Das AQUAtoll Erlebnisbad in Neckarsulm bleibt dauerhaft geschlossen. Auf der Grundlage des Markterkundungsverfahrens beschloss der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung mit großer Mehrheit bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung, das Investorenmodell nicht weiterzuverfolgen. Die Stadt verzichtet also auf ein Vergabeverfahren zur Sanierung beziehungsweise zum Weiterbetrieb des Freizeitbades. Das AQUAtoll Sportbad und das Ernst-Freyer-Bad in Obereisesheim sind von dieser Entscheidung nicht betroffen und bleiben in vollem Umfang erhalten.
Oberbürgermeister Steffen Hertwig bedauerte das endgültige Aus für das Erlebnisbad: „Ich bin ein großer Freund dieser Freizeiteinrichtung mit der großartigen Architektur.“ Gleichzeitig warb er um Verständnis für diese schmerzhafte Entscheidung: „Wenn wir verantwortungsvoll mit den Finanzen und der Zukunft der Stadt umgehen wollen, gibt es leider keinen anderen Weg.“
Vor der endgültigen Abstimmung stellte Werkleiter Lars Nielsen die Ergebnisse des Markterkundungsverfahrens vor. Mit diesem Verfahren sollte ausgelotet werden, ob es auf dem Markt einen privaten externen Investor gibt, der Interesse daran hat, das AQUAtoll Erlebnisbad zu Bedingungen zu sanieren oder weiter zu betreiben, die für die Stadt akzeptabel sind. An der Markterkundung beteiligten sich vier Interessenten. Eine fünfte Gruppe bekundete ihr Interesse kurz vor Ablauf der Abgabefrist, reichte ihre Konzeptidee aber nicht schriftlich ein, obwohl die Stadt die Frist eigens verlängert hatte. Dieser Interessent lehnte es trotz mehrmaliger ausdrücklicher Aufforderung und Fristverlängerung ab, die erforderlichen Unterlagen auszufüllen und am Verfahren teilzunehmen.
Die vier bewertbaren Konzeptvorschläge zeigen zwar, dass es am Markt grundsätzliches Interesse gibt, das AQUAtoll zu übernehmen oder durch ein neues Konzept zu ersetzen. Die Mehrzahl der Stadträte und Oberbürgermeister Steffen Hertwig sahen jedoch die ursprüngliche Zielsetzung der Markterkundung nicht erfüllt: einen privaten Investor zu finden, der das Bad langfristig und in eigener Verantwortung betreibt und das wirtschaftliche Risiko trägt. Vor allem im Hinblick auf das wesentliche Auswahlkriterium, die Finanzierbarkeit, ergibt sich aus Sicht des Gremiums und des Oberbürgermeisters keine Entlastung für die Stadt.
Der Gemeinderat hatte sich im April dieses Jahres dagegen entschieden, dass die Stadt das AQUAtoll in eigener Regie saniert und attraktiver macht. Ausschlaggebend für diese Entscheidung waren die hohen Investitionskosten für die Sanierung von etwa 40 Millionen Euro sowie die jährlichen Betriebskosten von etwa zwei Millionen Euro.
„Alle potenziellen Investoren erwarten einen Betriebs- beziehungsweise Investitionskostenzuschuss für das Erlebnisbad“, fasste Steffen Hertwig die Ergebnisse der Markterkundung zusammen. Der Zuschuss, der von der Stadt erwartet wird, variiert je nach Konzept und beträgt zwischen zwei und 2,3 Millionen Euro. Die Zahlungen, die jährlich für das Erlebnisbad zu leisten sind, müssen im Kontext der gesamten Bäderlandschaft betrachtet werden, wie OB Hertwig betonte. Er erinnerte an die laufenden jährlichen Kosten für das Sportbad (etwa eine Million Euro) und das Ernst-Freyer-Bad (etwa 500.000 Euro). „Dann sind wir wieder bei den etwa 3,5 bis 3,7 Millionen Euro Kosten für den Betrieb, die wir eigentlich reduzieren wollten“, urteilte Steffen Hertwig. „Die jährlichen Kosten sind mindestens genauso hoch wie bei einer Komplettsanierung in städtischer Regie.“
Gegen den Einstieg in ein Vergabeverfahren spricht nach Ansicht von Steffen Hertwig auch das Restrisiko, das bei allen Konzepten bei der Stadt verbleibt. „Mir ist auch der Ausblick zu unsicher. Wir wissen nicht, ob die vorgeschlagenen Betreiberkonzepte auf lange Sicht wirtschaftlich tragfähig sind.“ Das Risiko, dass ein Betreiber nach zehn Jahren wieder sanieren muss und fordert, dass sich die Stadt beteiligt, sei nicht zu unterschätzen.
Zudem verwies Steffen Hertwig auf die kostenintensiven Pflichtaufgaben der Stadt in den Bereichen Klimaschutz, Bildung und Betreuung, Mobilität und Digitalisierung. „Schulen, Bildung und Betreuung sind Pflichtaufgaben der Stadt. Ein modernes, attraktives Freizeitbad zu haben, ist keine Pflicht, sondern Kür. In der heutigen Welt, in der Klimaschutz, Mobilität und Digitalisierung entscheidende Zukunftsaufgaben sind, können wir uns die Kür nicht mehr leisten“, bekräftigte der Oberbürgermeister. „Aus heutiger Sicht gibt es keinen finanziellen Spielraum, der dem AQUAtoll eine Zukunft geben könnte.“ Mit dem Sportbad, dem Ernst-Freyer-Bad und dem Lehrschwimmbecken in Amorbach biete die Stadt „auch ohne das AQUAtoll Erlebnisbad ein gutes Schwimmangebot für alle Generationen“.
Die Stadt habe nichts unversucht gelassen, um doch noch eine zukunftsfähige Lösung für das AQUAtoll Erlebnisbad zu finden. Das Markterkundungsverfahren zu starten, sei der richtige Weg gewesen. „Das AQUAtoll ist uns so wichtig, dass wir jede Möglichkeit gründlich prüfen wollten.“ Das Markterkundungsverfahren habe interessante Vorschläge und ehrgeizige Pläne erbracht, stellte Steffen Hertwig fest.
Alle Konzepte zielten mehr oder weniger eindeutig darauf ab, das Sportbad mit zu übernehmen. Die Stadt hätte dann für das Recht, das Sportbad mit Schulen und Vereinen zu belegen, ein Nutzungsentgelt von 750.000 Euro bis zu einer Million pro Jahr an den privaten Betreiber entrichten müssen.
Schließlich hatte sich die Schwarz Gruppe bereit erklärt, die mögliche Sanierung des Erlebnisbades mit einem einmaligen Investitionskostenzuschuss von fünf Millionen Euro zu unterstützen. Dieser Zuschuss wäre unabhängig von einem bestimmten Interessenten oder Konzept geflossen, wenn es zu einem Sanierungsauftrag in Folge eines Vergabeverfahrens gekommen wäre.
Wie es nun mit dem Gelände des Erlebnisbades weitergehen soll, ist Thema einer Ideenwerkstatt, die im ersten Quartal des kommenden Jahres stattfinden soll. Die Stadt hatte bereits zu Beginn des Markterkundungsverfahrens eine solche Ideenwerkstatt angekündigt, falls das Investorenmodell nicht zum Erfolg führen sollte. In der Ideenwerkstatt können Bürgerinnen und Bürger ihre Vorschläge und Anregungen formulieren, wie das AQUAtoll-Gelände künftig genutzt werden könnte. „Damit eröffnen sich neue Perspektiven und vielleicht auch neue Möglichkeiten, an die wir jetzt noch gar nicht denken“, blickte Steffen Hertwig voraus.