Mit steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten wächst das Risiko von und die Angst vor Armut. Als einer der größten Sozialverbände in Deutschland steht die Arbeiterwohlfahrt (AWO) an erster Stelle, wenn es um das Thema Armutbekämpfung geht. Um zu hören, was es jetzt braucht, um diesen Ängsten etwas entgegenzusetzen, besucht die Vorsitzende des AWO-Präsidiums Kathrin Sonnenholzner deutschlandweit viele Einrichtungen der AWO. Auch bei der Tafel in Schorndorf war sie zu Gast und ließ sich von den aktuellen Herausforderungen berichten.
Es ist ein sonniger Mittag in Schorndorf. In unmittelbarer Nähe des Bahnhofs warten Bedürftige geduldig darauf, dass der Tafelladen öffnet. Von Montag bis Freitag gibt es im Geschäft alle Arten von Lebensmitteln, Molkereiprodukten, Backwaren, frischem Obst, Gemüse, Wurst und Käseprodukten zu vergünstigten Preisen zu erstehen. »Unseren Kunden ist es sehr wichtig, dass sie die Ware selbst bezahlen,« erklärt Renate Frank, die den Tafelladen gemeinsam mit Helmut Topfstedt seit 13 Jahren ehrenamtlich leitet. Hinter dem großen grauen Fabriktor der Tafel verbirgt sich ein heller und offener Verkaufsraum mit viel Tante-Emma-Laden Charme. Neben den gut sortierten Regalen in denen sich Lebensmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs befinden, sind auch die Brot- und die Obst- und Gemüse-theke echte Hingucker. Die Tafel Schorndorf erhält ihre Ware von örtlichen Bäckereien und Metzgereien, regionalen Lebensmittelmärkten und von Bauernhöfen aus der Umgebung. Auch viele Privatpersonen, Schulen und der Lions Club Schorndorf zählen zu den großen Unterstützern der gemeinnützigen Einrichtung. Das Team des Tafelladens selbst besteht aus rund 65 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die das Geschäft im Zweischichtbetrieb montags bis freitags von 13 bis 17 Uhr für ihre Kunden öffnen.
Die Schorndorfer Tafel ist für viele Menschen in Notsituationen ein wichtiger Anlaufpunkt, sodass sich hier, wie bei einem Seismographen, die aktuelle Lebenssituation vieler von Armut betroffener Menschen zeigt. Die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten beobachtet man auch in der Tafel in Schorndorf mit Sorge. »Auf uns kommen erhebliche Mehrkosten in diesem Winter zu«, erklärt Frank während sie durch das Lager der Tafel führt. Feinsäuberlich aufgestellt finden sich hier Spenden vom Erntedankfest, Kühlräume für die Produkte und eine große Waschtheke für das angebotene Obst und Gemüse. Diese Anlagen benötigten rund um die Uhr Strom und ließen sich nicht ersetzen. Um diese Mehrkosten stemmen zu können, mussten auch die Preise im Laden erhöht werden. »Wir dürfen für Produkte mit noch nicht abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdatum bis zu 30 Prozent des regulären Verkaufspreises verlangen. Die steigenden Preise im Einzelhandel kommen auch bei uns an,« erklärt Frank. So habe die Tafel etwa den Preis von Butter von 20 auf knapp 50 Cent anheben müssen. Auch die Initiativen vieler Supermärkte mehr Produkte länger in den eigenen Regalen zu behalten, um Abfälle zu vermeiden, führe zu einer kleineren Abgabemenge an die Tafeln.
Krisenzeiten sind immer ein besonders Risiko für die Ärmsten der Gesellschaft. Das hat auch die Präsidentin des AWO Bundesverbands Kathrin Sonnenholzner erkannt. Um zu hören, was es jetzt braucht, um der Gefahr von Armut entgegen zu treten, besucht sie deutschlandweit Einrichtungen, die Unterstützung für von Armut betroffene Menschen leisten. »Es ist erschreckend, dass wir in einem so reichen Land wie Deutschland immer noch auf Tafeln angewiesen sind,« erklärt Sonnenholzner bei ihrem Besuch in Schorndorf. Die vor allem ehrenamtliche Arbeit und das Engagement, das in Schorndorf geleistet werde, beeindrucke sie aber sehr. Es sei vor allem in den kommenden Monaten richtig und wichtig mit der gleichen Tatkraft gemeinsam gegen die Armut anzugehen.
Alle Infos zum Engagement der AWO und zur Tafel Schorndorf.