Yoga – kennt man. Aber Yoga im schwebenden Zustand? Das dürfte die wenigsten Menschen ein Begriff sein. Das sogenannte »Free Floating Aerial Yoga« wirbelsäulenschonend, gut zum Entschlacken, schult das Gleichgewicht und lässt einen die Welt aus einem anderen Blickwinkel sehen. MORITZRedakteur und Neu-Yogi Christoph Schwärzler hat sich die Sache angeschaut.
»Warum nicht?«, denke ich mir, als mir vorgeschlagen wird, eine Neuheit auszuprobieren. »Free Floating Aerial Yoga« – so der zunächst leicht sperrige Begriff. Dabei handelt es sich um Yoga, das jedoch in elastischen Tüchern und über dem Boden schwebend praktiziert wird. Klingt jedenfalls spannend. Viele wird es sicherlich noch nicht geben, die von sich behaupten können, schwebend Yoga gemacht zu haben.Also auf in das Stuttgarter Elements-Studio...
Dort angekommen, begrüßt mich die Kursleiterin Sonja Abel. Schnell stellt sich heraus, dass neben mir noch ein weiterer Anfänger hier ist. »So bin ich wenigstens nicht der Einzige, der sich blöd anstellt«, schießt es mir durch den Kopf. »Wenn es euch bei manchen Übungen auch schwer fallen sollte, bitte vertraut mir und lasst euch auf meine Anweisungen ein«, bittet die Kursleiterin, bevor wir uns mit unseren Tüchern anfreunden. Damit alles sicher ist, testet jeder, ob das Hammock, so heißen die elastischen Tücher, fest aufgehängt ist. Dann schütteln wir das Tuch auf, setzen uns bequem hinein und beugen Oberkörper samt Kopf zu den Schenkeln. Das war einfach. So wird es wohl nicht bleiben. Ich habe Sonja Abels Bitte um Vertrauen noch im Ohr. Und das »Floating Child« ist auch nur unsere Ruheposition, wie Abel uns mitteilt. Wir schöpfen also noch einmal Ruhe und Kraft bevor es richtig losgeht.
Und dann die Hände lösen
Ich bin verwundert, wie gut ich mit der Gruppe mithalten kann. Das liegt wahrscheinlich weniger daran, dass ich ein Naturtalent bin, als vielmehr am ruhigen Tempo und der guten Anleitung Sonja Abels. Mit dem Tuch als Partner können auch Anfänger wie ich bei schwierigen Übungen mithalten. So gelingt mir der Schulterstand fast auf Anhieb und auch bei den weiteren schwebenden Übungen muss ich nicht aussetzen. An schwierigen Stellen gibt Abel immer zwei Optionen vor, sodass jeder gemäß seines Könnens mitmachen kann. So manche Technik zaubert mir während des 75-minutigen Kurses ein Lächeln aufs Gesicht. Einmal fliege ich wie Superman, ein andermal hänge ich nur mit den Kniekehlen im Tuch. Eine Kindheitserinnerung ploppt in mir hoch: Ich bin sieben Jahre alt und hänge kopfüber von der Kletterstange auf dem Spielplatz. Mit dem Hammock in Hüfthöhe und in Rückenlage schwebend, strecke ich meine Beine Richtung Decke und verwickle sie im Tuch. »Und jetzt lasse das Tuch los und lehn dich nach hinten«, höre ich Abel sagen. Ich zögere nur kurz und schon schaukle ich kopfüber einige Zentimeter über dem Boden. Ich mag den »Flying Frog«. Das sanfte Schwingen ist sehr entspannend. Zudem erlaubt mir diese Technik, mich mal wieder so richtig »auszuhängen « und den Bandscheiben Raum zu geben. Eine echte Wohltat.
Balance dringend gesucht
Auf dem Programm stehen aber nicht nur Übungen in der Luft. Die Übungen am Boden bereiten mir mehr Schwierigkeiten als die Techniken im Tuch. Der »Krieger« geht ja noch, aber beim »Einbeinstand « muss ich schwer mit meiner Balance ringen, während ich das im Hammock eingehängte Bein zur Seite und zurück in die Mitte bewege. »Wackelpudding mit Hammock« könnt das Bild heißen. »Der Trick ist, niemandem zuzusehen, der wackelt«, rät Abel. Also schließe ich die Augen, damit ich mir nicht selbst im Spiegel zusehen muss. Jetzt geht es besser. Nächste Übung. Auf Ohrenhöhe am Tuch festhalten, hochziehen, Knie anziehen, halten und im Telemark landen. Das fordert doch einiges an Durchhaltewillen, besonders bei den letzten zwei »Squads« muss ich die Zähne zusammenbeißen. So mühelos die Übungen bei unserer Kursleiterin und erfahreneren Kursteilnehmern auch aussehen, nach recht kurzer Zeit habe ich gemerkt, wie fordernd und schweißtreibend Yoga sein kann. Doch die Zeit vergeht wie im Flug und der Kurs endet wie er anfing: mit Entspannung. Ausgestreckt im Hammock liegend, merke ich, wie die Spannung von mir abfällt. Ich atme tief, lockere die Muskeln und genieße die Ruhe, die sich in mir ausbreitet. Christoph Schwärzler