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Piano Particles
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Piano Particles
Musik kann banal sein, flüchtig. Musik kann aber auch einprägsam sein, Sinne ansprechend. Das Stuttgarter Duo »Piano Particles« hievt das musikalische Erlebnis in neue Sphären und verleiht ihm eine ganz eigene Ästhetik. Im August gastiert es erstmals open-air im Tübinger Sudhaus. Im Vorfeld unterhielt sich MORITZ-Redakteur Alexander Steinle mit Simon Dettel und Steffen Wick über die Essenz der Musik, kalte Farben und besondere Erlebnisse.
Ende des vergangenen Jahres gab es mal eine Studie, aus der hervorging, dass weniger kluge Menschen eher Beyonce und die klügeren mehr Radiohead hören. Wie klug sind die Zuhörer von »Piano Particles«?
Simon: Unser Projekt soll erst einmal alle musikalisch neugierigen Zuhörer ansprechen, egal ob sie eher Popmusik, Klassik, oder Elektro hören. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass zu unseren Konzerten jüngere wie ältere Leute kommen und sich begeistern für die Musik, die ja ganz verschiedene Ansätze verbindet. Solche Kategorisierungen sind für uns hinfällig, weil wir zugleich zugänglich sein wollen aber auch kompositorischen Ansatz haben. Das schließt sich für uns nicht aus, ist aber manchmal schwieriger zu erreichen und wir tüfteln lange an einem Stück, bis wir richtig zufrieden sind.
Was ist für euch die Essenz der Musik als solche? Was muss Musik eurer Meinung nach bewirken?
Steffen: Musik ist eine unsichtbare Kunst, die nicht greifbar ist. Deswegen kann sie direkt berühren und tief eindringen in das Innere, dort, wo wir im Unbewussten unsere Emotionen nicht klar zu packen bekommen. Musik kann diesen magischen Zugang zu uns selbst auslösen und begleitet uns als Soundtrack unseres Lebens wohl deswegen so häufig, weil wir mit ihr intensive Erlebnisse und Erfahrungen verknüpfen und später wieder aufleben lassen können. Wenn gute Musik dies alles schafft, ist das für uns das Größte auf der Welt.
In erster Linie ist Musik immer ein Klangerlebnis, bei euch werden aber noch andere, visuelle Sinne angesprochen. Lenkt das eine nicht von dem anderen ab?
Simon: Im Gegenteil, wir versuchen, diese im Menschen schon angelegte Verbindung von Hören und Sehen immer wieder neu zu verknüpfen. Das kann durch Videos, Lichtdesign, Installationen oder Projektionen passieren – wenn sich die Wahrnehmungsebenen gekonnt ergänzen, wird es spannend.
Bei Piano Particles gehen das klassische Piano und elektronische Musik eine Symbiose ein. Wie passen diese zwei auf den ersten Blick gegensätzlichen Faktoren zusammen?
Steffen: Als klassisch ausgebildeter Komponist und Pianist habe ich mich in einer bestimmten Szene mit eigenen Hörerwartungen und Ästhetik bewegt. Mir war das auf Dauer einfach etwas zu eng, weil ich auch gerne Popmusik höre oder auch gute Filmmusik sehr schätze. Deswegen wollte ich diese Elemente, nicht nur rein kompositorisch, sondern auch soundtechnisch ins Projekt einfließen lassen und da kommt dann Simon ins Spiel mit seinen elektronischen Sounds und Beats.
Wie lange hat es gedauert, diese Sounds aufeinander abzustimmen, damit sie zueinander passen?
Simon: Wir arbeiten inzwischen seit vielen Jahren zusammen, aber es hat erstmal eine ganze Weile gedauert, bis wir unsere eigene Klangwelt gefunden haben. Und die Reise geht weiter: Aktuell sitzen wir am nächsten Album, auf dem wir einige Überraschungen parat haben. Teile daraus werden wir nun live sogar exklusiv uraufführen.
Euer erstes Album hieß »White«, das zweite jetzt »Blue«. Habt ihr ein Problem mit warmen Farben?
Simon: Überhaupt nicht, das nächste Album wird auch eine warme Farbe bekommen. Das passt gut zu dem Hauptthema. Die Stimme wird einen größeren Platz einnehmen und alles noch etwas wärmer und poetischer werden.
Auf »Blue« sind neben Piano und elektronischer Musik auch Streicher zu hören. Welche Instrumente könnt ihr euch noch mit eurer Musik vorstellen?
Steffen: Streicher stehen einerseits für den klassischen Klang, sind aber vielseitig einsetzbar und klingen einfach schön. Live haben wir auch ein Streichquartett dabei und die musikalische Bandbreite wird dadurch spannender. Auf unserem letzten Album haben wir neben dem renommierten Henschel-Quartett auch mit großem Streichorchester aufgenommen. Außerdem gibt es immer mal wieder Gastmusiker, die einzelne Instrumente wie Klarinette oder Marimba einbringen.
Bei euren Shows »begleitet« euch auch ein großes Gebilde aus Papier-Partikeln. Seid ihr damit schon open-air aufgetreten oder ist es in Tübingen das erste Mal? Wie soll das ohne ein Dach funktionieren?
Simon: In Tübingen wird unser allererstes Open-Air-Konzert stattfinden und wir sind schon am Planen, wie wir hier etwas Besonderes machen. Wie das genau aussieht, können wir noch nicht verraten, aber es wird ein magischer Abend werden – wir drücken natürlich die Daumen, dass auch das Wetter mitspielt.
Warum wird man eine Piano Particles-Show nie wieder vergessen?
Steffen: Das Besondere an den Piano Particles-Konzerten ist die Verbindung von verschiedenen musikalischen und künstlerischen Einflüssen, die man so sonst nicht zu sehen und hören bekommt. Das begeisterte Feedback des Publikums motiviert uns immer wieder, neue Ideen und Überraschungen einzubauen.
Piano Particles Fr. 14. August, 20.15 Uhr, Sudhaus, Tübingen
www.sudhaus-tuebingen.de