Crosby, Stills & Nash: Ein "legendärer" Abend in Stuttgart

Foto: Torsten rothe

Crosby, Stills & Nash in Stuttgart

Es ist immer eine knifflige Sache mit in die Jahre gekommenen Musiklegenden. Zu oft sägen sie im betagten Alter an ihren eigenen Denkmälern, sind oft Karikaturen ihrer selbst. „Sind sie alt und brauchen das Geld?“, ist man oft geneigt zu fragen. Doch es gibt auch Gegenbeispiele, die den Zauber, die Intensität, die Power und die Bedeutung ihrer Musik auch nach fast 50 Jahren so auf die Bühne bringen, dass der Körper nicht umhin kann, in sich gekehrt zu ruhen und mit leicht kribbelnder Gänsehaut den Klängen zu lauschen. Diese Momente sind in der heutigen schnelllebigen Zeit selten, dafür aber umso kostbarer. Die Zeit der Großen des Musikbusiness neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu. Heute gehen die meisten Musiker schneller als sie gekommen sind. Es ist nicht die Zeit für Legendenbildung. Vielleicht ist es dafür zu spät. Vielleicht aber auch noch zu früh. Denn noch sind sie nicht alle gegangen. Noch gibt es sie, diese Musiker, die mit ihrer Musik ganze Generationen geprägt haben. Drei davon standen am gestrigen Dienstag auf der Bühne der Porsche-Arena.

Da stehen sie, drei Männer, deren Haare schon mal voller waren und deren Bewegungen geschmeidiger. Doch ihre Stimmen und ihre Fingerfertigkeiten nie besser. Links Stephen Stills, in der Mitte – barfuß – Graham Nash, rechts David Crosby. Jedem dieser Drei wurde buchstäblich ein Teppich ausgerollt. Zwar kein roter, aber diese haben sie noch nie nötig gehabt. Einfache Knüpfteppiche reichen. Es braucht kein großes Tamm-Tamm, keine hohen Boxentürme, keine aufwändige Lichttechnik an diesem Abend. Die Musik spricht für sich. Im Hintergrund steht eine Band aus versierten Musikern, die schon etliche Weltstars auf der Bühne begleitet haben. Jetzt bilden sie das Fundament, auf dem Crosby, Stills & Nash ein Haus bauen.

Es ist ein Haus, das nicht weit in den Himmel ragt, aber ein Haus, das ganz viel Tiefe bietet, zahlreiche Ein- und Ausgänge und noch mehr Zimmer. In jedem dieser Zimmer haben sich über vier Dekaden Gäste eingenistet, die alle etwas zu sagen haben. Und es sind Gäste, an dessen Lippen und an dessen Saiten man als Konzertbesucher hängt. Die einen einladen, ihre Räume und deren Innenleben zu erkundschaften. Aus einem Zimmer schallt der „Marrakesh Express“ aus dem Jahre 1969, aus dem nächsten kommt „Just a song before I go“, datierend anno 1977, aus dem dritten erklingt „Teach your children“ und der ganze Saal der leider nicht ganz ausverkauften Porsche-Arena stimmt mit ein. In anderen Zimmern gastieren „Buffalo Springfield“, „The Rides“ und jede Menge Solo-Werke der drei Masterminds. Nicht jeder dieser Räume ist auf Hochglanz poliert, manchmal blättert etwas die Tapete ab, bei manchen lässt sich die Tür schwerer öffnen als bei den anderen. Doch jeder Raum atmet seinen eigenen Geist, hat seine eigene Geschichte. In keinem findet man Mobiliar von der Stange, alles darin ist handgefertigt, voll erfüllt mit Seele. Das spüren die gut 3.000 Besucher bis ins Rückenmark und quittieren den Abend mit Standing Ovations. 217 Jahre bringen Crosby, Stills & Nash zusammen und nach diesem Gastspiel möchte man hoffen, dass da noch das eine oder andere Jährchen draufgepackt wird.

Alexander Steinle

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