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Schiedsrichter sollten im besten Fall nie im Fokus des Spielgeschehens stehen.
Sport lebt von Emotionen - Siege, Niederlagen, selbst ein Unentschieden kann die Stimmung für den Tag verändern.
Deshalb ist es umso ärgerlicher, wenn Sportfans sich nicht nur über die Leistung der eigenen Mannschaft oder des Gegners ärgern, sondern vom Schiedsrichter benachteiligt werden. In einigen Fällen entstand aus dieser Konstellation sogar ein Skandal, der die Berichterstattung dominierte.
Boxen bei Olympia: Subjektiv oder doch manipuliert?
Als der russische Boxer Wladimir Nikitin nach drei Runden als Sieger zu Boden sank, konnte er am wenigsten begreifen, was gerade geschehen war. Über drei Runden im olympischen Turnier sah es so aus, als ob sein irischer Kontrahent Michael John Conlan den Kampf dominierte und als Sieger aus dem Ring steigen würde. Dazu kam es jedoch nicht. Als der Ringrichter beide Kontrahenten an seiner Seite wusste, hob er den Arm des russischen Boxers in die Höhe. Einige Momente dauerte es, bis das Publikum, Conlan und auch Nikitin realisierten, was der Stadionsprecher verkündete: Nicht etwa der dominante, irische Boxer zog in die nächste Runde ein, sondern der objektiv unterlegene Nikitin.
Nikitin war gar so überrascht, dass er seine Freude heraus schreien musste. “Der hat doch selbst nicht geglaubt, dass er gewonnen hat. [...] Er hat geschrien, als er hätte er gerade Gold geholt”, sagte der unterlegene Michael John Conlan nach dem Kampf. Die Sportwelt witterte Korruption und Conlan ging sogar soweit, den russischen Präsidenten Putin in den sozialen Netzwerken zu fragen, wie viel Geld er für den Sieg seines Landsmannes an die Aiba (Association Internationale de Boxe Amateure) überwiesen hat. Gleichzeitig verkündete der irische Boxer und Favorit auf den Olympia-Titel, dass er nie wieder einen Kampf unter Flagge der Aiba bestreiten werden.
Eine wirkliche Manipulation konnte den Punktrichtern jedoch nicht nachgewiesen werden. Beim Boxen werden Treffer, Schlagfrequenz, Dominanz, Überlegenheit und Einhaltung der Regeln bewertet. Da es sich nur bei der Härte der Treffer und der Schlagfrequenz um eindeutig nachweisbare Faktoren handelt, ist der Manipulation die Tür geöffnet. Zwei der Punktrichter stimmten für einen knappen Sieg Nikitins - nur einer stimmte für einen knappen Sieg Conlans. Der Skandal blieb jedoch und zog sich bis ins Finale der Schwergewichtsboxer, in denen der dominante Kasache Lewit gegen den russischen Athleten Tischtschenko verlor, obwohl Publikum und Kommentatoren den Kasachen in Front sahen.
Skandal im Handball: 38 Entscheidungen für die gegnerische Mannschaft
Während es beim Boxen recht simpel ist, die offensichtliche Manipulation zu verschleiern, gibt es beim Handball harte Kriterien. So werden strittige Entscheidungen durch das Schiedsrichter-Gespann überwacht, damit es kein Ungleichgewicht beziehungsweise eine Benachteiligung gibt. Aus diesem Grund war das Vorgehen des jordanischen Schiedsrichters bei der Olympia-Qualifikation zwischen Kuwait und Südkorea etwas zu auffällig. Südkorea ging als Favorit in das Match, verfügten sie doch über die bessere Spielanlage und ein dominanteres Auftreten. Kuwait wurden nur Außenseiter-Chancen eingeräumt - doch manchmal reichen diese schon. Besonders wenn der Schiedsrichter seine Unparteilichkeit über Bord wirft und aus zwielichtigen Gründen nur gegen eine Mannschaft pfeift.
So trug es sich zu, dass der jordanische Spielleiter ein wenig mehr auf der Seite der Kuwaiter zu sein schien. Ein später eingerichteter Gutachter bemerkte, dass es im Spiel insgesamt 38 strittige Situationen gab, die der Schiedsrichter mit einem Vorteil für Kuwait oder Südkorea bewerten musste. Er machte es sich jedoch einfach - und entschied sich dafür, einfach alle 38 Entscheidungen den Kuwaitern zuzusprechen. Manche Szenen muteten dabei so kurios an, dass es verständlich ist, warum die südkoreanische Handball-Nationalmannschaft nach dem Spiel Protest einlegte. Ein Spieler Südkoreas erhielt eine Zeitstrafe, nachdem ihm ein Kuwaiter das Bein stellte und er ins Straucheln kam. Glück für Südkorea: Aufgrund der massiven Spielmanipulation wurde das Qualifikations-Spiel wiederholt und die beteiligten Schiedsrichter aus dem Sport-Verkehr gezogen.
Olympia 2014: Zwei Juroren mit Verdacht auf Manipulation
Kim Yu-na ist eine ruhige Athletin. Bei den Olympischen Spielen 2014 in Sotschi peilte sie die Goldmedaille für Südkorea an und ging als Favoritin in das medienwirksame Finale. Und obwohl viele Experten ihre Kür zur besten des Tages kürten, gewann Kim Yu-na nicht. Stattdessen stand die erst 17 Jahre alte Adelina Sotnikowa auf dem Siegertreppchen ganz oben; und wurde von der russischen Bevölkerung gefeiert. In einem großem Saal wurde die neue Olympia-Siegerin der Welt präsentiert und sogar Wladimir Putin schickte seine Glückwünsche an die Teenagerin. Doch der Rest der Eislauf-Welt verstand nicht, wie das geschehen konnte.
Sotnikowa war schon immer eine talentierte Eiskunstläuferin, doch der ganz große Durchbruch gelang bis zum olympischen Finale nicht. Nach der Kür erhielt die russische Athletin 224,59 Punkte und damit ganze 16 Punkte mehr, als sie je zuvor erreicht hat. Was nach einem kuriosen Zufall oder einer Leistungsexplosion klingt, muss leider als Manipulations-Versuch gewertet werden. Vor dem Finale wurde ein Teil der Jury ausgetauscht und mit Juroren besetzt, die einen persönlichen Bezug zum russischen Sport aufwiesen oder bereits Manipulationsvorwürfen ausgesetzt waren. Es schien für objektive Zuschauer eindeutig, dass diese das Finale zu Gunsten der jungen Sotnikowa entschieden haben. Oder wie es der ehemalige Trainer von Kim Yu-na sagte: “Es wird interessant zu beobachten sein, ob Sotnikowa irgendwann einmal außerhalb Russlands eine solche Punktzahl erreicht”. Im Anschluss an die Entscheidungen wurde eine Petition erstellt, die eine Veränderung der Transparenz der Jury anstrebte. Innerhalb kürzester Zeit unterschrieben 1,5 Millionen Fans.
Phantom-Tor Stefan Kießling: Der letzte Kopfball für den Videobeweis
Auch im Fußball sind fehlerhafte Schiedsrichter-Entscheidungen an der Tagesordnung. Doch nur wenige haben eine so große Tragweite wie das gegebene Tor von Stefan Kießling (Bayer Leverkusen) gegen die TSG Hoffenheim. Während des Spiels segelte ein Eckball in den Strafraum an den linken Pfosten. Kießling köpfte den Ball auf das Tor und traf augenscheinlich auch regulär. Der Ball lag hinter der Linie und der Schiedsrichter schickte beide Teams wieder zum Anstoß. Was erst später klar wurde: Kießling traf das Tor gar nicht. Der Stürmer köpfte den Ball an das Außennetz. Eine kaputte Masche sorgte dafür, dass der Ball ins Tor flutschte. Aufgrund der Geschwindigkeit erkannte jedoch kaum ein Spieler und auch der Schiedsrichter nicht, dass es sich um ein irreguläres Tor handelte.
“Der Fußball lebt von Fehlentscheidungen”, sagte Kießling nach dem Spiel und verwies darauf, dass man mit der Einführung von technischen Hilfsmitteln für den Schiedsrichter vorsichtig sein müsse. Am Ende war auch sein Tor der entscheidende Anstoß für die Einführung der Torlinien-Technologie und des Videoschiedsrichters.
Shapovalov gegen Schiedsrichter: Als der Referee zur Zielscheibe wurde
Abschließend noch ein Blick auf einen Schiedsrichter-Skandal, der jedoch nicht mit einer Fehlentscheidung einherging. Im Davis-Cup-Spiel Kanada gegen Großbritannien ärgerte sich Shapovalov über einen Breakpoint so massiv, dass er einen Tennisball aus der Hosentasche zog und den Schiedsrichter aus zwölf Meter Entfernung mit voller Wucht gegen den Kopf schoss. Der gelbe Filzball traf das linke Auge, das sofort rot wurde und anschwoll. Ein Raunen ging durch die Arena, Shapolavov stürzte zum Schiedsrichter, um sich zu entschuldigen. Nach einigen Minuten Wartezeit, in denen der Referee mit Eis zum Kühlen versorgt wurde und auch Shapovalov seine Emotionen zügelte, entschied der Schiedsrichter, dass der kanadische Jungprofi vom Spiel disqualifiziert wird. Nach zwei verlorenen Sätzen für Shapovalov endete der Davis Cup damit unrühmlich für das gesamte kanadische Tennis-Team.
Shapovalov war im Anschluss den Tränen nahe und entschuldigte sich mehrfach beim Spielleiter, den in dieser Situation jedoch die Hände gebunden waren. Ein Angriff auf einen Fan, einen Gegenspieler oder den Schiedsrichter wird im Tennis immer mit einer Disqualifikation geahndet.