David Kebekus im Interview – von der »Theorie der Comedy«
David Kebekus kommt am 6. März mit seinem Programm »Aha? Egal!« ins fideljo Mosbach. Im MORITZ-Interview verrät er, warum ihn Erfolgsgeschichten langweilen, er Joko und Klaas so mancher Gefahr aussetzt und warum er noch vor einem Jahr das »-kus« aus seinem Namen gestrichen hatte.
David, wie begann deine Karriere als Comedian?
Ich habe damals unheimlich gern »Samstag Nacht« gesehen, mit Mirco Nontschew und Wigald Boning. Da habe ich das erste Mal gemerkt: Wow, Comedy ist ja ein richtiger Beruf, den man professionell ausüben kann. Und ich habe dann auch direkt sagen können, dass ich auf die Bühne will. Zunächst habe ich angefangen, Autorenkurse zu machen, auch in New York. Ich habe mich also erst einmal ein bisschen drum herum gewieselt, bevor es auf die Bühne ging, und habe stattdessen versucht, das Gesamtding zu verstehen. Was ist ein Witz, was ist Inszenierung? Zwar wollte ich schon auf die Bühne, zunächst aber erst einmal das Genre verstehen. Erst, als ich ein bisschen geschrieben hatte und Ahnung hatte, wie das gehen könnte, bin ich auf die Bühne gegangen.
Du hast dich also auch mit der Theorie der Comedy und des Witzes auseinandergesetzt?
Das kann man so sagen. Es ist sicher ganz hilfreich, eine Theorie zu kennen und sich dann nicht daran zu halten. Sonst ist man nur im Schema F gefangen. Ich weiß nicht, ob es der richtige Weg war, es so von hinten aufzubauen – aber so habe ich das auf jeden Fall gemacht.
Zu deiner heutigen beruflichen Arbeit: Du bist ja sowohl Stand-Up-Comedian als auch Regisseur, unter anderem für die Heute-Show oder »Joko gegen Klaas – das Duell um die Welt«. Wie kommen dir dafür die kreativen Ideen?
Beim Duell um die Welt habe ich nur geschrieben und mir die Sachen ausgedacht, aber nicht selbst gedreht. Bei der Heute Show ist es so: Die Idee ist komplett fertig, bevor ich auch nur einen Handschlag mache. Ich soll die fertige Idee lediglich in einem Beitrag umsetzen. Das kann eigentlich auch ein dressierter Affe, das ist richtig einfach. Bei Joko gegen Klaas ist es eher eine Autorenarbeit, da muss man sich schon ein bisschen reinfummeln. Die Challenges sollen ja immer spektakulär aussehen, aber natürlich muss das Ganze auch händelbar bleiben. Naja, die müssen halt überleben. Und es muss irgendwie neu sein und trotzdem bezahlbar bleiben, obwohl das Budget gefühlt unendlich ist. Ich habe keine Theorie dazu, wie die Ideen kommen, man muss einfach ein Gefühl dafür haben. Und am Ende des Tages haben wir ein paar Sachen zunächst mit dem Stuntman besprochen um zu schauen, ob unsere Ideen funktionieren. Und wenn er ja gesagt hat, dann haben wir das gemacht. Z.B. habe ich einem Stuntman die Idee vorgeschlagen: »Ich möchte, dass Klaas in einem Gummiboot einen Wasserfall runterfährt, aber überlebt.« Dann hat der Stuntman gesagt: »Jo, kein Problem. Wir nehmen einen Helikopter und eine Schnur, die an Klaas befestigt ist. Und der Helikopter fliegt vorweg, sodass Klaas dann in Sicherheit baumelt, wenn er runterfällt. Das Boot kann danach einfach abrauschen, das wäre cool fürs Bild.« Auf den Helikopter wäre ich selbst nie gekommen, beziehungsweise hätte ich keine Ahnung gehabt, ob das noch im Budget ist. Aber wenn der Stuntman sagt, »so geht das«, dann kann ich das weitergeben und man kann damit arbeiten. Das ist dann nicht allein meine Idee, ich habe sie nur angestoßen.
Meine Lieblingsidee war übrigens folgende: Es gibt in Frankreich ein Schloss mit einem Zwinger, worin sich zweihundert Hunde befinden. Das sind so ganz bestimmte Jagdhunde und top ausgebildet, ein bisschen dackelartig aber mit weißem Fell. Die Hunde werden jeden Tag um vier Uhr nachmittags gefüttert. Da liegt dann eine lange Bahn aus Fleischresten, nicht aus der Dose, sondern so richtig vom Metzger. Die Hunde sind aber so mega abgerichtet, und diszipliniert, dass sie ohne Kommando nicht anfangen zu fressen, sondern dastehen und ohne Ende jaulen vor Hunger. Und erst wenn der Wärter sagt: »Jetzt dürft ihr!«, dann stürzen sich die zweihundert Hunde auf das Essen. Und meine Idee dabei war, dass Klaas – ich habe immer Klaas genommen, weil der sich meist mehr getraut hat – in einem Lady-Gaga-Kleid aus Schinken in diesen Zwinger geht. Ich fand das mega lustig, aber die Klaas-Tour war skeptisch und meinte: »Aber woher willst du wissen, dass er sicher ist?« Darauf meinte ich: »Joa, klappt schon.« Derartige Ideen sind dann nicht durchgegangen, weil man das Risiko nicht abschätzen kann. Am Ende des Tages haben hauptsächlich Joko und Klaas entschieden, so nach dem Motto, das trauen wir uns zu, das können wir abschätzen. Manche Sachen waren auch schlicht zu eklig oder zu krass, da wollten sie einfach ein bestimmtes Image vermeiden. Das haben sie immer richtig gut entschieden, vor allem Klaas hatte einen sehr präzisen Kopf für seine Sachen. Am Ende hatte ich nur so eine olle Idee wie mit dem Wasserfall, den Rest hat man dann zusammen ausgetüftelt.
Darin zeigt sich eine gewisse Affinität zu schwarzem Humor, den man ja auch in deiner Show spürt. Macht diese Art von Humor dich in gewisser Weise aus?
Mir wird oft gesagt trocken. Schwarz finde ich auch gut. Also beide Beschreibungen finde ich angenehm, aber ich achte da selber nicht drauf. Ich versuche nur das zu machen, was ich selber lustig finde und wenn es das ist, dann ist es okay. Aber wenn ich irgendwelche Themen bearbeite, dann denke ich mir nicht: Oh, da muss jetzt aber was Trockenes rein, oder was Schwarzes, sondern ich mache es einfach so, wie ich es halt mache. Und dann ist es anscheinend schwarz und trocken.
Du bist mit deinem Programm »Aha? Egal!« auf Tour. Wie ist dieser Name zustande gekommen?
Beim ersten Programm ist es natürlich immer besonders schwierig. Ich kann das natürlich nur von meiner Seite aus sagen, aber ich weiß auch, dass Carolin lange überlegt hat. Und wenn man einmal einen coolen Titel gefunden hat, kann man auch beim nächsten Programm wieder darauf aufbauen. Ich habe mich innerlich immer dagegen gesträubt ein Comedian zu sein, der ein Grundthema hat. Eine meiner ersten Nummern ging über meine Fußballmannschaft, da haben mir ein paar Leute gesagt: »Du kannst doch der Fußball-Comedian sein, der immer über Fußball redet. Und dann machst du Auftritte auf Fußball-Weihnachtsfeiern und Vereinsfeiern und so.« Aber ich wollte nie so ein Label bekommen, denn dann steht man nur für eine Sache. Das fand ich immer doof. Man ist dadurch so eingeschränkt in seinem Universum. Und deswegen ist der Programmtitel eigentlich egal und das Pressematerial ist eigentlich auch egal und was du für Klamotten anhast eigentlich auch. Am Ende des Tages kommen die Leute ja wegen dir und nicht wegen des Titels. Ich finde, das ganze wird oft zu sehr aufgeladen. Eine gesunde Scheiß-Egal-Haltung hatte ich schon immer und in manchen Momenten des Programms kommt das auch durch. Daher fand ich das eigentlich ganz treffend. Ich habe das aber jetzt auch nicht so ohne Ende zerdacht, mittlerweile passt es einfach gut und ich bin mega happy damit.
Dazu passt ja vielleicht auch, dass du auf deiner Internetseite nicht besonders viel zu deinem Programm schreibst. Aber man kann dort lesen, dass du dein eigenes Versagen schilderst. Was meinst du damit?
Ich finde es einfach uninteressant, wenn erfolgreiche, gutaussehende Leute darüber erzählen, wie toll sie sind. Das ist das Langweiligste überhaupt, das willst du nicht hören. Das ist dann der Geh-Mir-Nicht-Auf-Den-Sack-Typ. Und ich finde, die Momente, wo man so ein bisschen die Hosen runter lässt oder Größe Zeigt, indem man gewisse Dinge ausspricht, hunderttausendmal interessanter als Erfolgsgeschichten. Es gibt zum Beispiel Leute, die erzählen irgendwelche Abschleppgeschichten. Die hatten dann was mit einer Frau oder einen Dreier und erzählen davon. Da fehlt mir irgendwie die Fallhöhe. Ich denke mir dann nur: Ja, du bist ein geiler Stecher und hast Erfolg. Und das soll ich mir jetzt anhören? Das finde ich totlangweilig! Im Prinzip sind die wirklich interessanten Themen diejenigen, bei denen man sich überwinden muss sie auszusprechen. Das ist natürlich nicht bei jedem Thema so, aber zumindest versuche ich immer etwas davon einzubringen und immer wieder solche Momente entstehen zu lassen. Auch bei neuen Themen ist das ein ganz cooler Blickwinkel, wenn man sich selbst nicht zu ernst nimmt. Und es ist einfach super authentisch, wenn du erzählst, was an dir selbst schiefläuft.
In diese Kerbe schlägt ja vielleicht auch die Aussage auf deiner Website, dass du einfach mal gerne nix machst und wir das alle häufiger tun sollten?
Dieser Satz war eher ein Aufruf, weniger eine Aussage, dass ich das immer mache. Ich merke ja, dass ich eigentlich immer irgendwo was habe. Vor allem Social Media und Handy sind eigentlich viel zu krass und viel zu viel. Das ist so allgegenwärtig, dass es unheimlich ist. Und ich habe gemerkt, dass ich mich eigentlich nach etwas weniger davon sehne. Aber ich verzichte einfach viel zu selten darauf. Ein Freund von mir macht ein bisschen Meditationszeug – er will eine Art Retreat versuchen, das nennt sich Vipassana oder so ähnlich. Da darfst du zehn Tage lang nicht reden, nicht lesen und nutzt natürlich auch kein Internet. Du darfst nur Tee trinken und essen, aber ansonsten meditierst du und hältst einfach die Schnauze. Und ich glaube, wenn ich das machen müsste, würde ich durchdrehen. Das wäre die Oberqual. Aber ich glaube, wenn ich das tatsächlich durchziehen würde, würde ich nach drei Tagen vielleicht dahinkommen, wo man eigentlich sein will. Nämlich, dass du dann checkst, dass du diesen ganzen Schrott nicht brauchst. Ich würde mir wünschen das mal zu machen, aber ich trau mich nicht (lacht).
Also etwas mehr Entschleunigung ins Leben bringen?
Ja. Und es gibt auch viele Comedians oder auch andere Leute, die hängen sich immer an News oder Tagesgeschehnisse dran und ich finde, das machen schon zu viele, oder jedenfalls genug. Ich muss nicht zu allem was sagen, nur weil irgendwas ist… Weißt du, es passiert ja so viel auf der Welt, da bist du ja nur noch am Tweeten oder Schreiben. Du kannst ja im Prinzip über alles reden und das ist mir irgendwie zu viel.
Du bist der Bruder von Carolin Kebekus. Bis vor einem Jahr bist du noch als David Kebe aufgetreten. Warum?
Das hat mehrere Gründe. Im Nachhinein ist es etwas schwer zu erklären. Ich weiß noch, dass ich für meine Bühnensachen Ruhe wollte. Ich habe irgendwann gecheckt, dass es Leute gibt, die ihre lustigen sieben Minuten haben und einen Kurzauftritt machen können. Aber es gibt nicht so viele, die ein richtig ausgefeiltes, geiles Programm haben. Der Sprung vom Kurzauftritt zu einem abendfüllenden Programm ist immens. Und es gibt ein paar Leute, die hatten eine lustige Nummer, einen Fernsehauftritt, dann ist das so ein bisschen durch die Decke gegangen. Und sie mussten dann innerhalb kürzester Zeit ein fertiges Programm liefern, obwohl sie es vom Material her noch gar nicht entwickelt hatten. Die hatten nur sieben Minuten und brauchten jetzt 90! Und für mich war klar, dass ich das nicht will. Ich wollte erst auftreten, wenn das Programm fertig ist. Und als ich dann vier Auftritte hatte, hat der RTL Comedy Grandprix angefragt. Ich habe zwar nicht auf die Anfrage reagiert, aber es hat mich so geärgert, dass ich so schnell Aufmerksamkeit bekam. Ich wollte erst einmal mit meinem Programm fertig werden. Und ich wollte auch nicht nur zu Carolin befragt werden, sondern mit meinem eigenen Zeug weiterkommen. In dem Moment, wo ich den Namen geändert habe, haben mich die Leute nur noch über meine Sachen ausgefragt. Einige Bekannte meinten zwar zu mir: »Kebekus, Kebe, das checkt man doch sofort und jeder merkt, dass du der Bruder bist.« Aber das war überhaupt nicht so. Wenn die Leute mich nicht privat kannten, dann hat das keiner gecheckt. Es war einfach total angenehm, in Ruhe gelassen zu werden. Im Nachhinein war das ziemlich schlau und auf jeden Fall richtig, denn ich habe mich immer wohl damit gefühlt. Und ich habe den Künstlernamen Kebe gewählt, damit der Weg zu Kebekus nicht so groß ist. Ich habe mich extra nicht David Düsentrieb genannt.
Du bist mit deinem Programm in ganz Deutschland unterwegs. Erinnerst du dich an eine besonders interessante Begebenheit aus deinem Touralltag?
Wenn man sein Programm täglich spielt, dann merkt man, dass es einfach zusammenwächst und dass man noch tiefer in die Themen reinkommt. Ich habe jetzt keinen bestimmten Moment. Aber man ist irgendwann so klassisch im Tourleben drin, auch mit den Leuten, dass man manchmal total aus dem Programm ausbrechen kann. Und Egal, was dann auf der Bühne passiert: Man ist mega sicher, man kann auf alles reagieren. Ich habe zum Beispiel so eine kleine S-C-H-Schwäche, sodass ich anstatt „sch“ mal „ch“ sage, oder andersrum. Und einmal ging das ewig, weil ich es nicht mehr rausgekriegt habe. Die Leute haben sich totgelacht! Aber das hat dann nicht wirklich mit dem Programm zu tun. Meine Lieblingsmomente sind eigentlich die Zugaben. Denn meine Zugaben sind immer unfertige Witzideen. Bis jetzt war das immer super und das Publikum versteht auch, dass das der Weg ist zu einer fertigen Nummer ist. Und das macht total Bock, wenn die Leute mich dabei begleiten. Das sind für mich die besten Momente.
Auf dein Programm inklusive der unfertigen Witzideen darf sich im März das Publikum in Mosbach freuen. Verbindet dich als Kölner schon etwas mit Baden-Württemberg und der Region?
Ich verbinde mit dem Raum Stuttgart schon relativ viel. Abgesehen von NRW war ich anfangs auf jeden Fall am häufigsten in Baden-Württemberg und habe dort auch das erste Mal erfahren, was eine professionelle Bühne ist (lacht). Das kannte ich vorher nicht. Stuttgart und den Raum Stuttgart habe ich relativ früh immer mitgenommen. Da war ich sau oft und es war immer super. Deswegen freue ich mich auch jedes Mal, wenn ich in der Nähe bin.
Was hast du für 2020 geplant?
Ich habe den wöchentlichen Podcast »Lass hör’n«, zusammen mit Jan van Weyde. Der kommt jeden Dienstag raus, auf allen gängigen Plattformen. Wir haben den seit über einem Jahr und machen auch häufig Live-Shows. Auch in Baden-Württemberg, meine ich. Demnächst habe ich wahrscheinlich noch eine eigene Mix-Show. Jetzt ist aber die Phase, wo ich mein Programm einfach nur präsentieren will. Daneben habe ich noch kleinere Projekte. Ich habe zum Beispiel eine Radiorubrik und mache vielleicht nochmal etwas für Social Media. Da plane ich was. Aber grundsätzlich will ich einfach nur auf der Bühne stehen, das ist das Hauptding dieses Jahr.
Du sagst, du möchtest hauptsächlich auf der Bühne stehen. Wenn du jetzt einen Vergleich ziehen müsstest zwischen Regie- und Autorenarbeit im Background und den Bühnenauftritten, was ist eher dein Ding?
Das ist komplett unterschiedlich. Momentan würde ich sagen, ist die Bühne einfach das Beste, was es gibt. Und auch der Zeitpunkt jetzt ist super. Ich meine, wenn ich sechzig bin oder so, dann weiß ich nicht, wie sehr ich dann noch dieses Tourleben will. Da muss man mal gucken. Aber das ist schon super. Und auf Regie habe ich eigentlich nur Lust, wenn es irgendwie ein eigenes Projekt ist. Mal hier für irgendeine Sendung inszenieren und drei Wochen später für eine andere – das ist alles so Fernseh-Standard. Da kommt nie eine eigene Handschrift durch. Für ein eigenes Projekt bräuchte ich natürlich mehr Zeit und Vorbereitung, aber das will ich auf jeden Fall auch mal machen. Ich habe nämlich im Filmstudio immer nur Fernsehformate selbst produziert, zum Beispiel einen Serienpilot, und das sind so Sachen, die sind nie auf Festivals gelaufen. Und jetzt würde ich gerne mal was klassisch-filmisches machen wollen. Aber dieses Jahr auf keinen Fall. Vielleicht werde ich aber schon mal etwas anstoßen, aber umsetzen nicht. Dafür habe ich momentan keine Zeit.
David Kebekus, »Aha? Egal!«
Fr., 6. März, 20 Uhr, fideljo, Mosbach