Wenn die Realität plötzlich zu unwirklich wird, ist es Zeit für die »Surrealität« –das hat Jan Philipp Zymny früh erkannt. Der Comedian und Autor erklärt anlässlich seines Auftritts in Heilbronn am 19. Januar, wie Nonsens und Absurdität helfen, mit dem Ernst des Lebens umzugehen – und warum er einmal von einer Zuschauerin angeleckt wurde.
Was ist diese Surrealität, in der wir laut deinem aktuellen Programm grade leben?
(lacht) Das hat für mich vor allem zwei Aspekte. Da ist einmal dieses sehr seltsame Gefühl, das wir, glaube ich, alle seit den letzten drei Jahren haben, nämlich dass die Zeit irgendwie komisch vergeht. Irgendwie fühlt sich die Wirklichkeit nicht so wirklich wirklich an, weil ständig irgendeine krasse Scheiße passiert, mit der man zurechtkommen muss. Der andere Aspekt ist eher inhaltlich auf das Programm bezogen. Dort gehe ich immer von sehr realen Sachen aus, die in meinem Leben passiert sind, und spinne die dann so lange weiter, bis es richtig absurd wird.
Gibt es da ein Beispiel?
Der reale Ausgangspunkt war zum Beispiel, dass ich von meiner Agentin gebeten wurde, eine neue Autorenbiografie zu schreiben. Und ich muss gestehen, ich hatte nicht so richtig Bock darauf. Deshalb hatte ich einfach angefangen, meine Memoiren zu schreiben – nur es stimmt halt nicht ein Wort darin.
Du bist Comedian, Autor, Poetry Slammer, Künstler, Zeichner – gab es nie Momente, wo du dich auf eine Sparte festlegen wolltest?
So vielseitig zu sein macht für mich eben den Reiz aus. Ich hab nie wirklich eingesehen, warum ich mich in meiner kreativen Ausdrucksform beschränken sollte. Es gibt halt Ideen, die sind Texte, es gibt Ideen, die wollen ein Roman werden und es gibt Ideen, die gehören in eine Zeichnung auf ein Blatt Papier. Das entscheiden diese Ideen selber, da hab ich wenig Einfluss drauf (lacht).
Gab es in deiner Karriere einen Moment, der für dich besonders surreal war?
(lacht) Ja, es gibt immer wieder Momente, in denen ich mir denke, das kann doch jetzt grade nicht die Wirklichkeit sein. Das muss in Jena gewesen sein, da wurde ich nach der Show von einer Zuschauerin angeleckt, mit den Worten: „Was ich anlecke, gehört mir!“ Ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Weiß ich auch heute noch nicht. Ansonsten kommen mir Festivalauftritte, ich denke da beispielsweise an das Deichbrand, wo mir Tausende und Tausende von Leuten zujubeln, immer noch extrem unwirklich vor. Oder das 3-Sat-Festival: Das hatte ich mit 15 oder 16 gesehen und so Helden von mir wie Jochen Malmsheimer oder Helge Schneider sind da aufgetreten und auf einmal stehe ich auf der gleichen Bühne – extrem surreal.
Kannst du gelegentlich noch auf dein Physik- oder Theaterwissenschaften-Studium zurückgreifen?
Manchmal vielleicht ein bisschen auf mein Physik-Studium, wenn wir beim Soundcheck sind und irgendetwas aufbauen, mit Beamer, Beleuchtung und so weiter. Theaterwissenschaften hingegen überhaupt nicht – gut, das hab ich auch nur ein Semester lang durchgehalten … (Lacht)
Was erwartet die Zuschauer am 19. Januar in Heilbronn?
Eine bunte Mischung aus Stand-Up, Kurzgeschichten und anderem Quatsch, unterstützt durch eine selbst erstellte Präsentation – jepp, ich pack Power Point aus (lacht). Inhaltlich setzt sich das Programm unter anderem mit meinem Kampf mit der Tatsache auseinander, dass ich in nicht allzu ferner Zukunft 30 Jahre alt werde und dass ich mir viel zu viele Gedanken darüber mache. Dann ist mir aufgefallen, dass ich mir zu viele Gedanken darüber mache, worüber ich mir dann in Form eines Soloprogramms Gedanken mache. Der Königsweg lautet Ablenkung – und das soll auch das Programm sein: ein wenig Ablenkung von der Wirklichkeit.
Gibt es noch Wunschträume, die du für deine Karriere hast?
Ich habe immer diese Vorstellung gehabt, dass ich, wenn ich in Rente gehe oder tot umfalle – je nachdem, was zuerst passiert – ein ganzes Regal voll mit meinen eigenen Büchern habe. Ein paar davon muss ich also noch schreiben. Für Amazon Prime habe ich ja schonmal einen Kurzfilm gedreht – ich träume aber davon, eines Tages mal einen Spielfilm zu machen, der auch in den Kinos gezeigt wird.
Jan Philipp Zymny »surRealität«
Do. 19. Januar, 20 Uhr, Komödienhaus, Theater Heilbronn