Die Technische Universität München (TUM) trägt das Prädikat »Exzellenz-Universität«, belegt in nationalen wie internationalen Rankings der besten deutschen öffentlichen Universitäten den ersten Platz und gehört in den Computerwissenschaften zu den 10 besten Universitäten weltweit. Mit MORITZ spricht TUM-Präsident Prof. Thomas F. Hofmann über die Ursachen des Erfolges sowie über den Ausbau des TUM-Standorts in Heilbronn.
Worauf führen Sie den anhaltenden Erfolg der TUM zurück?
Auf die Vielfalt der Talente in unserer Universitätsgemeinschaft. Wir haben so viele Studierende wie noch nie und konnten uns in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppeln. Aber auch die Internationalität spielt eine wichtige Rolle, denn für wahre Exzellenz müssen Sie in der Forschung und in der Lehre unterschiedliche Perspektiven und Sichtweisen zusammenbringen und das schafft man nur durch maximale Diversität. Dadurch entsteht Fortschritt. Das Gleiche gilt für unsere Professorinnen und Professoren sowie unsere Mitarbeitenden. Da brauchen wir Pioniere, die aus den gewohnten Schranken heraustreten und bereit sind, Neues zu probieren. Ich sehe die TUM als großes Experimentallabor, wo man ständig neu denkt und verantwortungsvoll handelt.
Gibt es dabei ein Alleinstellungsmerkmal, das die TUM im Vergleich zu anderen Universitäten besonders hervorhebt?
Neben unserer Internationalität würde ich hier unternehmerischen Geist nennen, der bei uns eine sehr große Rolle spielt. Das heißt vor allem, dass man sich, wie man das in jedem Familienunternehmen auch machen würde, immer wieder hinterfragt, ob das Portfolio noch zukunftsfähig ist, und verändert, damit man morgen noch besser werden kann. Ein Unternehmer ruht sich nicht auf seinen Lorbeeren aus und stellt sich selbst auf die Probe – das ist ein Ansatz, der die TUM ausmacht und der uns auch auszeichnet.
Gibt es da ein aktuelles Beispiel, wo Sie sich hinterfragt und anschließend verbessert haben?
Zum Beispiel in struktureller Hinsicht: Die TUM ist über die Jahre ja merklich gewachsen und dadurch kommen auch ständig neue Fächer dazu. Jetzt setzen wir mit der Einrichtung der so genannten TUM Schools eine Neusortierung um, um die Forschung und Lehre leistungsfähiger und innovativer gestalten zu können. So etwas hat natürlich Einfluss auf die gesamte DNA der Universität.
Ein wichtiger Aspekt dieser Weiterentwicklung ist die Gründung von neuen Standorten, insbesondere des Standortes Heilbronn 2018. Wie kam es damals dazu?
Wir sehen uns als Schnittstelle zwischen Universität und Unternehmen und in Heilbronn besteht die Möglichkeit, genau das mit den mittelständischen und Familienunternehmen umzusetzen, die es hier in besonders großer Anzahl gibt und die für einen sehr wichtigen Teil unserer Wirtschaftskraft verantwortlich sind. Wir haben festgestellt, dass die Heilbronner Entwicklung perfekt zu unserer Gesamtkonzeption passt und deswegen haben wir zugesagt.
Wie oft waren Sie selbst mittlerweile in Heilbronn?
Puh, fragen Sie mich nicht (lacht). Ich hab nicht gezählt, aber weit über ein Dutzend mal bestimmt.
Was haben Sie für einen Eindruck von der Stadt gewonnen?
Ich habe Heilbronn als ein sehr lebenswertes Umfeld wahrgenommen. Es ist unglaublich viel passiert, gerade wenn man heute den Campus und die Stadt als Ganzes anschaut. Unser Startpunkt war ja immer, zu sagen, wir wollen in Heilbronn keine zweitklassige Version der TUM haben, sondern der Standort soll mindestens so erstklassig wie der Rest der Universität sein. Das Niveau muss hoch sein und wir müssen gute Leute dafür gewinnen.
Ihr letzter Besuch in Heilbronn im Oktober hatte einen aktuellen Anlass: Was bedeuten die in diesem Rahmen präsentierten Ausbaupläne für den Standort und für die TUM?
Von Anfang an haben wir in Heilbronn darauf gesetzt, eine betriebswirtschaftliche Expertise mit starker IT und Informatik sowie datenwissenschaftlicher Kompetenz zu kombinieren. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Datenwissenschaften und Künstlicher Intelligenz. Dieses Zusammenspiel wollen wir eben auch in das Studium hineinbringen, das ist uns ganz wichtig. Am Ende soll nicht einfach »nur« ein klassisches BWL-Studium oder ein klassisches Informatik-Studium dabei herumkommen.Dieser Ansatz ist in meinen Augen einzigartig, denn es kommen zwei exzellente Bereiche zusammen und ergänzen sich wunderbar. Das sieht man auch an den Studierenden: Wir haben am Anfang mit knapp 50 Studierenden gestartet und jetzt sind wir bei über 570. Wir gehen davon aus, dass wir in zwei Jahren wahrscheinlich die 1000er-Grenze überschreiten. Um das stemmen zu können, hat die Dieter Schwarz Stiftung nun zehn weitere Professuren gestiftet. Ich habe bei meinem letzten Besuch in Heilbronn betont, dass dieser Standort eben nicht »nur« ein weiterer Campus der TUM ist, sondern im Herzen unserer Universität angekommen ist. Auch die Art und Weise, wie die Dieter Schwarz Stiftung uns alle möglichen Handlungsfreiheiten gibt, ist absolut vorbildlich. Das zeigt großes Vertrauen und nimmt uns gleichzeitig in die Verpflichtung, es richtig zu machen.
Sie haben den Bereich Künstliche Intelligenz angesprochen – ein großes, aktuelles Thema in Heilbronn ...
Der KI Innovationspark ist ein ganz neuer Aspekt, der jetzt dazukam und zu dem man Heilbronn nur gratulieren kann. Was für ein unglaublicher Move! Aber das zeigt eben das Potenzial, das der Standort hat. Mithilfe der Wirtschaftspartner, die schon da sind, den neuen, die dazukommen und den akademischen Partnern am Campus kann da wirklich etwas Großartiges entstehen.
Sie sind seit 2019 Präsident der TUM. Was würden Sie als die größten Errungenschaften in Ihrer bisherigen Amtszeit, was als die größten Herausforderungen beschreiben?
Überrascht hatte mich, wie uns alle, die COVID-Pandemie. Ich war grade mal drei Monate im Amt (lacht). Das war eine unerwartet große Herausforderung, denn plötzlich war einfach alles anders. Gut, die Zeiten heute sind auch nicht leichter. Aber was mich besonders motiviert hat, war, dass wir begonnen haben, um die TUM herum ein Netzwerk aus so genannten Venture Labs aufzubauen, wo wir kleine Ökosysteme bauen zwischen der Wissenschaft, den Startups und den etablierten Unternehmen, um Technologien schneller auf den Markt zu bringen und Innovationen schneller zu realisieren. Diese Venture Labs gibt es zu den verschiedensten Themen, z.B. Robotik, Quantentechnologie, Luft- und Raumfahrt etc. Wir werden auch in Heilbronn ein solches Venture Lab errichten, gemeinsam mit den Campus Founders, weil wir glauben, dass gerade in Management und KI enormes wirtschaftliches Innovationspotenzial für die Region liegt.
Wie sehen Pläne bzw. Wünsche für die Zukunft aus – sowohl was die TUM als auch den Standort Heilbronn angeht?
Ich glaube, wichtig ist, dass wir nicht nur neue Dinge bauen, sondern wir müssen auch das, was wir machen, überprüfen und optimieren. Wir haben jetzt sechs TUM Schools, eine weitere kommt noch dazu und dann ist es wichtig, dass wir die Systeme weiter optimieren und dabei alle Möglichkeiten nutzen, um auch die internationale Verschränkung weiter aufzubauen – auch für Heilbronn, denn die richtig großen Herausforderungen, also Nachhaltigkeit und Klimaschutz, lassen sich nicht an einem Standort alleine lösen, da braucht es Netzwerke. In diesen Zeiten geopolitischer Veränderungen ist es umso wichtiger, dass man trotz eventueller politischer Dissonanzen schaut, die besten Köpfe der Welt zusammenzubringen, weil wir sonst diese globalen Herausforderungen nicht meistern werden.
TUM – Campus Heilbronn
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