In der Klimaschutzleitstelle der Stadt Heilbronn arbeiten die Klimaschutzmanagerin Frau Martina Berner-vom Feld und der Klimaschutzmanager Dr. André Gützloe. Dabei nehmen sie alle Aufgaben der Klimawandel-Anpassung bzw. des Klimaschutzes wahr. Derzeit werden Anpassungsstrategien an den Klimawandel und ein Klimaschutz-Masterplan erarbeitet.
Welche Aufgaben nehmen Sie in Ihrer Funktion als Klimaschutzmanager der Stadt Heilbronn wahr?
Aktivitäten im Bereich Klimawandelanpassung
Berner-vom Feld: Die Stadt Heilbronn erstellt seit März 2020 ein Klimaschutzteilkonzept zur Anpassung an den Klimawandel in Heilbronn. Hierbei geht es darum, die nicht mehr abwendbaren Folgen des Klimawandels strategisch und nachhaltig anzugehen und die Auswirkungen des Klimawandels auf natürliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Systeme abzumildern. Die Konzepterstellung wird durch die Nationale Klimaschutzinitiative und durch das Land Baden-Württemberg gefördert.
Aktivitäten im Bereich Klimaschutz
Gützloe: Im Jahr 2019 wurde damit begonnen, das bisherige Klimaschutzkonzept der Stadt Heilbronn zu einem Klimaschutz-Masterplan fortzuschreiben. Dieser Klimaschutz-Masterplan soll die Ausrichtung des Klimaschutzes der Stadt Heilbronn für die kommenden Jahrzehnte definieren. Die Erstellung des Klimaschutz-Masterplans wird im März 2021 abgeschlossen und im Gemeinderat vorgestellt.
Der Masterplan stellt die strategische Grundlage für die Energie- und Klimapolitik der Stadt Heilbronn in den nächsten Jahren dar. Der Prozess der Erarbeitung des Masterplans umfasst inhaltlich verschiedene Bausteine von der ersten Analyse hin zu einer Zieldefinition und einem Maßnahmenkatalog. Durch diesen Klimaschutz-Masterplan sollen strategische Zielsetzungen für das Stadtgebiet Heilbronn entwickelt und konkretisiert werden. Die Formulierung eines Maßnahmenkatalogs inkl. einer Priorisierung der darin vorgeschlagenen Maßnahmen stellen einen wesentlichen Bestandteil des Klimaschutz-Masterplans dar. Wichtige Bausteine für einen erfolgreichen Klimaschutz und somit des zukünftigen Klimaschutz-Masterplans stellen neben Energieeffizienz, Energieeinsparung und dem Ausbau erneuerbarer Energien die energetische Gebäudesanierung dar.
Wie macht sich der Klimawandel in der Stadt konkret bemerkbar?
Berner-vom Feld: Die Jahresmitteltemperatur in Baden-Württemberg stieg seit Beginn der Aufzeichnungen 1881 bis 2019 um 1,5°C. Die Klimaprojektionen im Rahmen der gesamtstädtischen Klimaanalyse für die Stadt Heilbronn aus dem Jahr 2017 kamen zu dem Ergebnis, dass die Jahresmitteltemperatur bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf 13,2°C ansteigen wird und damit das Klima mediterranen Verhältnissen sehr nahekommen wird. Außerdem wird eine Verschiebung der Niederschlagsverteilung zu trockeneren Sommern und niederschlagsreicheren, aber schneeärmeren Wintern prognostiziert. Aktuelle und umfassende Ergebnisse werden nach der Erstellung des Klimaschutzteilkonzepts zur Anpassung an den Klimawandel bis Juni 2021 vorliegen.
Welche Maßnahmen hat die Stadt unternommen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken?
Berner-vom Feld: Die Konzepterstellung des Klimaschutzteilkonzepts zur Anpassung an den Klimawandel ist noch im Gange. Die Zielsetzungen dabei sind die Sensibilisierung und der Wissensaustausch zum Thema Klimafolgenanpassung zwischen Verwaltung, Bevölkerung, Unternehmen und Politik, die Verringerung der Anfälligkeit, die Erhöhung der Widerstandsfähigkeit, die Integration des Themas Klimafolgenanpassung innerhalb der Stadtverwaltung und die Entwicklung einer gesamtstädtischen Strategie und dazugehörigen konkreten Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel.
Die städtische Anpassung an den Klimawandel ist ein handlungsübergreifendes Thema. Die Bereiche Bauen und Wohnen, Grün- und Freiflächen, Land- und Forstwirtschaft, Menschliche Gesundheit und soziale Infrastruktur sowie Wassermanagement stehen dabei im Fokus. Die entscheidende Frage ist, in welchen Handlungsfeldern mögliche Risiken und Gefahren entstehen.
Um ein gutes umsetzungsreifes Ergebnis zu erzielen, gab es eine umfassende Beteiligung aller relevanten Akteure. Die Bürgerinnen und Bürger konnten in einer Online-Umfrage vom 9. Juli bis zum 28. August 2020 ihre Anregungen und Ideen einbringen. Der Austausch mit zahlreichen Akteuren erfolgte in kleinen Veranstaltungen, Gesprächsrunden, per E-Mail und über Webex. Auf der Basis der Bestandsaufnahme, der Betroffenheitsanalyse und der Akteursbeteiligung ist die Maßnahmenentwicklung einer der nächsten wesentlichen Schritte. Nach Abschluss des Konzeptes wird es einen umfassenden Maßnahmenkatalog für den gesamten Stadtkreis geben, der dann in den folgenden Jahren sukzessive umgesetzt wird.
Wie hoch sind die Kosten dieser Maßnahmen?
Berner-vom Feld: Aussagen über die Kosten der Maßnahmen können erst nach Abschluss der Konzepterstellung gemacht werden.
Heilbronn wollte bis 2020 die Klimaziele erreichen: Reduktion des CO2-Ausstoßes um mindestens 20 Prozent im Vergleich zu 1990. Ist dies gelungen?
Gützloe: Die letzte Fortschreibung der CO2-Bilanz der Stadt ergab, dass bis zum Ende des Jahres 2015 18,1 % des klimaschädlichen Gases CO2 im Vergleich zum Bezugsjahr 1990 eingespart wurden. Aktuellere Zahlen liegen bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor. Es ist davon auszugehen, dass das anvisierte Klimaschutzziel erreicht wird.
Was müsste Ihrer Ansicht nach auf politischer und gesellschaftlicher Ebene noch passieren, um einen weiteren Temperaturanstieg zu reduzieren?
Berner-vom Feld: Jeder Einzelne trägt die Verantwortung, im Rahmen seiner Möglichkeiten hier aktiv zu werden. Auf der städtischen Homepage gibt es unter https://www.heilbronn.de/umwelt-mobilitaet/klima-klimaschutz/co2-rechner.html einen CO2-Rechner. Hier können die Bürgerinnen und Bürger herausfinden, wo sie stehen und durch welche Maßnahmen ihr CO2-Fußabdruck entscheidend verbessert werden kann. Klimaschutz geht uns alle an. Positiv ist, dass inzwischen das Thema bei uns in Deutschland in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Das ist ein wichtiger Schritt.
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Emission von Treibhausgasen in Heilbronn?
Gützloe: Dazu liegen für die Stadt Heilbronn keine Daten vor. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich auch im Stadtkreis der deutschlandweite Trend zu einem Rückgang der Treibhausgasemissionen bemerkbar gemacht hat. Dadurch, dass gegenwärtig viele Menschen im Homeoffice arbeiten, hat der Verkehr deutlich abgenommen. Ob die Corona-Pandemie langfristige Auswirkungen auf die Treibhausgasemissionen in Heilbronn haben wird, kann derzeit nicht abgeschätzt werden.
Was würde ein weiterer Temperaturanstieg für Heilbronn bedeuten?
Berner-vom Feld: Ein weiterer Temperaturanstieg erscheint realistisch. Nach Vorliegen der Endergebnisse des Klimaschutzteilkonzepts für die Stadt Heilbronn wird es genauere Ergebnisse über den prognostizierten Temperaturanstieg und eine Klimaanpassungsstrategie mit einem umfassenden Maßnahmenpaket geben. Die Handlungsschwerpunkte werden in den Bereichen Grün- und Freiflächen, Menschliche Gesundheit, Bauen & Wohnen, Land-und Forstwirtschaft und im Wassermanagement sein. Damit sollen die bereits erfolgten und die noch zu erwartenden Auswirkungen vorausschauend begrenzt werden. Mögliche Maßnahmen zur Sicherung/Optimierung des Stadtklimas wären beispielsweise der Erhalt von Frischluftschneisen, die Grünflächenvernetzung, Grünflächen mit hohem Baumbestand, die Entsiegelung von Teilflächen, die Erhöhung des Baumbestands an Straßen, Dach- und Fassadenbegrünungen sowie das Zurückhalten und Speichern von Niederschlagswasser.
Bezogen auf die globale Dimension: Glauben Sie, dass der Klimawandel noch in den Griff zu bekommen ist?
Berner-vom Feld: Ich bin grundsätzlich optimistisch und denke, dass in den nächsten Jahren auch auf globaler Ebene noch viel passieren wird, um die Auswirkungen auf ökologische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Systeme abzumildern.
Wie bewerten Sie die Bewegung von Fridays for Future?
Gützloe: Ich bewerte die Fridays for Future Bewegung durchweg positiv. Durch das Engagement zahlreicher Schülerinnen und Schülern wurde die globale Notwendigkeit eines engagierten Klimaschutzes vielen Bürgerinnen und Bürgern wieder ins Gedächtnis gerufen.
Welche Projekte sind für 2021 in Heilbronn geplant?
Gützloe: Es ist geplant, die Konzepterstellung des Klimaschutz-Masterplans innerhalb der kommenden Monate abzuschließen. Anschließend folgt die kontinuierliche Umsetzung der darin beschlossenen Maßnahmen. Über alle zukünftigen Aktivitäten wird auf www.klimaschutz-heilbronn.de informiert.
Berner-vom Feld: Die Konzepterstellung für das Klimaschutzteilkonzept zur Anpassung an den Klimawandel wird bis Juni 2021 abgeschlossen sein. Danach steht auch hier die sukzessive, kontinuierliche Umsetzung im Vordergrund. Weiterhin wird die Fortschreibung der CO2-Bilanzierung im Laufe des Jahres erfolgen, um auch hier aktuelle Ergebnisse zu haben.