Veranstalter erzählen vom »Kampf ums Überleben« in der Coronakrise
Die Verlängerung des Verbots für Großveranstaltungen bis zum 31. August durch die Coronakrise führt bei Veranstaltern aus der Region zu erheblichen Umsatzeinbußen. Viele kritisieren nun die Maßnahmen der Regierung sowie die fehlende Planbarkeit und Perspektive für die Zukunft.
Frank Hartmann, Max Events, Heilbronn
»Ich will ehrlich sein, für mich ist das ein Komplettversagen. Gerade jetzt bräuchten wir eine starke Kanzlerin und Volksvertreter, die klare Kante zeigen. Das haben wir hier leider nicht. Es werden Entscheidungen getroffen, die nicht nachzuvollziehen ist. Klar, es ist eine schlimme Situation und die Gesundheit muss an oberster Stelle stehen. Dass dafür dann aber ein ganzes Land an die Wand gefahren wird, kann doch nicht die Lösung sein. Es wird ja auch nicht von heute auf morgen aufhören. Es trifft immer mehr Leute und ich gehe davon aus, dass nicht viele Diskotheken überleben werden. Überhaupt: Veranstaltungen, wo viel Alkohol fließt, wo Leute nah beieinander sind – das kann ich mir nicht vorstellen, dass das in naher Zukunft wieder stattfinden kann.Zukünftig sollten Veranstaltungen definitiv differenziert betrachtet werden. Es kann nicht sein, dass einfach pauschal ab einer bestimmten Veranstaltungsgröße verboten wird. Eine Messe muss beispielsweise definitiv anders betrachtet werden als eine Großraumdisko oder ein Festival: Auf Job- oder Hochzeitsmessen kann man Vorkehrungen treffen, dass Sicherheitsabstände eingehalten werden und man trotzdem die Informationen erhält, die man benötigt.«
Heiko Volkert, Music Plus, Pfedelbach
»Frustrierend! Das ganze Geschäft besteht aktuell daraus, abzusagen, umzuplanen und Karten zurückzugeben. Hinzu kommt eine allgemeine Perspektivlosigkeit: Niemand weiß, wie es weitergeht, wir können nicht planen, Veranstalter, Bühnentechniker, Grafiker, Künstler verdienen keinen Cent und zahlen aktuell nur drauf.
Wie soll man das denn finanzieren? Auch Livestreams sind mit einem unheimlichen Planungsaufwand verbunden. Als Veranstalter muss ich dann auch noch GEMA bezahlen – und das alles für was? Für Leute, die sich das dann im Netz angucken? Daran verdient dann ja niemand was. Das lässt sich aktuell zumindest bei uns einfach nicht stemmen und kann auch langfristig keine Lösung sein.
Viele werden sich genau überlegen, ob man überhaupt noch etwas machen sollte. Das Risiko ist einfach zu groß. Zumal man ja auch nicht absehen kann, was passiert, wenn Veranstaltungen wieder erlaubt sind: Kaufen sich die Leute dann überhaupt noch Karten, werden die weiterhin unbeschwert ausgehen? Auch das ist fraglich.«
Daniel Niedrich, Eventstifter, Ludwigsburg
»Mit dem eigentlichen Job hatte es nicht wirklich was zu tun. Man hat nach möglichen Ausweichterminen gesucht, um die Konzerte nicht komplett absagen zu müssen und gleichzeitig die Lage verfolgt und politische Entscheidungen abgewartet. Unsere Firma ist wie viele andere auch in die Kurzarbeit gegangen, da natürlich, bis auf die Verlegungen, alles still steht... Angesichts einer Situation, für die es keine bewährte Strategie gibt und eigentlich niemand so richtig weiß, wohin die Reise geht, versucht die Politik natürlich erstmal alles um die Gesundheit der Bevölkerung bestmöglich zu schützen. Da bedarf es auch entsprechender Maßnahmen. Wichtig ist natürlich, die Folgen auch im Detail zu sehen. Da gibt es sicherlich noch Verbesserungsbedarf, gerade wenn man nun ja nicht mehr von ein paar Wochen spricht. Was unsere Branche angeht, ist es auf jeden Fall auch wichtig auf die Umstände hinzuweisen und den Menschen zu erklären, wie wichtig es ist, dass sie die Ersatztermine wahrnehmen.«
Julia Blatter, Livemacher, Besigheim
»Die vergangenen Wochen waren eher schleppend, da nur zögerlich neue Vorgaben vom Bund für Veranstaltungen beschlossen wurden und Informationen an uns herangebracht wurden. Eine positive Nachricht haben wir Veranstalter jedoch auch erhalten: Es soll eine Gutscheinlösung geben, welche uns Veranstalter allen ein bisschen unter die Arme greift, indem der Ausfall der Ticketrückgaben minimiert wird. Wir mussten alle unsere Veranstaltungen verschieben und Ticketkäufer über Ersatztermine informieren. Wir haben dadurch in den nächsten Monaten erhebliche Umsatzeinbußen in sechsstelliger Höhe, die sich teilweise nach hinten verschieben oder aber auch komplett ausfallen.«
Marcel Büttner, Provinztour, Neuenstadt am Kocher
»Es ist sehr schwierig zu beurteilen. Ich bin weder Mediziner, noch Virologe. Aktuell ziehen wir bei den Maßnahmen als Veranstalter voll mit, auch wenn sie uns natürlich schwer treffen. Wir tun unser bestes, Veranstaltungen nicht vollständig abzusagen, sondern Ersatztermine zu finden. Bei uns fallen halt sämtliche Konzerte und Events, die für den Sommer geplant waren unter den Begriff »Großveranstaltung«. Niemand kann realistisch einschätzen, wie lange es jetzt noch so weitergeht. Langfristig wird die Branche extrem ausgedünnt werden. Gleichzeitig muss man aufpassen, dass, wenn Veranstaltungen wieder stattfinden dürfen, man die Zuschauer nicht mit der schieren Masse an Nachholterminen übersättigt.«