Joja Wendt ist der publikumsstärkste deutsche Live-Pianist. Im Januar begeisterte er mit gleich drei ausverkauften Neujahreskonzerten in der Hamburger Elbphilharmonie. Mit seinem neuen Programm »Spiel doch mal leiser« kommt er jetzt auch nach Stuttgart. Im MORITZ-Interview erzählt der Ausnahme-Pianist wie er zu seinem Instrument gefunden hat, was das Publikum in seiner Show erwartet und wie er ein vierzig Jahre altes Versprechen einlöst.
Wie hast du das Piano für dich entdeckt?
Ich würde eher sagen, es war andersherum: Das Piano hat mich entdeckt. Meine Mutter war eine professionelle Sängerin und hat mir damit die Musik praktisch in die Wiege gelegt. Ich habe das Klavier als Musikinstrument, solange ich denken kann, sehr gerne gehört und auch schon sehr jung damit begonnen, es zu spielen. Es hat mich durch mein ganzes Leben begleitet.
Dein neues Programm heißt »Spiel doch mal leiser«. Wie bist du auf den Namen gekommen?
Naja, ich bin in einer Familie mit acht Geschwistern aufgewachsen. Der Programmtitel ist also so etwas wie das Leitmotiv meiner Jugend. Ich habe wohl kaum einen Satz zu Hause öfter zu hören bekommen. Aber bei der Wahl des Titels geht es mir nicht unbedingt um die Lautstärke. Ich möchte mit meiner Musik die Leute erreichen, das heißt für mich, dass ich nicht unbedingt komplizierte Klangteppiche weben muss, sondern dass ich mich auf den Gehalt der Musik konzentrieren will. Was ich in der Show spiele, soll mein Publikum berühren.
Was gibt es musikalisch zu erleben?
Es ist eine autobiographische Show, bei der ich gemeinsam mit dem Publikum die entscheidenden Turning Points meiner Laufbahn unter die Lupe nehmen. Also die Momente, die mich getroffen haben und die mir dabei geholfen haben meine eigene Identität als Künstler zu finden. Mir war es immer wichtig Musik zu machen, die auch für den Mainstream geeignet ist. Ich spiele sehr gerne Klassik und Jazz-Stücke auf technisch anspruchsvollem Niveau, möchte mich aber nie anderen Musikarten verschließen.
Gibt es ein Stück, das dir bei deinen Auftritten besonders am Herzen liegt?
Ich habe viele Geschichten zu erzählen, aber wie ich zu meiner Interpretation von »Rhapsody in Blue« gefunden habe, ist wahrscheinlich die prägendste für mich. Dafür muss ich ein bisschen weiter ausholen. Mein Vater war zuerst nicht sehr begeistert davon, dass ich Musiker werden wollte. Er hat mir dafür drei sehr wichtige Bedingungen gestellt. Erstens sollte ich studieren und ein Diplom machen, damit ich auf eine gute Struktur für meine Kunst blicken kann. Zweitens war es ihm sehr wichtig, dass ich meine Steuererklärung selbst machen und mich auch finanziell gut aufstelle. Und drittens wollte er, dass ich ins Ausland gehe, um meinen Horizont zu erweitern. Bei meiner Reise nach New Orleans hat er mich dann begleitet und wir haben gemeinsam eine großartige Woche verbracht. Bei einem Ausflug in eine Südstaatenkneipe, die wirkte, als käme sie direkt aus einem Tarantino-Film, habe ich einen exzellenten Pianisten kennengelernt, der eine hinreißende Interpretation von »Rhapsody in Blue« gespielt hat. Ich habe ihm versprochen, dass ich seine Version auch in Deutschland spielen werden. Und jetzt nach etwa vierzig Jahren löse ich dieses Versprechen endlich ein.
Joja Wendt, Mo. 20. Mai, 20 Uhr, Theaterhaus, Stuttgart, c2concerts.de