In dem Vortrag geht Dr. Werner Heil von einfachen Versuchen Goethes aus, die auch für einen physikalischen Laien ohne Schwierigkeiten nachzuvollziehen sind.Er umreißt seinen Vortrag wie folgt:
Es sind dies die physiologischen Versuche, mit denen Goethe seine Farbenlehre beginnt. Sie begründen seine grundlegende Einsicht in den Farbenkreis und der in ihm enthaltenen Gesetzmäßigkeiten, die auch die klassische Physik kennt. Aber, und damit beginnt das Spannende für eine Rechtfertigung der Goetheschen Arbeit, sie kennt sie, kann sie aber aus ihren eigenen wellentheoretischen Voraussetzungen nicht herleiten.
In einem zweiten Themenkreis besprechen wir in aller Kürze die Farberscheinungen am Prisma. Hier zeigt Goethes Lehre eine Schwäche, die geradezu dazu drängt, die Newtonsche Theorie der unterschiedlichen Brechung verschiedener Lichtarten zu favorisieren. Dennoch führen auch hier manche Versuche zu Ergebnissen, die nicht zur Newtonschen Theorie passen. So werden wir uns mit einem Spektrum befassen, das an beiden Enden die gleichen Farben zeigt, was nach Newtons Theorie völlig unmöglich ist.
Zum dritten werden uns die sog. „unordentlichen Spektren“ beschäftigen, von denen ein heutiger Künstler und Wissenschaftler glaubt, sie entdeckt zu haben. Tatsächlich werden wir sehen, dass auch diese Spektren bereits in Goethes Farbenlehre vorkommen und sehr „ordentliche“ Spektren darstellen. Aber auch ihre Erklärung macht der klassischen Physik Probleme.
Und zum vierten und letzten wollen wir zeigen, dass die Erscheinungen, die Goethe das „Urphänomen“ der Farbentstehung nennt – nämlich die Abdunkelung von weißem Licht zu gelbem und roten bzw. umgekehrt die Aufhellung von Schwarz zu Blau – am Gitter unmittelbar beobachtet werden können. Für dieses Phänomene, die sozusagen zusätzlich und neben der Spektrumsbildung entstehen, hat die klassische Physik bis heute keine Augen.
In der Summe werden wir also sehen, dass Goethes Farbenlehre keineswegs so tot ist, wie sie nach der Meinung eines großen Physikers des 19. Jahrhunderts schon hätte geboren sein sollen.