Szymanski
Auf Einladung des Kinderschutzbundes Kreisverband Neckar-Odenwald-Kreis kam der Dipl. Psychologe Roman Szymanski ins Foyer des Landratsamtes, um die Zuhörer in einem fesselnden Vortrag mit dem Thema „Mobbing im Netz“ zu sensibilisieren.
Ausgehend von dem Fall der Amanda Todd, die nach mehrjährigem Cyber-Mobbing als einzigen Ausweg den Selbstmord suchte, wurde die Bedeutung des Internets, die Definition von Mobbing und der Unterschied zwischen Mobbing und Cyber-Mobbing herausgearbeitet.
Dabei wurden anhand interessanter Fragestellungen die Zuhörer als Antwortgeber immer wieder mit eingebunden.
Das Internet bietet Menschen weltweit eine Plattform ihre Ideen, Informationen, Videos und Fotos ins Netz zu stellen und damit für die gesamte Menschheit verfügbar zu machen. So wurde beispielsweise ermittelt, dass auf „You tube“, einer Video-Plattform, innerhalb einer Minute so viel neues Videomaterial heraufgeladen wird, dass man alleine dafür 72 Stunden aufbringen müsste, um alles anzuschauen (Stand 2014). Über 90% der Jugendlichen besitzen ein Handy oder Smartphone, mit dem sie auch regelmäßig im Netz unterwegs sind. Was dann damit alles heruntergeladen und angeschaut, gefilmt und wiederum ins Netz gestellt wird, entzieht sich größtenteils der Kontrolle der Eltern. Der pubertierende Jugendliche, der sich in der Ablösungsphase von seinen Eltern befindet, erlebt mit seinem Smartphone eine neue Unabhängigkeit, genießt in der Regel den engen Kontakt mit seinen Freunden über Messenger wie z.B. WhatsApp und gelangt problemlos und schnell an Informationen jeglicher Art. Über viele „Likes“ und positive Kommentare seiner facebook Freunde steigt sein Selbstwertgefühl. Doch alles kann sich auch innerhalb einer kurzen Zeitspanne ins Negative verkehren: Da finden sich plötzlich sogenannte „Shitstorms“ anstelle der „Likes“, Beleidigungen und Drohungen nehmen zu und die WhatsApp-Gruppe wird zur Belastung. Es werden Lügen und peinliche Bilder verbreitet und es entsteht eine Mobbing-Situation, in der das Opfer diffamiert wird.
Roman Szymanski ging in seinem Vortrag auf alle Beteiligten einer Mobbing Attacke ein.
Zwischen dem Opfer und dem „Täter“ besteht ein Machtgefälle, welches durch sogenannte „Assistenten“ der Täter verstärkt wird und den Beteiligten erlaubt, in dem Maße zu agieren und einen solchen Schaden anzurichten. Täter brauchen also „Follower“. Eine weitere große Gruppe neben den bereits Erwähnten sind die Zuschauer oder auch Beobachter, die sich „neutral“ verhalten oder die beispielsweise durch Applaudieren als Verstärker des Mobbing-Teams in Erscheinung treten. Natürlich gibt es auch Menschen, die dem Opfer beiseite stehen und helfen wollen. Doch wie eine wirksame Hilfe aussieht, liegt hauptsächlich an dem frühen Zeitpunkt des Einschreitens. In der Entstehungsphase, das kann beispielsweise ein Streit sein, ist das Eingreifen eines Helfers am wirksamsten.
Cyber-Mobbing entwickelt gegenüber dem „üblichen“ Mobbing, z.B. im Rahmen der Schulklasse, eine weitaus größere Dynamik. Die „Täter“ können aus sicherer Distanz im Netz anonym agieren. Sie nutzen die Öffentlichkeit und die unkontrollierte Verbreitung der geposteten Nachrichten.
Die Opfer haben keine Chance, die Verbreitung zu verhindern, im besten Falle können diffamierende Bilder gelöscht werden. Die Daten, die irgendwo auf den Servern dieser Welt lagern, sind aber in den meisten Fällen dennoch weiterhin verfügbar. Das Gesetz regelt zwar das Recht an dem eigenen Bild (§§ 22,33 KunstUrHG), und auch sonst sind viele Cybermobbinghandlungen vom Strafgesetzbuch betroffen, aber ein Cyber-Mobbing-Gesetz gibt es leider noch nicht.
Aufgrund der rasanten Verbreitung können auch Helfer recht wenig ausrichten. Neben Gesprächen sollten zunächst Beweise gesichert werden: Screenshots, Tag und Inhalt der geposteteten Nachrichten sollten notiert werden. Danach sollte der Provider informiert werden, welcher unterstützen kann, dass die diffamierende Nachricht aus dem Netz genommen wird. Engste Freunde sollten benachrichtigt werden, die dann als Unterstützer des Mobbing-Opfers fungieren könnten.
Ganz wichtig ist die Information der Schule und das zur Rede stellen der „Täter“. Bei folgenden Medienportalen können Betroffene Hilfe und Unterstützung finden: save-me-online.de; juuport.de; sylvia-hamacher.de; klicksafe.de
Zum Abschluss des Vortrages appellierte Roman Szymanski an alle Eltern, Erzieher_innen und Lehrer_innen, sich neben der Wertevermittlung Medienwissen anzueignen und mit den Jugendlichen zum Thema in’s Gespräch zu gehen. Gemeinsam die allgemeinen Geschäftsbedingungen, von facebook und Co, durchzulesen, sich darüber auszutauschen und sie zu erklären, ist beispielsweise eine Herangehensweise, wie sich gemeinsam Medienwissen angeeignet werden sollte. Diese Anstrengung würde sich auf alle Fälle lohnen und Jugendlichen die Gefahren des Internets verdeutlichen.
Mit einem treffenden Spruch wurden die Zuhörer entlassen: „Erziehung geht bis zum 12. Lebensjahr, ab dann ist es Beratung!“
Abschließend bedankte sich der 2. Vorsitzende des KV NOK Deutscher Kinderschutzbund Andreas Größler für den spannend gestalteten und sehr informativen Vortrag.
Die Geschäftsstelle des Deutschen Kinderschutzbundes Kreisverband Neckar-Odenwald-Kreis ist an den folgenden Tagen geöffnet: Montags von 09:00 bis 12:00 Uhr, Mittwochs und Donnerstags von 14:00 bis 17:00 Uhr und telefonisch erreichbar unter 06261-9368803