Land stellen, diesen Titel zu führen und dass das Land, mit dem wir ja schon mehrere Monate im Gespräch sind, dann zügig entscheiden kann.
Bei Universitätsstadt denkt man an Heidelberg, Tübingen, Marburg, die Sorbonne, Oxford oder Uppsala. Was müsste in den nächsten Jahren geschehen, um Heilbronn bundes-, vielleicht europaweit als Unistadt bekannt zu machen? Oder ist das gar nicht der Anspruch?
Es geht zunächst gar nicht um ein europaweites Ansehen als Unistadt, sondern darum, dass wir mit der im übrigen europaweit hochangesehenen TU München einen enorm starken Partner haben, der uns hilft, die Strukturdefizite im tertiären Bildungsbereich auszugleichen. Und unsere regionale Wirtschaft wird davon in höchstem Maße profitieren, wenn wir mit diesem bundesweit einmaligen Campus und mit dem Leuchtturm TUM die Startbahn für hochqualifizierte Arbeitskräfte von morgen bauen.
Im Zuge der Entwicklungen sind etliche Studentenwohnungen entstanden, modernsten Ansprüchen genügend, aber auch entsprechend teuer. Früher hat man für wenig Geld irgendwo zur Untermiete gewohnt, in preiswerten Studentenbuden, Wgs. Auch das machte Studentenleben aus. Passen teures Wohnen und Studenten zusammen?
Klar ist, dass der Zuzug von jungen Studierenden in eine ohnehin dynamisch wachsende Stadt weitere Anstrengungen für den Wohnungsbau erfordert. Als Kommune haben wir seit drei Jahren das wohl ehrgeizigste Wohnungsbauprogramm am Start. Dass das Früchte trägt, zeigt die Tatsache, dass wir im letzten Jahr so viele Baugenehmigungen wie seit Jahrzehnten nicht mehr erteilt haben. Und es entstehen weitere Wohnheime. Darüber hinaus wird es auch so wie in anderen Unistädten sein, dass nicht alle Studierenden in der Stadt, sondern auch im Umland wohnen. Hier gilt es, den öffentlichen Nahverkehr und auch das Radwegenetz weiter auszubauen. Aber auch da sind wir dran.
Heilbronn steht nach einem aktuellen Ranking des »Stern« (städtevergleich mit 200 Städten) auf Platz 5, was die Kaufpreissteigerung bei Wohnungskäufen angeht. auch die Mietpreise – sowohl für Neubauwohnungen als auch Bestandsmieten – ufern immer weiter nach oben aus. Gleichzeitig nimmt die Altersarmut zu. Wie kann die Stadt hier gegensteuern?
Immobilien gelten auch aus Mangel an Anlagealternativen als eine sichere Kapitalanlage und trotz der steigenden Immobilienpreise ist Wohneigentum aufgrund gestiegener verfügbarer Einkommen und der niedrigen Zinsen weiterhin erschwinglich. Daher verwirklichen viele Haushalte ihren Wunsch nach den eigenen vier Wänden. Und da die Preise in Heilbronn von einem viel niedrigeren Niveau kommen, ist die Steigerung prozentual gesehen höher als zum Beispiel in Stuttgart, München oder Frankfurt. Die Immobilien- und Mietpreise sprechen aber auch für eine hohe Attraktivität der Stadt. Im Bereich der Mieten setzen wir unterschiedliche Instrumente zur Begrenzung ein, wie den Mietspiegel für die ortsübliche Vergleichsmiete, die Kappungsgrenze und die Mietpreisbremse. Damit sind die Mieterhöhungsspielräume in laufenden Mietverhältnissen und bei neuem Vertragsabschluss beschränkt. Zudem gelten seit März 2018 die Baulandpolitischen Beschlüsse, die unter anderem eine Quote für den geförderten Wohnungsbau von in der Regel zwanzig Prozent vorsehen. Und natürlich ist die Stadtsiedlung Heilbronn unser wichtigster Partner, um die Preissteigerungen abzufedern. Zum Beispiel mit der Selbstverpflichtung zur Errichtung von mietpreisgebundenen Wohnungen – die Quote liegt bei 30 bis 40 Prozent gefördertem Wohnungsbau. Oder durch eine Kostenoptimierung bei Neubauvorhaben zum Beispiel durch serielles Bauen.
Die »experimenta« hat schon rein äußerlich das Zeug dazu, ein neues Wahrzeichen der Stadt zu werden. Ein architektonisches Juwel. Wie kann man das Interesse von Architekten und Vertretern aus anderen Städten und Ländern, das sicher kommen wird, für die Stadt nutzen?
Heilbronn bietet so viel, was, einmal entdeckt, für einen erneuten Besuch der Stadt und ihrer touristischen Angebote lohnt. In diesem Jahr rückt Heilbronn durch die Bundesgartenschau und die »experimenta« in den bundesweiten Fokus. Mit der Bildungs- und Wissensstadt wird diese Entwicklung nachhaltig. Wir denken darüber nach, ab 2020 neue touristische Formate zu schnüren, die auch überregionale Anziehungskraft haben.
Was ist geplant um einem von Vielen – hoffentlich unbegründet – befürchteten Verkehrskollaps während der Buga zu entgehen?
Das Verkehrskonzept der Buga sieht einen bestens getakteten Park- und Ride-Shuttle vor, so dass wir keinen Verkehrskollaps fürchten müssen.
Was soll am 7./8. Oktober als Schlagzeile über die Bilanz der Bundesgartenschau in Heilbronn in den Tageszeitungen der Republik stehen?
Heilbronn überzeugt mit einzigartiger Vielfalt einer imposanten Buga. Heilbronn ist wie das blühende Leben: Immer überraschend und anders.
FH, Hochschule oder Uni?
Universitäten (vom lateinischen Wort »universitas « = Gesamtheit), d.h. wissenschaftliche Hochschulen bieten einen umfassenden Fächerkanon, besitzen das Promotionsrecht und dienen Forschung und Lehre gleichermaßen. Sie sind meist deutlich größer als Fachhochschulen. Inzwischen gibt es (gerade unter den privaten Einrichtungen) auch einige Hochschulen, die sich zwar nicht Universität nennen, aber ebenfalls das Promotionsrecht besitzen. Umgekehrt gibt es private Hochschulen, die auf Grund ihrer fachlichen Ausrichtung und anderer Kriterien staatlicherseits in den Universitätsrang erhoben wurden, ohne Promotionsrecht zu besitzen. Viele Fachhochschulen (FH) verwenden in ihrem Namen oft nur noch Hochschule (HS). In Baden-Württemberg und Bayern haben die entsprechenden staatlichen Hochschulen flächendeckend die Bezeichnung »Fachhochschule« in ihren Namen komplett abgelegt. In anderen Bundesländern ist er noch mehrheitlich in Gebrauch. Fachhochschulen bilden ihre Studierenden anwendungsorientierter (auf wissenschaftlicher Grundlage) aus, Fachhochschulen orientieren sich vorrangig an der Wissensvermittlung. Das Studium an einer deutschen Fachhochschule setzt neben Abitur fachgebundene Hochschulreife ein fachbezogenes Vorpraktikum voraus.
Quelle: Studis Online, Hamburg