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Foto: Universal/Siggi Wiest
voXXclub
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Helene Fischer, Andreas Gabalier – ja, Schlager und volkstümliche Musik sind längst der verstaubten Mottenkiste entkommen. Ihren Teil dazu haben auch die fünf Jungs von »voXXclub« beigetragen, die mit ihrer unkonventionellen und lockeren Art Konzerthallen, Bierzelte und Schlagercharts im Sturm eroberten. Jetzt ist ihr drittes Album »Geiles Himmelblau« erschienen und das Gute-Laune-Quintett macht auf seiner Tour Halt in Reutlingen. MORITZ-Redakteur Alexander Steinle sprach mit dem bestens gelaunten Sänger Christian Schild über uncoole Musikgeschmäcker, das Oktoberfest und Groupies vor und hinter der Bühne.
Wann hattest du das letzte Mal so rein gar keine Lust etwas zu machen?
Gestern. (lacht)
Du kannst tatsächlich entspannen? Darauf kommt man bei eurer Musik nicht unbedingt. Nach Ruhe und Lustlosigkeit klingt diese nicht...
Ne, das tut sie wirklich nicht. (lacht) Ich bin auf jeden Fall ein glücklicher Mensch und habe Spaß am Leben. Aber trotzdem bin ich ein Mensch. Ich hatte gestern einfach einen freien Tag und habe es genossen, auf der Couch zu sitzen, fernzugucken und nichts zu tun. Sonst sind wir viel unterwegs. Das ist zwar sehr cool. Aber das kostet auch Energie. Da braucht man auch mal Tage, an denen man einfach keinen Bock auf gar nichts hat.
Auf der Bühne seid ihr alle Energiebündel, die gute Laune versprühen. Ist es auf Dauer nicht anstrengend, bei Konzerten immer auf Knopfdruck glücklich und gutgelaunt zu sein?
Nein, ist es lustigerweise tatsächlich nicht. Natürlich ist man viel im Tourbus, fährt lange, dann kommt man an und muss gleich auf die Bühne. Es kommt schon mal vor, dass man in den Fällen keine Energie hat. Aber ich bin nicht alleine und von uns ist selten jeder im selben Modus. Während der eine eher schlafen will, ist ein anderer voller Energie. Wir fünf pushen uns immer gegenseitig. Und wenn wir auf die Bühne gehen, ist im besten Fall Publikum da, das auf uns wartet. Das pusht auch noch einmal. Mit dem Adrenalin kommt die gute Laune wie von selbst. Unsere Musik macht nicht nur unseren Fans gute Laune, sondern auch uns.
Früher wurde man auf dem Schulhof noch verprügelt, wenn man zugab, Schlager oder volkstümliche Musik zu hören. Warst du in deiner Jugend mutig genug, den Musikantenstadl anzuschauen und das auch zuzugeben?
(lacht) Ja, das war ich tatsächlich. Ich spiele auch Akkordeon, das Schwyzerörgerli, und das war zu meiner Schulzeit total out. Die Schulkameraden wussten, dass ich das spiele und das war alles andere als cool. Ich musste mir auch den einen oder anderen Spruch anhören. Wahnsinnig beliebt war ich auch nicht. Vielleicht auch einfach, weil ich selbst und mein Musikgeschmack ein bisschen komisch war. (lacht) Mein Papa jodelt, auch das fand man nicht unbedingt cool. Aber so bin ich nunmal aufgewachsen, oben in den Bergen auf einem Bergbauernhof: Papa jodelt, Mama spielt Akkordeon. Und das Verrückte heute ist, dass bei unseren Autogrammstunden 16-jährige Jungs mit Baseballcaps und in HipHop-Klamotten zu uns kommen und sagen: »Wow, voll cool, du spielst Akkordeon!«
Wie erklärst du dir, dass Schlager heute auf einmal wieder cool ist?
Gute Frage, ich weiß es nicht wirklich. Wenn man früher mit Schlager gleich den Musikantenstadl oder ähnliches verbunden hat, dann muss man sagen, dass diese volkstümliche Musik irgendwann eingeschlafen ist. Als ich noch jung war – wobei, ich bin ja immer noch jung! Darf ich das sagen? (lacht) Sagen wir mal, als ich klein war, war das für Jugendliche »Oma-Musik«, da liefen noch alle über die Blumenwiese. Was inzwischen passiert ist, ist, dass die Volksmusik ein Stückweit revolutioniert wurde. Und ich glaube, wir sind auch nicht ganz unschuldig daran. Wir haben die Volksmusik genommen und sie neu verpackt. An sich ist es immer noch Volksmusik, aber wir laufen nicht mehr über Blumenwiesen. Es ist jünger und frischer geworden.
Einen nicht unwesentlichen Beitrag dazu dürften auch die Bierzelte in der Republik geleistet haben.
Das stimmt. Wenn man beobachtet, was in den vergangenen Jahren passiert ist, dann ist es wirklich ein lustiges Phänomen. Vintage kommt immer mehr in Mode. Kaufhäuser dekorieren ihre Wände mit kaputtem Beton. Wo früher lackiertes Holz war, möchte man heute alles naturbelassen haben. Alles ist viel uriger und erdiger geworden. Und das passt zu den baye-rischen Bierzelten. Diese sind inzwischen in ganz Deutschland wie die Pilze aus dem Boden geschossen. Leute tragen Dirndl in Flensburg, wenn sie zu unseren Konzerten kommen.
A propos Bierzelt: Ihr kommt aus München. Seid ihr Stammgäste auf dem Oktoberfest?
Ja, wir sind immer da. Im vergangenen Jahr waren wir ein Mal tatsächlich privat auf dem Oktoberfest. Öfter und länger dort zu sein, dafür hatten wir keine Zeit, weil wir überall auf anderen Festen in ganz Deutschland gespielt haben.
Kennt ihr auch das schwäbische Pendant zum Oktoberfest?
Den Cannstatter Wasen? Natürlich, da waren wir auch schon und haben dort gespielt. Auch da geht es ganz schön ab.
Also kein Unterschied zu München?
München ist ein bisschen größer, außerdem ist es in München »Das Oktoberfest«. Das ist in der ganzen Welt bekannt und die Besucher kommen entsprechend von überall her. In Stuttgart ist es zwar auch riesengroß. Aber ich denke, München ist einen Tick kommerzieller.
Gut, blau sind die Besucher dann sowohl dort als auch hier. Was mich direkt zu »himmelblau« bringt. »Geiles Himmelblau« ist der Titel eures neuen Albums. Warum wird dieses beweisen, dass alle guten Dinge drei sind?
Angefangen haben wir als Band mit einem A-capella-Coveralbum. Auf dem zweiten Album waren extra für uns geschriebene Songs. Und das dritte, das neue Album »Geiles Himmelblau« ist ein ganz besonderes Album für uns, weil wir daran selbst mitgeschrieben haben. Über die Hälfte der Songs haben wir geschrieben. Es ist etwas schwer, das in Worte zu fassen, aber es fühlt sich an, als wäre da noch viel mehr Herzblut von uns drin. Wir kennen uns inzwischen alle länger, haben vieles zusammen erlebt, wissen jetzt, wo wir hinwollen. Wir haben viele eigene Geschichten in den Songs verarbeitet. Das macht es ganz besonders und darum lieben wir die Lieder auf »Geiles Himmelblau« noch ein klein wenig mehr.
Nach dem Erscheinen am 26. Februar geht es gleich auf Tour. Worauf darf man sich freuen?
Für die Konzerte haben wir einiges vor. Wir präsentieren natürlich das neue Album und es wird noch mehr Überraschungen geben. Wir haben zum ersten Mal eine Live-Band dabei. Es wir ein abwechslungsreicher, unterhaltsamer, schöner Abend werden, auf dem man tanzen, staunen und vielleicht auch mal ein Tränchen verdrücken kann.
Würdet ihr Popmusik im klassischen Sinn machen, würde man bei euch sofort von einer »Boyband« sprechen. Nimmt die Fankultur bei euch ähnliche Ausmaße an?
Wir haben mittlerweile einen schönen Stamm von Fans, die reisen uns auf Konzerten hinterher. Die ersten Reihen sind für sie fast schon reserviert. Es ist durchaus witzig, wenn man in einer anderen Stadt auf die Bühne geht und dieselben Gesichter wie am Tag zuvor sieht. (lacht) Es fliegen auch schon mal Geschenke auf die Bühne, da sind unsere Fans wirklich kreativ. Man sieht sich auch auf der Autogrammstunde oder wenn man dann wieder in den Bus steigt. Teilweise kennen wir auch schon die Namen von ihnen. Aber das ist schön. Wir sind viel unterwegs und sehen unsere Freunde und Familie nicht oft. Stattdessen ist eine neue »voXXclub-Familie« entstanden.
voXXclub So. 3. April, 20 Uhr, Stadthalle, Reutlingen www.koko.de