Kurz vor Jahresende der Schock: Das schwäbische Kult-Comedyduo »Dui do on de Sell« verkündet, dass Petra Binder aufgrund schwerer gesundheitlicher Probleme langfristig ausfallen wird. Trotzdem werden die bereits geplanten Auftritte nicht abgesagt: In MORITZ erklärt Doris Reichenauer nun, wie sie zukünftig ohne ihre Kollegin weitermachen und ihren Spirit auf der Bühne weitertragen will.
War der plötzliche Ausfall ihrer Comedy-Kollegin Petra Binder ein Schock für Sie? Zunächst war es natürlich chaotisch, logisch. Da sie aber im vorletzten Jahr bereits einmal für ein halbes Jahr gesundheitstechnisch ausfiel, war die Situation für uns nicht mehr ganz so neu für mich. Vorletztes Jahr war ich wirklich ins kalte Wasser gesprungen – morgens Absage von ihr, abends alleine auf die Bühne. Das war sehr stressig. Dieses Mal war ich etwas besser vorbereitet.
Wie funktioniert die Kabarett-Arbeit allein vs. im Duo? Der Vorteil unseres Duos war natürlich, dass das immer ein spritziger Schlagaustausch war. Man hatte definierbare Rollen und konnte so alle Klischees wunderbar abdecken, ab und zu auch mal streiten oder sich gegenseitig zustimmen. Solo kann ich nur über mich und mein Umfeld erzählen, aber auch stärker und spontaner auf das Publikum eingehen.
In Ihrer gemeinsamen Zeit auf der Bühne, woran erinnern Sie sich besonders gerne zurück? Natürlich als das Fernsehen anrief, da haben wir schon eine Gänsehaut gekriegt. Vor einer Aufzeichnung kam in einem Brillengeschäft der Besitzer auf uns zu und ging vor uns auf die Knie. Damit wollte er uns mitteilen, dass das eine ganz besondere Gabe ist, die Menschen so zum Lachen zu bringen. Wenn ich daran denke, kriege ich heute noch Gänsehaut.
Woher kam eigentlich der Name »Dui do on de Sell« (die Eine und die Andere)? Das war auch so witzig: Wir haben beide bei derselben Immobilienfirma gearbeitet. Dort hatten wir immer schon diesen gemeinsamen Witz gehabt, bei dem die Kollegen gesagt haben: »Ach, dui do, die ist schon lustig, aber de sell auch.« Und wir brauchten ja einen Namen – Petra & Doris klang uns zu sehr nach Schlagerduo – also haben wir uns einfach so genannt.
Was haben Sie gelernt, was Sie nun in Ihrer eigenen Solokarriere einbringen können? Gelernt haben wir, dass es ganz arg wichtig ist, authentisch zu bleiben. Das werde ich auch weiterhin tun: ich erzähle viel aus dem Alltag und versuche dafür zu sorgen, dass ein Großteil des Publikums, insbesondere der Frauen, sich mit mir verbunden fühlt. Man muss einfach in der Realität bleiben. Ich muss nicht mit Teufelsgewalt Themen ansprechen, zu denen ich vielleicht gar nicht mehr dazugehöre.
Was können Fans in Zukunft von Ihnen erwarten? Ich werde weiterhin sehr, sehr viel von mir erzählen – es gibt jetzt noch mehr Doris. Ich bin eine, die sehr viele Schwächen auf der Bühne zugibt. Mut zur Hässlichkeit, Mut zur Tollpatschigkeit, das bin ich. Kein Mensch ist perfekt und ich erzähle auf der Bühne Zeug, wo sich andere vielleicht genieren würden.