Verkehrsminister Winfried Hermann (Bild oben) hat sich nach eigenem Bekunden in die »Höhle des Löwen« begeben um sich die Nöte des Landkreises
»Was nicht zur Tat wird, hat keinen Wert.« Mit diesem Zitat des Theologen Gustav Werner forderte Landrat Dr. Achim Brötel die Landespolitik, vertreten durch Verkehrsminister Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) höchstselbst, beim jüngst durchgeführten Straßengipfel in Mosbach zum Handeln auf.
Anlass des Gipfels: Das marode Landesstraßennetz des Neckar-Odenwald-Kreises. Rund 100 Besucher hatten sich eingefunden um ihren Unmut über den Zustand der Straßen kundzutun. Brötel gab aber deutlich zu verstehen, dass der Abend »keine Art Tribunal« werden, sondern den Ist-Zustand beschreiben und eine Priorisierung möglicher Sanierungsmaßnahmen in den Fokus rücken solle. »Berge von Löchern« mahnte der Landrat an, nicht zuletzt, weil sie mehr und mehr die Verkehrssicherheit gefährdeten.Die Liste der sanierungsbedürftigen Straßen im Landkreis ist lang. Brötel: »Wir brauchen einen Masterplan für den NOK.« Und: »Geben Sie uns das Geld, den Rest machen wir dann.« Winfried Hermann sah die Notwendigkeit, gab aber auch unumwunden zu verstehen: »Wir haben aufgehört, alles zu versprechen und nichts zu halten.« Der »immense Sanierungsstau« könne nicht von heute auf morgen abgebaut werden. Hermann: »Es gibt keine wundersame Geldvermehrung und ich kann nicht alles in den Neckar-Odenwald-Kreis geben.«Achim Brötel unterstrich, dass man durchaus anerkenne, dass das Land »unter Ihrer politischen Verantwortung, lieber Herr Minister Hermann« inzwischen deutlich mehr Geld in die Straßenerhaltung investiert, als das früher bei den Vorgängerregierungen der Fall gewesen sei. Auch, dass sich Versäumnisse, die andere zu verantworten hätten, nicht über Nacht erledigen ließen. »Das ändert aber nichts daran, dass wir in der Tat an vielen Stellen einen eklatanten Handlungsbedarf und damit verbunden eben auch aktuelle Versäumnisse des Landes sehen«, so der Landrat. Und weiter: »Wenn man wirklich verantwortungsbewusst mit seinem Eigentum an Landesstraßen umgehen will, dann muss deutlich mehr Geld ins System.« Es müsse Schluss damit sein, Probleme einfach zu ignorieren oder wegzureden. »Unser Ziel ist es, dass das Land endlich erkennt, dass an vielen Stellen im Landesstraßenbereich dringender Handlungsbedarf besteht«, so Achim Brötel in seinem flammenden Plädoyer.
Über eine Strecke von 55 Kilometern müssen derzeit an 17 Stellen, im Sommer wegen sogenannter Schwitzstellen sind es gar 23 Abschnitte, an Landesstraßen im Neckar-Odenwald-Kreis Warnschilder aufgestellt werden, die auf Straßenschäden hinweisen und entsprechende Geschwindigkeitsbeschränkungen vorgeben. Das entspreche mehr als 15 Prozent des gesamten Landesstraßennetzes im Kreisgebiet. Darunter zum Beispiel die L589 zwischen Lohrbach und Weisbach, dieL527 zwischen Neckargerach und Reichenbuch, die L519 in der Ortsdurchfahrt Adelsheim, die L615 zwischen Muckental und Dallau, die L582 zwischen Osterburken und Bofsheim, die L634 zwischen Oberdielbach und Schollbrunn oder die L520 zwischen Großeicholzheim und Waldhausen. Brötel zu Hermann: »Wir können gerne einmal eine gemeinsame Ausfahrt unternehmen.«Man müsse schon ziemlich große Tomaten auf den Augen haben, wenn man eine solche Straße als »nicht sanierungsbedürftig« einstufe, so der Landrat. Das sei dasselbe wie bei kleinen Kindern, die sich selbst die Augen zuhalten und meinen, dass sie dadurch auch für andere unsichtbar werden. »So einfach ist die Welt aber eben nicht.«
Derzeit läuft bei der Landkreisverwaltung die Nacharbeit zu dem Gipfel. Danach soll der bei der Veranstaltung zugesagte Abgleich der Priorisierung anstehender Straßensanierungen zwischen Land und Kreis zeitnah stattfinden. Simone Heiland