Was denken junge Menschen heute über das Thema Feminismus? Wie weit ist die Gleichstellung von Mann und Frau fortgeschritten? Für das Projekt haben DHBW-Studierende nicht nur eigene Rollenbilder hinterfragt, sondern auch sieben Führungspersönlichkeiten und Expertinnen zum Thema Gleichstellung interviewt. Das Ergebnis sind Portraits engagierter Frauen aus der Region Heilbronn-Franken, die Antworten auf die Gender-Themen von heute geben: Familie und Beruf, Sichtbarkeit und Netzwerken und das Vertrauen in die eigene Person. Am Dienstag, den 4. Juni, fand die Eröffnung der Ausstellung statt, die noch bis zum 14. Juli andauert.
Oft sei das Hindernis, dass man mit dem Thema nicht rechtzeitig in Verbindung komme, weiß Studentin Julia Menning. An Schulen würde das Thema nicht oder nur unzureichend thematisiert. Später erkenne man als Frau, dass es in der Praxis oft noch große Unterschiede gebe. Im Gegensatz dazu zeigten sich die befragten Damen im offen und gesprächsbereit. Noch immer sei es traurig, zu sehen, dass Frauen in relativ wenigen Führungspositionen vertreten seien.
Dies belegen auch Zahlen der Bundeszentrale für politische Bildung: Gerade einmal 4 Prozent aller berufstätigen Frauen in Deutschland haben eine Führungsposition inne. Bei den Männer sind es 10 Prozent der Erwerbstätigen, die einen Chefsessel besetzen. Somit nimmt jeder zehnte berufstätige Mann eine Führungsposition ein, im Gegensatz dazu ist nur jede 25. berufstätige Frau in der Führungsebene tätig. Eine Tatsache, die in Zeiten gleicher Qualifikationen immer noch gilt.
Um an diesem gesellschaftlich-politischen Problem etwas zu ändern, müsse man als Frau ein Stück weit »durchbrechen, um wahrgenommen zu werden«, beton Julia Menning. Mit der Zeit seien zwar gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen worden, die Akzeptanz und Integration in ein Unternehmen müsse man sich als Frau aber individuell erkämpfen. Die Studentin selbst würde sich gerne dieser Herausforderung stellen, gerade weil sie durch die Interviews mit den Expertinnen dazu weiter ermutigt wurde.
Für die Ausstellung würde sich Julia wünschen, dass sich viele junge Frauen die Bilder sehen und vor allem die Texte lesen. Es sei essentiell, sich schon möglichst früh mit dem Thema zu beschäftigen, daher wäre auch ein Besuch der Ausstellung für Schulen wünschenswert. Man müsse Ängste nehmen, dann wäre es für viele junge Frauen einfacher, sich zwischen typisch weiblichen und technischen Berufen zu entscheiden.
Prof. Dr. Yvonne Zajontz, Studiengangsleiterin an der DHBW Heilbronn ist überzeugt, dass sehr viel früher bei diesem Thema angesetzt werden muss. Junge Menschen sollten nicht erst im Studium dafür sensibilisiert werden. Elementar seien Vorbilder im Unternehmen, die Ängste nehmen und zeigen, dass es Möglich ist als Frau eine Führungsposition inne zu haben. Um diesem Ziel einen Schritt näher zu kommen, ist die Professorin und Gleichstellungsbeauftragte der DHBW Heilbronn grundsätzlich für eine Frauenquote in Unternehmen. Es sei aber essentiell, dass Frauen nicht denken, »ich bin nicht qualifiziert«.
Die Frauenquote hilft die Sichtbarkeit von Frauen im Unternehmen zu stärken, dabei dürfe nicht Gedanke einer »Quoten-Frau« entstehen. Die Programme müssen im Unternehmen dabei gut gestaltet und implementiert werden. Leider sei es immer noch ein großes Problem, dass sich Unternehmen bei der Auswahl von Bewerber/-innen bei gleicher Qualifikation im Zweifelsfall doch lieber für den Mann entschieden. Damit legten Frauen oft immer noch einen steinigeren Weg zurück als ihre männlichen Kollegen. »In meiner eigenen Laufbahn haben mir Frauenprogramme geholfen« betont die Professorin. Es sei bedeutsam, möglichst frühzeitig ein »Selbst-Marketing« hinzubekommen - ein Rat, den sie auch jungen Studierenden mit auf den Weg gibt. Als Frau müsse man sich heute nicht mehr hinter dem Mann verstecken, es sei wichtig die eigenen Leistungen bewusst zu betonen: »Zeigt, was, ihr geleistet habt«, ermutigt Professorin Zajontz ihre Studentinnen.
Auch sie ist mit einem gewissen Rollenbild aufgewachsen. Umso wichtiger ist ihr, der jetzigen Generation nicht nur die klassischen Lehrinhalte zu vermitteln, sondern auch Werte und Weitsicht in diesem gesellschaftspolitischen Sektor zu schaffen.
Auch in der Gesetzgebung sieht Zajontz noch Spielraum, um Wege zu ebnen. Für Frauen in der Eltern- / Erziehungszeit würde sie sich wünschen, dass im Anschluss daran der Einstieg in die ehemalige, berufliche Position leichter wird. Flexiblere Modelle, beispielsweise in Form von vermehrter Teilzeit-Arbeit oder Home-Office sollten geschaffen werden. Auch Betreungszeiten sollten auf die Bedürfnisse der Frauen besser abgestimmt werden. Auch Unternehmen können mit ihrer Unternehmensstruktur viel dazu beitragen, dass der Wieder Einstieg leichter möglich ist. Es gebe noch viel zu tun, betont die Professorin, man sei aber schon jetzt auf einem »guten Weg«. In den letzten Jahren habe sich sehr viel getan, gerade wenn man bedenke, dass Frauen bis in die 70er Jahre noch auf die Arbeitserlaubnis des männlichen Vormunds angewiesen waren. Man habe bereits große Fortschritte erzielt, trotzdem könne das Ganze etwas schneller gehen, meint auch Zajontz. Trotzdem blickt sie optimistisch in die Zukunft, Projekte wie der »Girls Day“ seien der richtige Ansatz.
Genauso essentiell sei es aber auch, alte Denkmuster aufzubrechen, betont der Student Fehmi Isik. Auch die Männer müssten sich eingestehen, dass wir jetzt im 21. Jahrhundert leben, und ein Umdecken in der Gesellschaft notwendig ist. Eine Voraussetzung sei die gleiche Bezahlung. Eine Frauenquote erachtet Fehmi nicht als sinnvoll, vielmehr möchte er ebenfalls den Wieder-Einstieg der Frauen in die Berufswelt stärken. Auch das in einer modernen Welt der Mann statt der Frau in Elternzeit zuhause bleibt, ist für ihn denkbar. »Wenn die Frau mehr verdient als der Mann, warum sollte der dann nicht zuhause bleiben?«
Unsere Gesellschaft wird sich mit diesem Thema in Zukunft stärker befassen müssen. Schon möglichst früh muss eine Aufklärung stattfinden, damit sich die Rollenbilder innerhalb der Bevölkerung ändern. Gesetze können den Weg ebnen, die gezielte Umsetzung muss sich in der Gesellschaft durchsetzen und ist von jedem einzelnen abhängig. Die Ausstellung ist noch bis zum 14. Juli im Bildungscampus zu sehen und bietet individuelle Einblicke in berufliche Werdegänge mit Vorbildcharakter.