The BossHoss
»The BossHoss« werden beim Sommer Open Air in Rottenburg spielen. MORITZ-Redakteur Thomas Moegen sprach schon mal mit »Boss Burns« Alec Völkel über das abgebrochene Rock am Ring, ungewöhnliche neue Band-Erfahrungen und die Vorliebe für Live-Auftritte
MORITZ: Glückwunsch zu Deinem zweiten Kind, das im März auf die Welt kam. Hast Du Dir Deine Elternzeit schon genommen?
Alec Völkel: Ich habe gar keine Zeit, um Elternzeit zu nehmen. Die Option gibt es in meinem Beruf gar nicht. Wir haben ein relativ flexibles Leben. Wir müssen ja nicht nine-to-five, fünf Tage die Woche, ran wie andere, sondern wir können uns das ja immer ganz gut einteilen. Ich bin ja nicht immer am Stück unterwegs, sondern habe auch Phasen, in denen ich viel Zeit habe.
MORITZ: Ihr wart bei Rock am Ring und habt den letzten Auftritt vor dem Festival-Abbruch durch den Veranstalter gespielt. Wie war das?
Alec Völkel: Für die Leute war das nicht so gut. Und du merkst schon, dass die Stimmung generell gedrückt ist, wenn so was passiert. Die waren ja alle da seit zwei Tagen tief im Matsch, das Unwetter forderte Verletzte. Der halbe Samstag, an dem wir spielen sollten, war ja ein kompletter Ausfall. Da lief ja gar nichts und die Zuschauer durften nicht mal aufs Gelände. Für uns hat sich der Auftritt verzögert und wir sind statt halb eins erst gegen halb drei auf die Bühne gegangen. Da hat man selber auch nicht mehr so richtig Mega-Feuer im Hintern. Da ist man auch schon so ein bisschen durch und muss sich wie die Fans vor der Bühne in der Kälte erst mal neu motivieren. Das waren schon auf jeden Fall harte Umstände. Aber die Leute wollten nochmal ein paar Bands sehen, haben durchgehalten, das war gut und hat dann auch wirklich Spaß gemacht.
MORITZ: Cool, dass ihr trotzdem gespielt habt.
Alec Völkel: Wir freuen uns da ja auch drauf, ich meine, für uns war das genauso frustrierend wie für die Leute. Wir freuen uns ein ganzes Jahr lang auf dieses Highlight. Rock am Ring und Rock im Park sind schon die fettesten Festivals, die es in Deutschland gibt. Da spielst Du auch nur alle drei Jahre mal. Dann ist es für uns dann auch sehr ärgerlich, wenn es wettermäßig mies ist.
MORITZ: Ihr ward beim Eurovision Song Contest in der Jury. Wie war das so?
Alec Völkel: Für uns war das mal was anderes, etwas Ungewöhnliches. Eigentlich gar nicht unsere Welt und musikalisch nicht unbedingt das, wo wir uns zu Hause fühlen. Aber es war sehr interessant, mal in diesem Procedere drinzustecken, mal mitzumachen und in die Rolle der Jury zu schlüpfen. Du guckst dir vorher, verteilt auf Hälften an zwei Tagen, die Auftritte an und du hast deine Votings schon abgegeben, wenn der eigentliche ESC-Abend dann stattfindet. Das ist ein ganz eigenartiges Gefühl. Aber es war spannend, sich das mal anzugucken und darauf zu achten, wie wir die Songs von der Machart her und die Performance an sich finden. Es hat Spaß gemacht und wir haben festgestellt, dass der persönliche Geschmack mit dem Massen-Geschmack nicht immer unbedingt etwas zu tun haben muss.
MORITZ: Seid ihr traurig, dass die aktuelle Staffel „Sing meinen Song- Das Tauschkonzert“ schon vorbei ist?
Alec Völkel: Ja, das ist schon schade. Es war eine sehr intensive Zeit für uns. Es war besonders, andere Künstler wie Wolfgang und Nena, die richtig was draufhaben, und neue Musikstile kennenzulernen. Das vergisst man im Leben nicht und das wird noch lange nachwirken. Das war eine geile Erfahrung, die für den eigenen, musikalischen Horizont ne Menge bringt. Die Dreharbeiten haben elf Tage gedauert. Das war schon eine Aufgabe für uns, denn jeden Tag mehrere Proben und am Abend nach Sonnenuntergang noch zwei Shows bis nachts um zwei aufzuzeichnen, hat geschlaucht, aber auch für viel Adrenalin gesorgt. Da musstest du danach schon noch mal bis sechs auf der Terrasse sitzen und ein paar Bierchen trinken. Am nächsten Mittag ging es dann wieder los. Das war schon richtig Arbeit, auch wenn das vorm Fernseher wie eine gechillte Zeit mit Gitarre vor toller Kulisse aussieht. Wir haben uns zwei Monate auf diese Herausforderung vorbereitet. Bis dahin hatten wir als Boss Hoss noch keine Songs auf Deutsch gesungen. Das war neu, da mussten wir uns erst reinfühlen. Jedem Musiker, der für „Sing meinen Song“ angefragt wird, kann ich diese Erfahrung echt empfehlen.
MORITZ: Immer mehr Künstler spielen in Deutschland Country-Musik, die inzwischen auch sehr beliebt ist. Empfindet ihr euch als Pioniere, die Country vor zehn Jahren aus den Staaten zurückgebracht haben?
Alec Völkel: Ich weiß gar nicht, ob das jetzt unser Verdienst ist. Ich denke mal, dass Country über die Zeit einfach wieder salonfähiger geworden ist und entstaubt wurde. Wir machen den Country ja jetzt auch nicht so unbedingt als typisch-amerikanischen Mainstream-Country, sondern wir mischen ihn ja mit sehr viel Rock-Elementen und ungewöhnlichen Instrumentierungen, die wir gut finden. Dadurch, dass wir Country nicht klassisch, sondern als Crossover gestalten, glauben wir, ist der Zugang für die Fans zu dieser Musik auch leichter. Man kann Country machen wie man will und die Leute entdecken darin etwas und finden das gerade so echt gut.
MORITZ: Habt ihr mit dem Erfolg vom Album „Dos Bros“ (Gold, Platin, Nummer-Eins-Platzierungen) gerechnet?
Alec Völkel: Da kannst du nie mit rechnen. Nee. Also, wir haben uns das gewünscht, weil wir ja auch sehr lange dafür arbeiten. An diesem Album haben wir mehr als ein Jahr gesessen, geschraubt und gemacht. Wir wollten möglichst weit kommen und viele Leute damit erreichen. Aber unsere erste Eins in zehn Jahren war für uns eine echte Überraschung und überhaupt nicht normal für uns. Wir haben uns schon einen Ast gefreut, dass die Fans unsere Musik so mögen. Das ist natürlich was total Schönes, weil du ja auch nie weißt, wie lange die Leute das mögen, was du so machst. Deswegen sind wir auch besonders stolz drauf. Wir bemühen uns ja auch, aktuell zu bleiben, aber du weißt ja nie, ob du den Zahn auch triffst. Wir wollen uns immer verändern, was nicht immer ganz einfach ist, aber ansonsten wäre es auch für unser Publikum öde.
MORITZ: Für was lebt ihr als Band?
Alec Völkel: Live-Auftritte sind unser Motor. Deshalb sind wir Musiker geworden und da fühlen wir uns auch am wohlsten. Das muss auch so sein, denn es geht ja ums Musik-Machen. Alben rausbringen ist zwar schön, aber im Endeffekt willst du mit den Songs ja auf die Bühne und die Reaktion von den Leuten haben. Darum geht es.
MORITZ: Was fasziniert euch bei Live-Auftritten?
Alec Völkel: Der direkte Kontakt mit dem Publikum, das Unvorhersehbare. Jedes Konzert ist anders, entwickelt an unterschiedlichen Orten eine ganz eigene Dynamik. Mit der zehnköpfigen Band ist das wie Mannschaftssport. Da spielt es schon eine Rolle, wie man gerade drauf ist und wie man miteinander eine Show abreißt. Das zu erleben ist cool und diese Momente machen richtig Laune. Das gibt einem ganz viel und ist der Grund, wieso man damals mit der Musik angefangen hat.
MORITZ: Ist Berlin die perfekte Umgebung für euch?
Alec Völkel: Jooo. Hier passiert am meisten. Berlin ist ein Ankerpunkt für ganz unterschiedliche Menschen. Unwahrscheinlich viele Leute kommen aus der ganzen Welt hierher, weil diese Stadt als ungewöhnliche Metropole so attraktiv ist. Im Vergleich zu Paris oder New York ist Berlin ja immer noch günstig. Junge, kreative Menschen finden hier Räume, die sie gestalten können. Berlin ist einfach unkonventionell und im Alltag unvorhersehbar und bei Politik chaotisch, wie man weiß. Das macht den Reiz aus. Berlin hat mit seinen Bezirken viele verschiedene Zentren. Ob du in Neukölln, Kreuzberg oder Mitte weggehst, es ist überall anders, die vielen unterschiedlichen Ecken und Punkte empfinde ich als sehr spannend.
MORITZ: Ihr seid sozial sehr engagiert und gebt vom Erfolg viel zurück. Erzähl uns bitte was über eure ehrenamtliche Tätigkeit.
Alec Völkel: Freunde von uns haben vor mehr als zehn Jahren damit begonnen, im Senegal ein Krankenhaus aufzubauen, weil sie festgestellt haben, dass es dort an allen Ecken und Enden mangelt. Um dieser Unterversorgung zu begegnen, haben wir uns an vielen Spendenaktionen beteiligt. Wir wollten uns dann auf ein Charity-Projekt konzentrieren und die Schirmherrschaft dafür übernehmen. „SAGE-Hospital“ lag da auf der Hand, weil wir es und die Leute dazu schon so lange kennen. Die Verantwortlichen da machen einen Super-Job und wir können mit unserer Popularität helfen, Geld für Medikamente, medizinische Apparaturen und Pflege-Personal zu sammeln. Es gehört sich einfach, dass, wenn man viele Menschen erreicht, wir dieses Netzwerk auch zu nutzen, um ohne großen eigenen Aufwand denen zu helfen, die dringend Hilfe brauchen.
MORITZ: Als Country-Rocker genießt ihr ein wildes Image. Habt ihr auch eine bürgerliche Seite?
Alec Völkel: Naja, natürlich. Wir sind ja nicht den ganzen Tag unterwegs und auf Krawall gebürstet. Wir sind alle seit vielen Jahren Familienväter. Familie ist ein wichtiger Ruhepol. Wir sind auch alle happy, wenn wir nach einer langen Tour daheim in den ruhigen Hafen einlaufen. Alltag und Ruhe sind auch mal gut, um die Struktur zu behalten. Auf Tour kümmern sich viele um dich, alles wird für dich organisiert, zu Hause bist du alleine verantwortlich. Wichtig ist der Kontrast zwischen wildem Tourleben und dem normalen Alltag. Ich bringe dann den Müll raus oder gehe einkaufen, ganz normale Dinge eben. Irgendwann kennen dich die Leute im Kiez und in den Läden, dann hält man ein nettes Pläuschchen, aber man wird nicht jedes Mal angehalten. Auch an die Leute, die glotzen, habe ich mich gewöhnt, das ist nicht so schlimm. Ich bin grundsätzlich ein offener Mensch und habe da kein Problem mit.
MORITZ: Was ist eure Message für die Leser?
Alec Völkel: Na, uns auf dem Konzert zu besuchen natürlich, denn Boss Hoss mit seinen zehn Musikern ist auf jeden Fall ein ganz besonderes Erlebnis. Das ist ja nicht nur ein Konzert, sondern eine kraftvolle Show mit bester Unterhaltung und es lohnt sich, dieses Vollgas-Happening mal zu erleben.
The BossHoss Do. 1. September, 20 Uhr, Eugen-Bolz-Platz, Rottenburg, www.koko.de