Der Odenwald und der Kraichgau waren im turbulenten Jahr 2021 vor große Herausforderungen gestellt. Im Gespräch mit MORITZ-Redakteur Riccardo Terrasi blickt der Bürgermeister von Buchen, Roland Burger, auf ein bewegtes Jahr zurück und schaut auf 2022.
Herr Burger, im November 2021 wurden Sie als Bürgermeister wiedergewählt. Was waren die dominierenden Themen des Wahlkampfes?
Eine Grundfrage war, welche Persönlichkeit in den nächsten acht Jahren führen soll. Klassische Wahlkampfthemen, im Sinne eines Wettbewerbs – Pro und Contra – konnte ich keine ausmachen. Jeder Kandidat hat eigene Akzente gesetzt. Ich selbst habe die Megathemen Klimawandel, demografischer Wandel, Digitalisierung und Corona in den Fokus meiner Zielformulierungen gestellt.
2021 war bereits das zweite Jahr, das Corona fest im Griff hatte. Wie blicken Sie darauf zurück?
Leider hat sich die Hoffnung, im Laufe des Jahres 2021 in ein pandemiefreies Leben zurückkehren zu können, nicht erfüllt. Die seit Jahresbeginn bestehenden Impfmöglichkeiten haben aber - trotz Impfdurchbrüchen – dazu geführt, dass die Zahl schwerer Verläufe geringer geworden ist. Corona liegt aber nach wie vor wie Mehltau auf unserem Leben. Wir haben natürlich ein Stück weit damit zu leben gelernt, aber die Pandemie ist nicht überwunden. Gerade das soziale Leben und die Vereinsarbeit leiden aktuell wieder massiv unter den Einschränkungen.
Wie ist Buchen bislang durch die Pandemie gekommen?
Finanziell können wir als Stadt, auch dank der merklichen Unterstützung von Bund und Land, mit den Folgen der Pandemie (noch) ohne merkliche Einschränkungen umgehen. Die gesellschaftlichen Folgen sind aber sehr vielschichtig und können im Moment kaum beurteilt werden. Es bedrückt mich insbesondere, dass ein deutlich wahrnehmbarer Teil unserer Gesellschaft in einer Parallelwelt mit eigenen, alternativen Wahrheiten lebt.
Was waren in diesem Jahr für Sie die größten Herausforderungen?
Für die Stadt bringt die Pandemie erhebliche Zusatzaufgaben mit sich, die von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gestemmt werden müssen. Das fängt beim Ordnungsamt an, das die jeweils aktuelle Rechtslage sichten, kommunizieren und letztlich durchsetzen muss und geht bis zur Schulverwaltung, die ähnliche Aufgaben hat und zudem Tests, Lüftungsgeräte und mehr beschaffen muss…….. Daneben dürfen die üblichen Verwaltungsaufgaben und natürlich auch unsere Hauptaufgabe nicht aus den Augen verloren werden: Die strategische Weiterentwicklung unserer Stadt unter dem Leitmotto „Zukunftssicherung für die Menschen“!
Gab es auch positive Aspekte, die Sie 2021 überrascht haben?
Als sehr positiv empfinde ich die gelebte Solidarität und die Kreativität, mit der die Menschen auf die aktuellen Herausforderungen reagieren. Hier will ich die Nachbarschaftshilfe nennen und auch die organisierte Hilfe, wie zum Beispiel den ehrenamtlich geleisteten Helfereinsatz zum Ausgleich von fehlendem Personal durch das DRK und andere Hilfsorganisationen in unseren Pflegeheimen und Krankenhäusern. Aber auch die alternativen Veranstaltungsideen wie die Reihe „Genieß die Buche!“ oder die Internetfastnacht – bis hin zum selbst gedrehten Faschenachtsfilm – gehören dazu.
Was waren Themen abseits von Corona, die Sie 2021 beschäftigt haben?
Ein Schwerpunkt war die Schaffung von Wohnraum, insbesondere beim Baugebiet „Marienhöhe“. Dort erschließt die Stadt aktuell rd. 160 neue Bauplätze für bauwillige junge Familien. Des Weiteren haben wir nach dem Abschluss der Sommerferien den ersten neuen Gebäudetrakt des Burghardt-Gymnasiums in Dienst stellen können. Die Erweiterung und Generalsanierung dieser Schule ist die größte Baumaßnahme in der Geschichte Buchens. Einen Schwerpunkt haben wir auch bei der Bürgerbeteiligung im Rahmen des Dialogprozesses „Der Ländliche Raum für Zukunft“ gesetzt.
Wo steht Buchen Ende 2021 in Ihren Augen?
Ich glaube, wir können uns aktuell auf allen Zukunftsfeldern sehen lassen. Wir sind ein funktionierendes und anerkanntes Mittelzentrum im Ländlichen Raum mit einer sehr guten Infrastruktur. Das sage nicht nur ich, das haben auch andere festgestellt. Das online Magazin der Wochenzeit „Die Zeit“ ordnet Buchen wegen seiner guten Infrastruktur der Kategorie „glückliche Kleinstadt“ zu. Aber klar ist, dass uns nichts geschenkt wird. Wir haben immer um unsere Infrastruktur kämpfen müssen und das wird so bleiben.
Wie sehen Sie die weitere Entwicklung der Stadt im kommenden Jahr?
Wir stehen vor großen Herausforderungen. Der Gemeinderat hat vor wenigen Wochen einen Doppelhaushalt für 2022/2023 beschlossen. Das Ziel ist es, in beiden Jahren jährlich 26 Mio. Euro in die Infrastruktur unserer Stadt zu investieren. In normalen Jahren investieren wir in etwa die Hälfte dieses Betrages. Das alles anzuschieben und zu administrieren wird ein Kraftakt für mein Team und mich.
Was wünschen Sie sich persönlich für 2022?
Ich wünsche mir, dass meine Familie und ich ein gesundes und erfüllendes Jahr 2022 erleben dürfen. Ein Jahr, in dem wir die Pandemie im Interesse der gesamten Gesellschaft endlich in den Griff bekommen.