Caro Werk Ludwigsburg
Es gibt ihn seit 1954. Die Babyboomer sind mit ihm groß geworden. Er ist als Muckefuck, Blümchen- oder Kinderbohnenkaffee in die Geschichte eingegangen: Der Caro-Kaffee. Seit 150 Jahren wird er im Caro-Werk in Ludwigsburg, das zu Nestlé gehört, produziert. Mit Jahresfrist wird die Produktion dort eingestellt und nach Portugal ausgelagert. Rund 100 Mitarbeiter sind betroffen.
Die Sozialplanverhandlungen laufen seit Ende Oktober. Eine Mitarbeiterflotte aus Portugal wird im Ludwigsburger Nestlé-Werk bereits eingearbeitet. Die Ludwigsburger Stammmannschaft versucht indes zu retten, was nicht mehr zu retten ist, indem sie Bürger und Medien mit Demonstrationen und Aktionen zu mobilisieren oder doch zumindest aufmerksam zu machen versucht.
Alexander Antonoff, stellvertretender Leiter Corporate Communications bei Nestlé erläutert auf Anfrage den aktuellen Stand: Danach sei nach umfangreichen Beratungen mit den zuständigen Gremien weiterhin geplant, die Produktion zum 31. Dezember einzustellen und im Anschluss das Werk stillzulegen. »Alle Mitarbeiter des Werks sind durch die Schließung betroffen«, so Antonoff. »Das sind rund 100 Mitarbeiter, wobei bereits elf Mitarbeiter eine neue Beschäftigung gefunden und unser Unternehmen verlassen haben.« Im Rahmen der Verhandlungen zu Interessenausgleich und Sozialplan würden unterschiedliche Maßnahmen diskutiert, um sinnvolle Lösungen für die Belegschaft zu finden. Dabei handele es sich um Regelungen zu Abfindungen, Vorruhestand und Qualifizierungsmaßnahmen. Antonoff: »Die Gespräche dazu laufen noch. Unsere Zielsetzung ist es, den betroffenen Mitarbeitern schnellstmöglich Klarheit und Planungssicherheit zu geben. Wir planen das Werk zu schließen, somit wird auch das ganze Werk stillgelegt. Wir wollen das Areal veräußern, einen konkreten Käufer gibt es noch nicht. Caro Landkaffee wird auch in Zukunft in der bewährten Qualität im Handel erhältlich sein.«
Bevor die Absicht von Nestlé, den Ludwigsburger Standort zu schließen, der Öffentlichkeit und der Stadtverwaltung bekannt wurde, habe es bereits Gespräche zwischen Stadtverwaltung und Nestlé gegeben, sagt Meike Wätjen, Pressesprecherin der Stadt Ludwigsburg. Dabei habe die Stadtverwaltung mit Nestlé lediglich über eine Nutzung von Flächen gesprochen, deren Gebäude leer stehen, um dort den Verlauf einer zweiten Unterführung von den Bahngleisen zum Zentralen Omnibusbahnhof einzurichten. »Hintergrund ist die hohe Besucherfrequenz am Bahnhof«, so Wätjen. Die Beteiligten verständigten sich darauf zu prüfen, inwieweit dies durch Optimierungen im Bereich des Nestlé-Geländes möglich ist. Nach wie vor ist es ein wichtiges Ziel der Stadt, die Besucherströme am Bahnhof besser lenken zu können. Die Stadt wird die Realisierung einer zweiten Unterführung daher weiter verfolgen und mit Nestlé im Gespräch bleiben. Zur geplanten Schließung sagt Oberbürgermeister Werner Spec: »Wir bedauern zutiefst die geplante Schließung des Nestlé-Werks. Denn damit geht eine stolze 150-jährige Geschichte des Unternehmens zu Ende, die von Johann Heinrich Franck im 19. Jahrhundert eingeleitet wurde. Der Firmengründer hatte damit den Grundstein für ein europaweit agierendes Unternehmen gelegt. Und dazu beigetragen, dass Ludwigsburg wirtschaftlich und sozial wachsen und sich entwickeln konnte. Wir stehen dem Unternehmen bei der schwierigen Aufgabe, sozialverträgliche Lösungen für die Mitarbeitenden zu finden, gerne beratend zur Seite und leisten Hilfe, wo es uns möglich ist.« Die Stadtverwaltung stehe über ihre Wirtschaftsförderung in Kontakt mit der Unternehmensführung und der Agentur für Arbeit, um jenen Beschäftigten eine Perspektive anzubieten, die nicht an einen anderen Nestlé-Standort wechseln wollen oder können.
Caro-Kaffee war vor allem bei der Nachkriegsgeneration beliebt. Echter Bohnenkaffee war in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg rar und teuer. So war man froh, mit Caro-Kaffee einen adäquaten Ersatz zu haben. In Ludwigsburg wurden bis dato die Marken Orzoro, Caro Landkaffee, Linde’s Kornkaffee und Kathreiner Malzkaffee hergestellt. Die Marke Orzoro soll es künftig nur noch in Italien geben. Über die Pläne für die restlichen Marken gibt es keine aktuellen Informationen. Nestlé ist der weltgrößte Nahrungsmittelskonzern mit Hauptsitz in der Schweiz. Medienberichten zu Folge, wird bei Nestlé umstrukturiert um so einer rückläufige Wachstumsrate entgegenzuwirken. Danach war der Umsatzzuwachs am Standort Ludwigsburg von 5,9 Prozent im Jahr 2012 auf 2,4 Prozent im Jahr 2017 gefallen.