Tommy Schleh, Kinki Palace, Sinsheim
Foto: Julian Bucher
Halten Sie die derzeitigen Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern für angemessen?
Es gibt ja inzwischen immer mehr Lockerungen und insbesondere unsere Branche hofft natürlich, dass die Infektionszahlen niedrig bleiben und auch wir bald wieder unser Business eröffnen können.
Sollte es mehr Unterstützung für Diskotheken und Clubs geben?
Es geht ja nicht nur um Diskotheken und Clubs, es geht in erster Linie auch um die Menschen, die in diesem Business arbeiten und denen jegliche Grundlage entzogen wurde, weiterhin selbst Geld zu verdienen. Eine komplette Branche plus all derer, die damit zu tun haben, wurde ein Arbeitsverbot erteilt, ohne jegliche Unterstützung. Wir müssen nicht darüber reden, dass die Gesundheit immer Vorrang hat, allerdings brauchen wir dann auch Hilfe von der Politik und Unterstützung, damit wir unsere laufenden Kosten decken können. Derzeit wird einfach gar nichts gemacht und immer nur von Hilfspaketen gesprochen, die nicht mal ein Tropfen auf einem heißen Stein waren.
Konnten Sie Maßnahmen ergreifen, um die finanziellen Einbrüche abzufedern?
Wenn einem untersagt wird, dass man sein Geschäft nicht mehr öffnen darf, kann man auch keine Maßnahmen ergreifen. Wir können ja nicht mal so aus einem Eventcenter von 2200 Quadratmetern eine Wurstbude machen oder einen Supermarkt. Wir haben natürlich reagiert und alle Kosten soweit runtergefahren wie es nur geht. Aber die Grundkosten bleiben natürlich und die Einnahmen sind gleich NULL.
Glauben Sie, dass es ein massives aussterben der Szenekultur in Deutschland geben wird?
Wenn jetzt seitens der Politik nichts passiert und wir keine Unterstützung bekomme, dann ja. Es wäre so einfach. Jedes Unternehmen hat einen Steuerberater, über den könnte man zum Beispiel problemlos eine Halbjahres-Bilanz vorlegen. Daraus wäre sofort ersichtlich, was wirklich an Kosten monatlich anfällt. Diese sollte die Regierung übernehmen. Großkonzerne, die Milliarden umsetzen und die teilweise noch im Ausland versteuern, werden ja auch mit Milliarden unterstützt.
Wie lange können Sie unter diesen Bedingungen noch durchhalten?
Keine Firma der Welt kann ohne Einnahmen überleben, das sollte jedem klar sein. So viele Rücklagen kann man nicht bilden um darauf vorbereitet zu sein, dass man sein Geschäft über Monate ohne Eigenverschulden schließen muss.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Eine Perspektive wie es weiter gehen könnte und endlich die Unterstützung, die wir brauchen, um unsere laufenden Kosten zu decken. Überhaupt nicht zu wissen, wann man wieder öffnen darf, ist doch keine Vorgehensweise. Wir hängen alle in der Luft. Wir brauchen endlich Gewissheit, wie es weiter geht. Wir zahlen alle unsere Steuern und davon muss man uns jetzt etwas zurückgeben! Wir brauchen endlich Taten seitens der Regierung und nicht nur leere Worte.
Matthias Köhler, Halli Galli, Buchen
Foto: David Gerhold
Die Club- und Diskotheken-Szene ist von Öffnungen bislang Ausgenommen worden. Halten Sie das für richtig?
Ich finde es richtig übel, dass es für uns keine Lösungen oder Ansätze gibt, obwohl wir von unserem Verband aus genauso Sachen vorgelegt haben, wie die Gastronomie. Aber es wird immer noch gesagt: Nein, Diskotheken dürfen nicht öffnen. Ich finde das sehr schlecht.
Das heißt, es könnten auch in Diskotheken ähnliche Anti-Corona-Maßnahmen getroffen werden, wie in der Gastronomie?
Diese Frage ist schwierig zu erklären. Also normalerweise müsste es möglich sein, unsere Flächen sind alle groß genug, um die Mindestabstände einzuhalten. Die Politik sieht das natürlich alles ein bisschen anders. Wir legen ja immer wieder Konzepte vor, in denen wir sagen, wie es eventuell funktionieren könnte. Aber über unsere kleine Branche macht sich in der Politik keiner so richtig Gedanken.
Was würden Sie sich an Unterstützung wünschen?
Unterstützung ist nicht alles. Zur Unterstützung zählen ja die Soforthilfen, von denen haben wir bislang eine erhalten. Aber es wären weitere Stützen nötig. Eine wirkliche Unterstützung wäre also dahingehend nötig, dass unsere Fixkosten zumindest abgedeckt sind. Das wäre das allermindeste. Aber schöner wäre es, wenn wir unsere Lokale wieder aufmachen dürften. Die ganzen Unterstützungen und Stundungen hin oder her: Der Schuldenberg wird immer größer. Wir brauchen die Möglichkeit, unsere Lokale wieder öffnen können. Das ist das Allerwichtigste.
Konnten Sie Maßnahmen ergreifen, um die massiven finanziellen Einbrüche abzufedern?
Wie denn? Es ist für uns aktuell noch unmöglich gewesen, auch nur ansatzweise etwas abzufedern, denn alles, was mit dieser Branche zu tun hat, war nicht erlaubt. Wir versuchen aber trotzdem, irgendwie Einnahmequellen zu schaffen. Seit Ende Juni bieten wir am Halli Galli einen Biergarten an. Die Politik hat uns die Möglichkeit gegeben, anstatt der Diskothek einen Kneipenbetrieb aufzubauen, natürlich mit dem nötigen Sicherheitsabstand von 1,5 Metern und ohne Tanzfläche. Aber dafür hätten wir sicher zunächst höhere Unkosten, als wenn der Laden geschlossen bliebe. Wir freuen uns, dass wir nach langem Kämpfen zumindest die Genehmigung für den Biergarten bekommen haben. Wir bieten dort auch Speisen an, wie Bratwurst oder Steaks. Es ist auch geplant, dass wir an besonderen Tagen zusätzlich Hähnchen oder Haxen anbieten. Es wird auch etwas für Kinder geboten, wir haben Hüpfburgen und Spielmöglichkeiten. Mit dem Biergarten versuchen wir einen Teil der Fixkosten abzufedern.
Halten Sie es für möglich, dass es durch Corona ein massives Aussterben er Szene-Kultur in Deutschland geben wird?
Ja, das halte ich für möglich. Wir brauchen ganz einfach wieder eine Perspektive. Erst dann können wir darüber nachdenken, ob es weiterhin Sinn macht noch durchzuhalten oder alles hinzuschmeißen. Anders kann man es nicht sagen. Wir müssen uns auf so viel verlassen und bekommen einfach keine Antworten.
Wie lange glauben Sie, unter diesen Bedingungen noch durchhalten zu können?
Ich kann darauf keine klare Antwort geben. Es hängt von vielen Faktoren ab: Wie lange werden Stundungen geduldet, zum Beispiel. Davon hängt es ab. Wenn es daran scheitern würde, dann müssten wir komplett Feierabend machen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Dass man uns etwas an die Hand gibt. Wir brauchen eine Perspektive und dass man uns die Fragen beantwortet Was, Wie und Wann. Und wie viele Stützen können sie uns noch geben? Werden wir weiterhin gestützt oder nicht? Im Moment sind wir quasi im Niemandsland. Keiner kann uns sagen, ob wir dieses oder gar nächstes Jahr noch aufmachen dürfen. Keiner weiß etwas. Wir brauchen eine Planungssicherheit. Es wäre schon in Ordnung, wenn man uns sagen würde, wie viel Geld wir noch bekämen. Auch, um absehen zu können, wie lange wir noch durchhalten können. Wir brauchen Hilfe von unserer Politik, das ist das aller Wichtigste. Das gilt nicht nur für die Diskothekenbranche, sondern auch für die Veranstaltungsbranche allgemein. Ich hoffe sehr, dass unser Betrieb in absehbarer Zeit weiterlaufen kann – egal in welcher Form, auch mit reduzierten Besucherzahlen.
Andreas Huber, LaBoom, Leingarten
Andreas Huber
Halten Sie die derzeitigen Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern für angemessen?
Die Maßnahmen an sich finde ich zum Teil angemessen, wobei ich sagen muss, dass mir eine klare Struktur dahinter fehlt. Die Termine für die Öffnung werden ständig verschoben und jeder Club hat damit zu kämpfen.
Sollte es mehr Unterstützung für Diskotheken und Clubs geben?
Ja, auf jeden Fall! Hätten die Clubs nicht nur Schank- und Tanzbetrieb, sondern auch einen Restaurant-Bereich, dann könnte man sich damit wenigstens am Boden halten, aber so wie es gerade ist, kann leider keiner was umsetzen. Somit ist jeder Clubbetreiber auf die staatlichen Hilfen angewiesen.
Konnten Sie Maßnahmen ergreifen, um die finanziellen Einbrüche abzufedern?
Nein, leider. Wie bereits erwähnt, habe ich keine Möglichkeit dafür.
Glauben Sie, dass es ein massives aussterben der Szenekultur in Deutschland geben wird?
Wenn diese Maßnahmen weiterhin bestehen, sehe ich auf jeden Fall das Aussterben des bis jetzt bekanntes Nachtleben. Da steckt eine Ausgehkultur dahinter, die gerade runtergeht und zum Teil unwichtiger wird. Die Jugend von heute ist bereits nicht mehr so aktiv wie früher und durch diese Situation, die sich so lange hinzieht, besteht die Gefahr, dass das Nachtleben noch mehr darunter leiden wird.
Wie lange können Sie unter diesen Bedingungen noch durchhalten?
Gerade ist es abhängig von den staatlichen Hilfen, wie weit und in welcher Form wir unterstützt werden.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir baldmöglichste Lockerungen der Maßnahmen, um den Clubbetrieb starten zu können und natürlich wieder viele Gäste in den Räumlichkeiten begrüßen zu dürfen.
Felix Seeger, Creme21, Heilbronn
Felix Seeger
Halten Sie die derzeitigen Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern für angemessen?
Generell stehen wir voll und ganz hinter den entsprechenden Maßnahmen zur Eindämmung des Virus und unterstützen diese nach Kräften. Jedoch müssen wir auch ehrlich zugeben dass es im Angesicht dessen, dass vielerorts das gesellschaftliche Leben fast schon wieder im Normalzustand verläuft – immer schwerer fällt. Gefeiert wird doch immer irgendwie. Die Gesellschaft hat die Abstandsregeln verinnerlicht. Das Zusammensein liegt in unserer Natur, lediglich die Orte an denen es stattfindet verändern sich momentan.
Sollte es mehr Hilfsmaßnahmen für Club-Betreiber geben?
Definitv! Das Soforthilfe Programm des Landes Anfang April kam zwar an, war jedoch zugegebenermaßen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Da muss dringend seitens der Politik nachgelegt werden. Wir haben seit Mitte März 100% Umsatzeinbußen und keinerlei Aussicht auf Besserung. Die in unserer Branche starken Monate März / April – in denen wir normalerweise Rücklagen für die Sommermonate bilden können sind dieses Jahr komplett weg gefallen. Laufende Kosten und Verpflichtungen bleiben aber dennoch bestehen. Kreditangebote sind zwar wohlgemeint , aber auch diese müssen zurück gezahlt werden. Klar ist jedoch dass keine Party zwei mal gefeiert und kein Drink doppelt getrunken wird. Wir, sowie auch alle Branchenzugehörigen Gewerke – sind unverschuldet in diesem Lockdown.
Konnten Sie Maßnahmen ergreifen, um die finanziellen Einbrüche abzufedern?
Teilweise ja. Wir konnten zum Beispiel, durch unsere jahrelange gute Zusammenarbeit mit unserem Getränkelieferanten , Ware zurückgeben die in den nächsten Wochen abgelaufen wäre. Für unsere Festangestellten Mitarbeiter konnten wir Kurzarbeit in Anspruch nehmen. Ein paar weitere Kosten konnten wir aussetzen, diese sind aber auch nur aufgeschoben und werden irgendwann anfallen. Vieles bleibt aber bestehen und muss aus vorhandenen Mitteln ausgeglichen werden. Die Einnahmen liegen aber weiterhin bei null.
Glauben Sie, dass es ein massives aussterben der Szenekultur in Deutschland geben wird?
Wenn die momentane Situation sich nicht verändert, dann ja. Branchenübergreifend kursiert aktuell der Slogan „So schaffen wir keine weiteren 100 Tage mehr“. Viele Clubs arbeiten generell am Rande der Wirtschaftlichkeit. Aus Liebe, aus Idealismus, aus Überzeugung, aus Leidenschaft. Um Räume zu schaffen für sorglose Nächte , für Kultur und Subkultur. Nichts bietet so viel Schutz und so viel Vertrauen wie der Ort der mit Musik erfüllt ist.
Hier sind alle gleich, werden eins. Die ganzen Solo – Selbständigen, Lichtdesigner, Toningenieure, Dekorateure, DJs , Veranstalter, Tänzer – stehen kurz vor dem Aus. Unsere Mitarbeiter, viele begleiten uns schon seit Jahren, stehen für unser Haus, für den Spirit. Auch sie können aktuell kein Geld verdienen, sind aber ebenfalls darauf angewiesen. Auch sie stehen für unsere Szene, sie sind diejenigen die sie mit erschaffen und sie am Leben erhalten.
Wie lange können Sie unter diesen Bedingungen noch durchhalten?
Das Creme21 wird dieses Jahr im November 20 Jahre alt. 20 Jahre Clubkultur, einzigartige Nächte, Innovationen und ein Bekannheitsgrad weit über unsere Region hinaus. Bei uns legen verschiedene internationale DJs auf, wir wirken bei der Street Parade mit. Zweimal haben wir den Club komplett umgebaut. Mit all dem haben wir einen festen Bestandteil der Club-und Musikkultur geschaffen. All das möchten wir erhalten und noch an viele weitere Generationen weitergeben. Dafür bündeln wir mit unserem gesamten Team all unsere Kräfte und geben unser bestes – für die nächsten 20 Jahre.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Das jeder aus unserer Branche diese Krise bestmöglich übersteht. Ganz wichtig wäre es, in einen lösungsorientierten Dialog mit der Politik treten zu können um zumindest eine Perspektive für uns zu schaffen welche seit Monaten komplett fehlt. Und ganz wichtig, irgendwann – mit all unseren Gästen, Partnern, Freunden und Wegbegleitern – unser 20-jähriges Jubiläum und noch viele weitere unvergessliche Partys zu feiern!