Bettspielzeuge aus dem Odenwald
WaldMichlsHoldi-Gründer Elmar Thüry und MORITZ-Redakteurin Sophia Budschewski
Mit einem Gartenpilz fing alles an, jetzt ist der gelernte Maschinenschlosser Elmar Thüry (60) einer der bekanntesten Holzdildo- und Holzvibratoren-Hersteller. MORITZ-Redakteurin Sophia Budschewski hat das Familienunternehmen »WaldMichlsHoldi« in Hettigenbeuern besucht.
An an einem verregneten Tag im Jahr 2006 stand Elmar Thüry in seiner Hobbywerkstatt und drechselte Holzpilze für den Vorgarten. Einer der Pilze war ihm zu klein geraten. Bei näherem Betrachten erinnerte der harmlose Pilz weniger an Gartendeko, eher an erotisches Spielzeug. Als er den ersten Holzdildo-Prototyp seinem ältesten Sohn Steffen zeigte, kam dieser auf die Idee, diesen auf einer Auktionsplattform im Internet zu verkaufen. Die Holzdildos aus Hettigenbeuern verkauften sich sehr gut. Das positive Feedback auf seine handgedrechselten Dildos überraschte den gelernten Maschinenschlosser. Eigentlich wollte Familie Thüry die Produktion ihrer erotischen Ware geheim gehalten, denn Tochter Jasmin war damals erst 16 Jahre. Kurz darauf entschlossen sie sich, ihre Ware im Internet zu verkaufen. Damit war allerdings die Katze aus dem Sack.
»Viele haben gefrotzelt«
Das 600-Seelen-Dorf Hettigenbeuern war teilweise nicht gerade begeistert, dass in ihrer Nachbarschaft Erotik Spielzeug produziert wird. »Wir waren das Stammtischthema, viele haben gefrotzelt«, erinnert sich Elmar Thüry zurück,. »Fastnacht 2007 haben sie mein Unternehmen durch den Kakao gezogen. Der Verein hat meine Holzdildos nachgebaut und beim Umzug unter älteren Leuten und gar Kindern verteilt, das war sehr verletzend«. Statt aufzugeben, hat er nachgelegt: »An dem Abend entstand der erste Vibrator.« Seitdem ist die ganze Familie eingespannt. Im Familienunternehmen WaldMichlsHoldi hat jeder seine Aufgabe. Tochter Jasmin mit Schwiegersohn Dominik, die beiden Söhne Daniel und Steffen und Ehefrau Maria kümmern sich gemeinsam mit Erfinder Elmar Thüry um Produktion und Vertrieb. Erotikspielzeug ist eigentlich kein Thema innerhalb der Familie. Wie geht man damit um? »Wir haben schon immer offen über Sexualität gesprochen. Es ist schließlich die Aufgabe der Eltern, ihren Kindern Verantwortung im Umgang mit dem Thema beizubringen.«, meint Elmar gelassen.
»Es ist kein Tabuthema mehr«
Diese Selbstverständlichkeit zeigt Familie Thüry auch bei ihren Kundengesprächen. »Es ist kein Tabuthema mehr«, weiß der Holzdildo Erfinder, »Wir haben uns familienintern auf Begriffe geeinigt, um unsere Produkte und ihre Anwendung zu beschreiben. Wir haben eine eigene Sprache entwickelt, um mit fremden Menschen über ihre Sexualität und Bedürfnisse zu sprechen, ohne dass es ordinär klingt.«
»Über den Onlineshop liefern wir bis nach Australien«, berichtet der Odenwälder. Neben der Webseite und einem Verkaufsraum direkt neben der Werkstatt ist ein wichtiger Vertriebsweg der Direktverkauf. Seit Dezember 2008 ist der selbst gebaute Stand der Familie Thüry auf dem Erotischen Weihnachtsmarkt auf der Reeperbahn in St. Pauli dabei. Aber auch auf deutschlandweiten Erotikmessen, wie der »Venus« in Berlin, und Musikfestivals, wie das »Wacken« Festival in Schleswig-Holstein sind die Holzdildos aus dem Odenwald beliebt.
»Wichtig sind sanfte Rundungen«
Das Wissen über Erotikspielzeug hat sich Familie Thüry selbst angelesen. »Wir haben uns intensiv mit der menschlichen Anatomie auseinandersetzt. Wichtig sind sanfte Rundungen. Es dürfen keine scharfen Kanten am Dildo sein, sonst besteht Verletzungsgefahr.« Bis zu 40 Exemplare schafft Elmar Thüry am Tag. Die Produktion passt er allerdings an die Nachfrage an.
»vorne ist immer die intensivste Vibration«
Die häufigste Frage zu den erotischen Holzspielzeugen: Gibt es keine Splitter? »Nein, Fichtenholz splittert schon, aber wir beschichten die Produkte mit einem speziell entwickeltem Lack. Dieser macht die Oberfläche glatt und eben. Das Holz passt sich schnell der Körpertemperatur an. Es ist von Natur aus ein langfasriges und weiches Holz, somit ein sehr guter Resonanzkörper. Durch die hohe Eigenresonanz des Fichtenholzes wird die Vibration nicht nur weitergeleitet, sondern in sich verstärkt. Einzigartig: egal wo der Motor eingebaut ist, vorne ist immer die intensivste Vibration. Unser Fichtenholz kommt aus Baden-Württemberg, es ist ein optimales Material für erotische Spielzeuge«, erklärt Elmar Thüry. Alle Produkte sind TÜV geprüft.
Bärenzunge, Tannenzäpfchen & Doppelhummel
Wenn Zeit ist, tüftelt Elmar Thüry in seiner Werkstatt an neuen Formen, so erweitert sich die Produktpalette stetig. Vor allem die Namen der Produkte bleiben im Gedächtnis: Doppelhummel, das Einhorn, die Bärenzunge, der kleine Biber, das Frettchen und das Tannenzäpfchen. Diese hat Familie Thüry gemeinsam ausgesucht, einziges Kriterium es muss zum Thema Wald passen. Neben Farbe, Durchmesser und Verzierungen, werden auch Sonderanfertigungen gemacht. Die Teuerste: ein Gold Vibrator mit 24 Karat im Wert von 550 Euro. Und die Kundschaft? »Pärchen, Junggesellinnen-Abschiede, meistens sind es Eheleute, welche mit unseren Produkten ihre Beziehung wieder auffrischen wollen. Manchmal reicht ein erotisches Spielzeug, um wieder über die Wünsche des Partners zu sprechen.« meint Elmar Thüry.